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Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel

Titel: Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Seiten ihre Sichtweise dem Richter darlegten. Jerome Lawrence argumentierte, dass Michelles Aussage wichtig wäre, weil sie das Muster eines gewalttätigen Verhaltens bewiese, welches wie selbstverständlich zu dem Mord an Deborah Harrison geführt habe, und Shirley Castle entgegnete, dass es sich bei dem eingereichten Beweismittel lediglich um die rachsüchtige Fantasie einer unseriösen Zeugin handele, welches rein gar nichts bewiese, und dass die vorverurteilende Wirkung der Aussage bei weitem jeden Nutzen für das Verfahren überwog, den sie haben könnte.
      Als Richter Simmonds die Argumente abwägte, hielt Owen den Atem an. Er wusste, dass von diesem Moment seine gesamte Zukunft abhängen konnte. Sein Mund war ausgetrocknet, er presste die Lippen zusammen und sein Magen rumorte. Wenn Simmonds den Beweisantrag ablehnte, wusste Owen, würde nichts von dem, was in der Abwesenheit der Geschworenen verhandelt worden war, an die Öffentlichkeit dringen. Nur sehr wenige Menschen würden jemals wissen, was zwischen ihm und Michelle vorgefallen war. Wenn Simmonds dem Antrag aber stattgab, würde es die ganze Welt erfahren. Und die Geschworenen. Er drückte seine Daumen so fest, dass sie weiß wurden.
      Schließlich verzog Simmonds seine Lippen, runzelte die Stirn und erklärte das Beweismittel für unzulässig.
      Owen atmete auf. Das Blut rauschte durch seinen Kopf, er spürte, wie sich sein gesamter Körper entspannte: Kiefer, Magen, Daumen. Er hatte das Gefühl, ohnmächtig zu werden.
      Shirley Castle drehte sich diskret mit erhobenem Daumen zu ihm um und warf ihm ein kurzes Siegeslächeln zu. Die Geschworenen wurden wieder hereingeführt und Jerome Lawrence rief seinen nächsten Zeugen auf.
      Dr. Charles Stewart Glendenning gab eine imposante Figur ab. Der groß gewachsene Pathologe mit dem vollem weißen Haar und einem vom Nikotin verfärbten Schnurrbart hatte eine aufrechte Körperhaltung und genau den richtigen schottischen Einschlag in seiner Stimme, der ihn als Menschen auswies, mit dem nicht zu spaßen war. Die ernste Miene in seinem über die Jahre in Würde gealterten Gesicht ergänzte den Eindruck, dass man es mit einem vollendeten Fachmann zu tun hatte.
      Er betrat den Zeugenstand, als wäre er sein zweites Zuhause, und legte den Eid ab. Owen bemerkte, dass er seine Hand nicht auf die Bibel legte und dass sich seine Formulierung etwas von der der anderen Zeugen unterschied. Ein Atheist? Angesichts der Beweise für die Unmenschlichkeit, mit der Menschen einander behandelten und die er über die Jahre gesehen haben musste, überraschte es Owen nicht.
      Nachdem er den restlichen Vormittag damit zubrachte, Dr. Glendennings Referenzen und Verantwortungsbereiche darzulegen, begann Jerome Lawrence nach der Mittagspause schließlich mit seiner Befragung.
      »Rebecca Charters hat bereits beschrieben, wie sie die Leiche gefunden und die Polizei gerufen hat«, sagte er. »Würden Sie, Doktor, uns nun bitte den Zustand der Leiche am Tatort beschreiben?«
      »Das Opfer lag auf dem Rücken. Ihre Bluse war geöffnet, ihr Büstenhalter zerrissen und ihre Brüste entblößt. Ihr Rock war bis über die Taille geschoben worden, so dass ihr Schambereich in der für ein Sexualverbrechen typischen Weise entblößt war. Ihre Unterwäsche fehlte. Soviel ich weiß, wurde sie später in der Nähe des Tatortes gefunden. Nach näherer Untersuchung ihres Gesichts bemerkte ich eine rötlich violette Farbe und Spuren einer Blutung aus der Nase als Folge des Todes durch Asphyxie. Neben ihrem linken Auge hatte sie außerdem einen kleinen, frischen Kratzer.«
      »Würden Sie uns erzählen, was Sie bei der Obduktion entdeckt haben?«
      »Das Mädchen befand sich - hatte sich in dem guten Gesundheitszustand befunden, den man von einem sechzehnjährigen Mädchen erwartet. In ihren Organen gab es keine Anzeichen für eine Vergiftung. Nach weiterer Untersuchung bestätigte sich meine schon vorher getroffene Schlussfolgerung, dass der Tod durch Asphyxie aufgrund von Strangulation verursacht worden war.«
      »Wären Sie bitte so nett, den Geschworenen den Begriff Asphyxie etwas näher zu erläutern, Doktor?«, bat Lawrence.
      Glendenning nickte. »Manche Strangulationsopfer sterben an einer Inhibition des zentralen Nervensystems, also an Herzstillstand, verursacht durch Druck auf die Karotiden im Hals.« Er berührte die Stelle unterhalb seines Kiefers. »In diesem Fall jedoch ist das Opfer gestorben, weil

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