Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel
Sie mal, ist das nicht...« Er zeigte nach vorn.
Als sie nach links in die North Market Street gebogen waren, hatte Banks eine Frau in einem langen marineblauen Mantel an der Bushaltestelle stehen sehen.
»Wer?«, fragte Susan.
»Ach so, das hatte ich vergessen. Sie haben sie ja noch gar nicht kennen gelernt. Rebecca Charters, die Frau des Pfarrers. Das war sie bestimmt. Wo die wohl hinwill?«
»Merkwürdig, merkwürdig«, sagte Susan.
* VIER
* I
»Äh, Sir«, sagte Sergeant Hatchley mit einem Blick auf seine Uhr. »Meinen Sie nicht, wir könnten kurz Mittag essen gehen?«
Barry Stott seufzte. »Na gut. Kommen Sie.«
Dies war der erste wichtige Fall des Inspectors nach seiner Beförderung und Versetzung, und er beabsichtigte, das Beste daraus zu machen. Der einzige Stolperstein dabei war dieser faule Yorkshirer Fleischkloß neben ihm: Detective Sergeant Hatchley.
Stott hätte lieber mit Constable Susan Gay zusammengearbeitet. Nicht weil sie schöner als Hatchley war - sie war eigentlich nicht sein Typ -, sondern weil sie klüger und eifriger war und nicht solche Probleme machte.
So wie jetzt. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte Stott das Mittagessen ausfallen lassen und sich etwas zum Mitnehmen aus einem der Cafés in der North Market Street geholt. Der Morgen war reine Zeitverschwendung gewesen; in den Akten der Sexualstraftäter hatten sie keine Spuren gefunden, und alles, was Stott von der Einwanderungsbehörde über Jelacic herausbekommen hatte, war, dass es sich bei ihm um einen Techniker aus Split handelte, der vor zwei Jahren nach England gekommen war. Und seitdem hatte er eine Reihe merkwürdiger Jobs gehabt und es nie lange bei einer Arbeitsstelle ausgehalten. Kurz davor, selbst nach Kroatien zu reisen, dachte Stott, dass es nicht danach aussah, als würde es leicht werden, etwas über Jelacics Vorstrafen zu erfahren, wenn er welche hatte.
Hier draußen jedoch, in der Nähe des Tatortes, sah er wenigstens eine reelle Chance, etwas zu erreichen. Irgendjemand musste doch einen Fremden in der Gegend bemerkt haben, Nebel hin, Nebel her. Oder einen geparkten Wagen, der dort nicht hingehörte. St. Mary's war schließlich eine vornehme Gegend, und die Leute, die es sich leisten konnten, hier zu wohnen, waren auf der Hut vor Fremden. Und Stott war sich sicher, dass ein Fremder Deborah Harrison ermordet hatte.
Sie standen an der nordwestlichen Ecke der Kendal Road und der North Market Street im Regen vor dem Nag's Head, schräg gegenüber der St.-Mary's-Kirche, und Stott war so weit, alles zu tun, um Hatchley zum Schweigen zu bringen.
Einen solchen Pub würde man in einer so wohlhabenden Gegend nicht erwarten, dachte Stott: kein dicker Teppich, kein poliertes Messing und glänzendes Holz und kein Topf mit warmem Glühwein auf der Theke. Tatsächlich sah der Pub richtig schäbig aus. Da er an einer wichtigen Verkehrskreuzung lag, vermutete Stott, dass vor allem Durchreisende hier einkehrten. Die Kendal Road führte vom Lake District bis an die Ostküste und die Market Street war eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen. Versteckt in den Wohnstraßen hatten die Einheimischen bestimmt ihre eigenen, gemütlichen Pubs. Und wenn nicht, dann fuhren sie hinaus in die Country Clubs.
Im Barbereich waren ungefähr sechs Gäste. Mit Unbehagen bemerkte Stott, dass es nach Zigarettenqualm und Bier roch. Dies war auf jeden Fall kein Pub nach seinem Geschmack, falls es denn so einen Pub überhaupt gab. Er ging viel lieber in die Kirche. In Stotts Augen waren Pubs lediglich Brutstätten für Ärger.
Pubs waren Orte, in denen Schlägereien begannen - und er hatte ein paar Narben aus seiner Zeit als Streifenpolizist, die das bewiesen -, in Pubs wurden krumme Geschäfte gemacht und Diebesgut verhökert, es waren Orte, in denen offen Drogen verkauft wurden, in denen Prostituierte ihrem schmutzigen Gewerbe nachgingen und Krankheiten und Elend verbreiteten. Schließt die Pubs, und die Kriminellen sind gezwungen, nach draußen zu gehen, direkt in die offenen Arme der Polizei. Zumindest waren das Inspector Stotts Gedanken, als er an diesem Mittag im Nag's Head die Nase rümpfte.
Dagegen schien sich Sergeant Hatchley hier ganz zu Hause zu fühlen. Er rieb seine riesigen Pranken aneinander und sagte: »Ah, schon besser. Gegen die Kälte gibt es nichts Besseres als ein Essen im Pub - was meinen Sie, Sir?«
»Beeilen wir uns,
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