Inspector Alan Banks 07 Die letzte Rechnung
einem Loch in der Mitte.« Er kratzte seine Schläfe. »Was ich da sage, ist lächerlich. Verzeihen Sie mir. Keith war ein durchaus sympathischer Bursche. Er hätte keiner Fliege was zu Leide getan. Aber man wusste nie, was ihn am Leben eigentlich gefesselt hat, was sein Traum war. Also, mein Traum ist eine Villa in Portugal, aber ein Traum muss ja nicht Realität werden, oder? Ich weiß auch nicht ... vielleicht war er zu sehr dem Abstrakten zugewandt.«
Er hielt inne, als wären ihm der Atem und die Ideen ausgegangen. Susan wusste nicht genau, was sie aufschreiben sollte; schließlich entschied sie sich für »persönliche Dimension fehlt... Interessen und Wünsche schwer fassbar«. Das würde reichen. Sie konnte sich Gespräche gut merken und würde in der Lage sein, das meiste von dem, was Pratt gesagt hatte, wörtlich wiederzugeben, falls Banks es hören wollte.
»Kommen wir noch einmal zurück auf Mr. Rothwells Tätigkeit in Ihrer Kanzlei. Können Sie mir etwas über seinen ... Arbeitsstil, oder sagen wir, über seine Geschäftspraktiken erzählen?«
»Sie wollen wissen, ob Keith ein Gauner war; richtig?«
Genau das wollte sie natürlich wissen, obwohl es nicht der Grund für ihre Frage war. Aber einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, dachte sie. Sie warf ihm ein Siehaben-mich-erwischt-Lächeln zu. »Und, war er das?«
»Selbstverständlich nicht.«
»Ich bitte Sie, Mr. Pratt. In Ihrem Metier muss man sich doch sicherlich ab und zu hart an der Grenze des Erlaubten bewegen, oder nicht?«
»Das will ich überhört haben, besonders wenn eine Polizeibeamtin so etwas sagt.«
Susan ließ seine Bemerkung im Raume stehen. »Eins zu null für Sie«, sagte sie nur. Pratt schien ziemlich zufrieden mit sich zu sein. Soll er das Gefühl haben, zu gewinnen, dachte sie, dann wird er reden, nur um zu beweisen, dass er die Macht hat, es zu tun. Sie war sich immer noch sicher, dass er etwas verheimlichte. »Aber mal ernsthaft, Mr. Pratt«, fuhr sie fort, »ich spiele nicht bloß Spielchen und werfe zum Spaß mit Unterstellungen um mich. Wenn an Mr. Rothwells Geschäftsgebaren irgendetwas unnormal gewesen wäre, dann brauche ich Ihnen doch wohl kaum zu sagen, dass es einen Bezug zu seiner Ermordung haben könnte.«
»Mmmh.« Pratt schwenkte den Rest des Brandys und stürzte ihn herunter. Er stellte das Glas in seine Ablage, zweifellos, damit die Sekretärin es nehmen und abwaschen sollte. »Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe«, fuhr er fort. »Soweit ich weiß, hat Keith Rothwell niemals etwas wirklich Illegales getan. Auf jeden Fall nichts, das von Bedeutung für seinen Tod sein könnte.«
»Aber ...?«
Er seufzte. »Also, vielleicht war ich vorhin nicht ganz ehrlich. Ich erzähle es Ihnen besser, oder? Sie werden es sonst sowieso irgendwie herausfinden.«
Susan schlug die Seite um. »Ich höre«, sagte sie.
* DREI
* I
Wenn Swainsdale ein gut behütetes Geheimnis hatte, dann war es das Black Sheep. Den meisten Touristen verging schon bei der äußeren Schäbigkeit des Pubs die Lust hineinzugehen. Und diejenigen, die sich damit rühmten, nicht nach Äußerlichkeiten zu urteilen, streckten den Kopf durch die Tür, sahen die noch schäbigere Inneneinrichtung und verschwanden schleunigst wieder.
Obendrein verscheuchte die berüchtigte schlechte Laune des Wirtes, Larry Grafton, die Gäste. Es ging das Gerücht um, dass Larry sich einmal geweigert hatte, einer amerikanischen Touristin einen Glenmorangie mit Ginger Ale zu servieren, weil ihn die totale Geschmacksverirrung störte, die sie dazu brachte, ein solches Mixgetränk zu bestellen. Banks hatte keinen Zweifel daran, dass die Geschichte stimmte.
Larry war in den Dales geboren und aufgewachsen, er war keiner der neuen Wirte, die aus London heraufkamen. Heutzutage wurden die meisten Lokale von erst in jüngster Zeit Zugezogenen betrieben, wie das Rose and Crown von Ian Falkland. Das war ein typischer Touristenpub, dachte Banks, in dem wahrscheinlich mehr Lagerbier und Limonade, Fastfood und in der Mikrowelle aufgewärmte Currygerichte verkauft wurden als irgendetwas anderes.
Das Black Sheep machte keine Werbung für seine Speisen, aber wer davon wusste, konnte, wenn er wollte, von Elsie, Larrys Frau, ein anständiges saftiges und frisch zubereitetes Sandwich mit Schinken und scharfen Pickles bekommen. Und an manchen Tagen, wenn ihre Arthritis ihr nicht zu sehr zu schaffen
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