Inspector Alan Banks 09 Das blutige Erbe
ich besorgt bin? Ich möchte mich nicht mitten in irgendwelchen Rassenunruhen wiederfinden. Der Junge auf Ihrem Bild hat einen von denen >Pakischwein< genannt und ihm gesagt, er soll gefälligst aus dem Weg gehen. Das ist passiert.«
* IV
Gallows View, déja vu, dachte Banks, als er vor dem Laden der Mahmoods anhielt. Natürlich hatte sich die Straße in den letzten sechs Jahren erheblich verändert und der Maschendraht vor den Schaufenstern war eine der Veränderungen. Der Geruch nach Kümmel und Koriander im Laden war eine weitere.
Die Mahmoods waren eine von drei asiatischen Familien in Eastvale. In diesem Teil Yorkshires, nördlich von Leeds und Bradford, sah man nur sehr wenige erkennbare Minderheiten, selbst in größeren Städten wie York und Harrogate.
Mahmood hatte den Laden vergrößert, bemerkte Banks. Ursprünglich hatte er nur das Erdgeschoss eines Cottages eingenommen, das andere hatten die Sharps als Wohnzimmer benutzt. Jetzt nahm der Laden die Front beider Cottages ein und war mit Tafelglasfenstern und einer neuen Kühlabteilung ausgestattet. Die Mahmoods verkauften eine ganze Palette von Produkten, von Brot, Eiern, Zigaretten und Bier bis zu Spülmittel, Strumpfhosen, Magazinen, Lippenstiften, Schreibwaren und Zahnpasta. Außerdem verliehen sie Videos. Schon bald, wenn die neue Siedlung fertig gestellt war, würde der Laden zu einer kleinen Goldgrube werden.
Anders als die meisten Menschen, die von selbstgerechten Rassisten »Pakis« genannt wurden, stammte Charles Mahmood tatsächlich aus Pakistan. Jedenfalls stammte sein Vater, Wasim Mahmood, daher. Wasim war 1948 mit seiner Familie nach England emigriert, kurz nach der Trennung seines Heimatlandes von Indien. Charles war 1953 in Bradford geboren worden, ungefähr zur Zeit von Queen Elizabeths Krönung, und nach dem einzigen männlichen Spross der Königin benannt worden. Die Mahmoods waren stolz auf ihre neue Heimat und deren Monarchie.
Charles hatte das Pech, dass, als 1976 sein eigener Sohn geboren wurde, der Prince of Wales noch nicht geheiratet und noch keine Nachkommen in die Welt gesetzt hatte. Um seinem Kind einen Namen zu geben, musste Charles den Umweg machen und einen der mittleren Namen des Prinzen nehmen. Er wählte George. Warum er nicht Philip wählte, was es dem Jungen in der Schule vielleicht leichter gemacht hätte, wusste niemand. George selbst sagte zuweilen, er wäre nur froh, dass sein Vater ihn nicht Arthur genannt hatte, ein Name, der seinen Klassenkameraden wohl noch altmodischer vorgekommen wäre.
Banks wusste das alles, weil George die gleiche Jahrgangsstufe an der Eastvaler Gesamtschule besucht hatte wie sein Sohn Brian und die beiden während ihrer letzten Schuljahre gute Freunde geworden waren. George war häufig bei Brian zu Besuch gewesen, und Banks erinnerte sich an seine Liebe für Musik, seine instinktive Neugier, die er vielen Dingen entgegenbrachte, und seinen Sinn für Humor. So hatten sie zum Beispiel gemeinsam über die Geschichte der Familiennamen gelacht.
Mittlerweile schienen die beiden Jungen den Kontakt zueinander verloren zu haben, ihre Wege hatten sich getrennt, und Banks hatte George schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Brian hatte gerade sein drittes Jahr am College in Portsmouth begonnen, und George war immer noch in Eastvale, ohne Beschäftigung, soweit Banks wusste, wenn er nicht seinem Vater im Laden half. Obwohl sie sich eine Weile nicht gesehen hatten, war es Banks ein bisschen unangenehm, George in Verbindung mit einer Straftat befragen zu müssen.
Charles Mahmood grüßte Banks mit einem Lächeln des Erkennens; seine Frau Shazia winkte vom anderen Ende des Ladens, wo sie Gläser mit Pulverkaffee in die Regale räumte.
»Geht es um die eingeschlagene Scheibe?«, fragte Charles mit seinem breiten Dialekt West Yorkshires.
Banks verneinte, versicherte ihm aber, dass in dieser Sache noch ermittelt werde.
»Worum geht es dann?«, fragte Charles.
»Ist George da?«
»George?« Er deutete mit dem Kopf an die Decke. »Oben. Warum, was ist passiert?« Banks glaubte nicht, dass sie es gehört haben konnte, doch Shazia Mahmood hatte im Einräumen der Gläser innegehalten und schien lauschen zu wollen.
»Wir wissen es noch nicht«, sagte Banks. »Kein Grund zur Sorge. Ich würde nur gerne mit ihm sprechen. In Ordnung?«
Charles Mahmood zuckte mit den Achseln. »Von mir aus.«
»Wie geht es ihm so?«
Charles
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