Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer
Rover wird's schon tun. Ich lass einen von den Jungs fahren und bleib hinten drin, damit unser Freund hier nicht auseinander fällt.« Er sah auf seine Uhr. »Wenn wir Glück haben, kann er um eins auf dem Labortisch liegen.«
Sergeant Cabbot lehnte sich mit verschränkten Armen gegen den Baum, die Beine übereinander geschlagen. Heute trug sie ein rotes T-Shirt und weiße Nikes zur Jeans, die ^Sonnenbrille hatte sie auf den Kopf geschoben. Reichlich lockerer Kleidungsstil in Harkside, dachte Banks, aber er hatte gut reden. Schon immer hatte er Anzüge und Krawatten verabscheut, schon in jungen Jahren als BWL-Student am Londoner Polytechnikum. Drei Jahre lang hatte er dort einen Sandwich-Kurs absolviert - abwechselnd sechs Monate College und sechs Monate Arbeit - und das Studentenleben hatte schnell sein Interesse an der Berufswelt beeinträchtigt. Damals auf dem Polytechnikum schwärmten alle für die Sechziger, obwohl es schon die frühen Siebziger waren; überall sah man Kaftans, Schlaghosen und Afghanenmäntel, bunt bestickte indische Oberteile aus Gaze, Halstücher, Perlen, den ganzen Kram. Banks hatte sich dem Zeitgeist nie voll und ganz verschrieben, weder in seiner Einstellung noch in der Kleidung, aber er hatte das Haar bis zum Kragen wachsen lassen und war einmal nach Hause geschickt worden, weil er im Dienst Sandalen und eine Blumenkrawatte getragen hatte.
»Ich muss noch viel mehr über das Dorf wissen«, sagte er zu Sergeant Cabbot. »Ein paar Namen wären eine große Hilfe. Versuchen Sie es mal mit dem Wahlregister und dem Grundbuchamt.« Er wies auf die Ruinen des Hauses neben der Brücke. »Der Schuppen gehörte auf jeden Fall zu dem Cottage, deshalb wüsste ich gerne, wer da wohnte und wie die Nachbarn hießen. Ich glaube, es gibt hier drei Möglichkeiten. Entweder haben wir es mit jemandem zu tun, der das leere Dorf als Müllhalde benutzt hat, um in der Zeit, als das Dorf unbewohnt war, eine Leiche zu vergraben ...«
»Zwischen Mai 1946 und August 1953. Hab ich heute Morgen nachgeguckt.«
»Gut. Entweder so, oder aber die Leiche wurde vergraben, als das Dorf noch bewohnt war, nämlich vor Mai 1946, und zwar wurde das Opfer nicht weit von zu Hause verscharrt. Oder die Leiche wurde im Sommer dahin gebracht, wie Sie schon mal sagten. Es ist zu früh für Spekulationen, aber wir müssen wissen, wer in dem Cottage wohnte, bevor das Dorf geräumt wurde, und ob jemand aus dem Dorf vermisst gemeldet wurde.«
»Ja, Sir.«
»Was ist denn mit der Kirche passiert? Ich nehme an, es gab eine.«
»Eine Kirche und eine Kapelle. Saint Bartholomew wurde erst entweiht und dann abgerissen.«
»Wo befindet sich das Gemeindearchiv jetzt?«
»Ich weiß nicht. Hatte noch keinen Grund, mich danach zu erkundigen. Ich schätze, es wurde nach Saint Jude in Harkside gebracht, so wie die ganzen Särge auf dem Friedhof.«
»Vielleicht lohnt es, sich dort ein wenig umzusehen, wenn Sie ansonsten nicht weiterkommen. Man kann nie wissen, was man in alten Kirchenarchiven und Gemeindeblättern findet. Außerdem gibt's noch die Lokalzeitung. Wie heißt die?«
»Harkside Chronicle.«
»Gut. Vielleicht lohnt es sich auch, in die einen genaueren Blick zu werfen, wenn unser Fachmann heute Abend den Zeitraum etwas einschränken kann. Ach, und noch etwas, Sergeant Cabbot.«
»Ja?«
»Hören Sie, ich kann Sie nicht die ganze Zeit Sergeant Cabbot nennen. Wie heißen Sie mit Vornamen?«
Sie lächelte. »Annie, Sir. Annie Cabbot.«
»Okay, Annie Cabbot, wissen Sie vielleicht zufällig, wie viele Ärzte oder Zahnärzte es in Hobb's End gab?«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass es viele waren. Die meisten Einwohner gingen bestimmt nach Harkside. Vielleicht waren es mehr, als noch alle in der Flachsmühle arbeiteten. Einige dieser alten Mühlenbesitzer waren sehr altruistisch und besorgt um das Wohlergehen ihrer Arbeiter.«
»Die waren wohl eher darum besorgt, dass die Arbeiter eine Sechzehn-Stunden-Schicht durchhielten, ohne tot umzufallen«, bemerkte Banks.
Annie lachte. »Kommunist!«
»Bin schon schlimmer beschimpft worden. Versuchen Sie trotzdem, es herauszufinden. Ist zwar weit hergeholt, aber wenn wir Unterlagen eines Zahnarztes finden können, die zu dem Schädel passen, haben wir Glück.«
»Ich kümmer mich drum, Sir. Noch was?«
»Strom, Gas, Wasser, Steuer. Muss vielleicht alles überprüft werden.«
»Und was soll ich
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