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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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ums Leben käme, dachte Banks, wäre das in den Augen seiner Eltern wahrscheinlich auch noch seine Schuld. Wenn es um die Schuldfrage ging, kannten sie keine Nachsicht mit der Familie.
      Doch war das andererseits auch der Grund, warum er in seinem Job gut war. Als er noch nicht so weit oben stand, gab er seinen Vorgesetzten nie die Schuld, wenn etwas schief ging, und nun, da er Chief Inspector war, übernahm er die Verantwortung für seine Mannschaft, ob die nun aus Hatchley und Susan Gay bestand oder nur aus Annie Cab-bot. Wenn das Team einen Fehler machte, so war das sein Fehler. Das war eine Belastung, ja, aber auch eine Stärke.
      King's Cross war so chaotisch wie immer. Banks und Annie bahnten sich ihren Weg durch die Menge und durch das Labyrinth aus gekachelten, hallenden Gängen, die zur Northern Line führten. Sie konnten sich in den ersten Zug Richtung Edgeware quetschen.
      Wenige Minuten später traten sie aus der U-Bahn-Station Belsize Park, gingen Rosslyn Hill hinauf und bogen in die Seitenstraße ab, in der Vivian Elmsley wohnte. Banks kannte die Gegend ein wenig aus seiner Zeit in London, obwohl er und Sandra, nachdem sie aus Notting Hill weggezogen waren, größtenteils südlich des Flusses in Kennington gewohnt hatten. Keats hatte hier in der Nähe gelebt, fiel Banks wieder ein; in einer dieser Straßen hatte sich der arme Tropf in seine Nachbarin Fanny Brawne verliebt.
      Eine Frauenstimme kam aus der Gegensprechanlage.
      Nachdem Banks Dienstgrad und Anliegen mitgeteilt hatte, gab es eine lange Pause, dann sagte die Stimme resigniert:
      »Sie kommen besser herauf.« Der Summer ertönte und Banks drückte die Tür auf.
      Sie stiegen drei dick mit Teppich belegte Treppen in den zweiten Stock hinauf. Dass es sich um ein gepflegtes Haus handelte, verrieten der frische Zitrusduft, das glänzende Holz und die vor kurzem gestrichenen Wände, hier und da mit einem gerahmten Stillleben oder Seestück geschmückt. Kostete bestimmt ein Vermögen, aber das konnte sich Vivian Elmsley zweifellos leisten.
      Die Frau, die ihnen die Tür öffnete, war groß und schlank. Sie stand kerzengerade da, das graue Haar zu einem Knoten geschlungen. Sie hatte hohe Wangenknochen, eine leicht gekrümmte Nase und kleine, schmale Lippen. Um ihre auffälligen dunkelblauen Augen, die fast schon orientalisch schräg standen, zogen sich Krähenfüße. Banks verstand, was Elsie Patterson gemeint hatte: Wenn man nur ein klein wenig darauf achtete, konnte man diese Augen nicht übersehen. Sie war sportlich gekleidet: eine weite schwarze Trainingshose und ein weißes Sweatshirt. Na ja, dachte Banks, . wenn man den ganzen Tag nichts anderes tat, als herumzusitzen und zu schreiben, dann war es wohl egal, was man trug. Manche hatten halt Glück.
      Sie sah müde aus. Ihre Augen waren geschwollen und geplatzte rote Äderchen durchzogen das Weiße der Pupillen. Sie wirkte erschöpft und nervös, so als liefe sie auf Notstrom.
      Die Wohnung war schlicht und modern eingerichtet, Chrom und Glas verliehen dem kleinen Wohnzimmer ein großzügiges Raumgefühl. Ein gerahmter Druck von einer der großen gelben Blumen von Georgia O'Keeffe hing über dem Kamin an der Wand.
      »Bitte, nehmen Sie Platz!« Sie wies auf zwei passende Sessel aus Chrom und schwarzem Leder und setzte sich dann selbst, die Hände im Schoß gefaltet. Skelettartig und altersfleckig, wirkten sie älter als ihr Gesicht. Für Frauenhände waren sie ungewöhnlich groß.
      »Ich muss zugeben, dass ich daran gewöhnt bin, mit der Polizei zu sprechen«, sagte sie, »nur dass ich sonst immer die Fragende bin. Was kann ich für Sie tun?«
      Banks fiel wieder der Polizeialltag in Der Schatten des Todes ein und biss sich auf die Zunge. Vielleicht hatte sie noch keine Polizeibeamten gekannt, als sie das Buch schrieb. »Zuerst einmal«, begann er, »sind Sie Gwynneth Shackle-ton?«
      »Das war ich, obwohl ich von den meisten Gwen genannt wurde. Vivian ist mein zweiter Name. Elmsley ist ein Pseudonym. Es war der Mädchenname meiner Mutter. Alles vollkommen rechtmäßig.«
      »Das bezweifle ich nicht. Sind Sie in Hobb's End aufgewachsen?«
      »Ja.«
      »Haben Sie Gloria Shackleton umgebracht?«
      Sie legte die Hand auf die Brust. »Gloria? Ich? Was für eine Vorstellung! Ganz bestimmt nicht.«
      »Könnte Ihr Bruder Matthew sie umgebracht haben?«
      »Nein. Matthew liebte sie. Sie sorgte für ihn. Er brauchte sie. Entschuldigen Sie,

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