Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel
Sie hier sind«, sagte sie.
»Ich möchte ... ich brauche einen Freund. Oder Freunde. Wo ich auch hinkomme, wenden sich die Leute von mir ab. Ich bin einsam und ich habe Angst. Irgendwo habe ich gehört, was Ihr Mann durchgemacht hat. Aber offensichtlich haben Sie zu ihm gehalten, so schwer es auch gewesen sein mag. Ich habe niemanden.«
Das klang so ironisch, dass Rebecca fast laut aufgelacht hätte. »Ja«, sagte sie stattdessen, »es ist schwer gewesen. Aber das Gericht hat Sie für unschuldig befunden. Sie sind ein freier Mann.«
Owen rümpfte die Nase. »Nicht für unschuldig. Nur für nicht schuldig im Sinne der Anklage. Das ist etwas anderes. Egal, es spielt sowieso keine Rolle. Ich bin nicht wirklich frei. Jeder glaubt, ich wäre schuldig.«
»Und sind Sie es?«
»Werden Sie mir glauben, wenn ich verspreche, ehrlich zu antworten?«
Rebecca spürte, wie ihr Herz zu rasen begann. Es war eine solch einfache Frage, und dennoch hatte sie das Gefühl, dass alles von ihr abhing. Nicht nur, was im Augenblick Owen Pierce betraf, sondern ihre ganze moralische Wahrheit, ihr Verständnis von Vertrauen und sogar ihr Glaube an sich selbst. Sie spürte, dass Pierce sie anschaute, und ihr wurde klar, dass sie wahrscheinlich die Luft angehalten hatte. Schließlich atmete sie aus und wagte sich vor.
»Ja«, erwiderte sie. »Ich werde Ihnen glauben.«
Pierce schaute ihr in die Augen. »Nein«, sagte er. »Nein, ich habe es nicht getan.«
Irgendwie fiel Rebecca ein Stein vom Herzen. »Was können wir für Sie tun?«, fragte sie.
Beinahe so, als könne er sein Glück nicht glauben, blieb Pierce eine Weile sprachlos. Seine Augen füllten sich mit Tränen, und Rebecca war für einen Augenblick kurz davor, seine Hand zu nehmen. Aber sie tat es nicht.
»Ich brauche Hilfe«, brachte er schließlich mit brüchiger Stimme hervor. »Ich muss mein Leben wieder in Ordnung bringen und ich schaffe es nicht allein.« Während er sprach, fasste er sich wieder und wischte brüsk seine Tränen weg. »Vielleicht kommt es Ihnen kalt und berechnend vor«, fuhr er fort, »aber das ist es nicht. Als ich herausfand, wer Sie sind, erinnerte ich mich, dass Sie im Gericht waren, und da wollte ich mit Ihnen reden. Ich dachte, Sie würden verstehen, wie es ist, wenn man für schuldig gehalten wird, obwohl man unschuldig ist, und diese ganze Heuchelei über Recht und Wahrheit. Ich bin mir sicher, dass Ihr Mann das, was man ihm vorwirft, nicht getan hat. Genau wie ich.«
»Aber ich dachte, Sie wären wütend auf uns. Mein Mann hat gegen Sie ausgesagt.«
Owen schüttelte den Kopf. »Er hat nur die Wahrheit gesagt. Das hat an der Anklage nichts geändert. Ich war ja auch auf der Brücke. Das habe ich nie geleugnet. Und für Sie muss es furchtbar gewesen sein, als Sie die Leiche gefunden haben. Nein, ich habe überhaupt nichts gegen Sie oder Ihren Mann. Ich habe keine Freunde, Mrs Charters. Alle haben mich im Stich gelassen. Ich habe keine nahen Verwandten. Selbst Fremde behandeln mich wie ein Ungeheuer, wenn sie mich erkennen. Ich brauche Unterstützung, öffentliche Unterstützung. Ich brauche das Gefühl, dass anständige, intelligente Menschen mich nicht für ein Ungeheuer halten. Ich möchte, dass Sie auf meiner Seite stehen. Sie und Ihr Mann.«
»Vielleicht haben Sie sich an die Falschen gewandt«, sagte Rebecca. »Sie werden bestimmt nicht auf der Verliererseite stehen wollen. Denken Sie daran, mein Mann steht immer noch unter Verdacht.«
»Ja, aber er hat trotz allem weitergemacht. Und ich weiß, dass Sie ihm glauben. Sie haben zu ihm gehalten. Genau wie viele andere Mitglieder Ihrer Gemeinde, da bin ich mir sicher. Verstehen Sie denn nicht, Mrs Charters, dass wir beide Opfer sind, Ihr Mann und ich?«
Rebecca überlegte einen Augenblick und musste an die Heuchelei einiger Gemeindemitglieder denken. »Na gut«, sagte sie, »ich kann nichts versprechen, aber ich werde mit meinem Mann reden.«
»Ich danke Ihnen«, sagte Owen aufatmend.
»Aber würden Sie etwas für mich tun?«
»Selbstverständlich.«
»Würden Sie morgen in die Kirche kommen? Ich will Sie nicht bekehren oder so, aber es wäre gut, wenn man Sie dort sehen würde. Die Leute, die noch in die Kirche kommen, haben größtenteils zu Daniel gehalten und an seine Unschuld geglaubt, genau wie Sie sagen. Wenn wir Sie in die Gemeinde aufnehmen, dann könnten sie das Gleiche für Sie tun. Ich weiß, es
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