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Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall

Titel: Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Tagebuch. Man sollte im Zug immer etwas Aufregendes zu lesen haben«? Banks wusste es nicht genau. Man konnte so gut wie jede geistreiche Bemerkung entweder Oscar Wilde oder Groucho Marx zuschreiben. Jetzt war er allerdings neugierig geworden. Er schaute im Oxford Dictionary of Quotations nach und sah, dass er Recht hatte.
      Banks' Tagebuch war alles andere als aufregend. Als er jetzt zum zweiten Mal darin herumblätterte, kurze Blicke auf die hübschen Schauspielerinnen warf, an die er sich kaum erinnern konnte - Carol Lynley, Jill St. John, Yvette Mimieux -, staunte er, wie viele Schallplatten er damals gekauft und wie viele Filme er gesehen hatte. Bis wenige Wochen vor Grahams Tod war sein Tagebuch durchaus spannend. Beim Lesen der trivialen oder rätselhaften Einträge fielen Banks wieder viele Dinge ein.
      In den ersten beiden Augustwochen 1965 hatten die Banks Sommerurlaub gemacht. Daran war nichts Ungewöhnliches; sie fuhren jedes Jahr zur selben Zeit, da die Fabrik, in der sein Vater arbeitete, immer in den ersten beiden Urlaubswochen Werksferien hatte. Ungewöhnlich war nur, dass sie nach Blackpool fuhren, viel weiter als nach Great Yarmouth oder Skegness, wo sie sonst ihre Ferien verbrachten, und dass Graham Marshall mitkam.
      Mit seinen vierzehn Jahren war es Banks peinlich, zusammen mit seinen Eltern in einem Badeort herumzulaufen und am Strand auf einem Esel zu reiten. Die Zeit, mit Eimerchen und Schaufel zu spielen, war auch vorbei. Da Grahams Vater gerade auf einer großen Baustelle angefangen hatte - sein Beruf war stärker von der Jahreszeit abhängig als der von Arthur Banks - und die Marshalls in dem Jahr wohl nicht in den Urlaub fahren würden, wurde das Finanzielle geklärt, und Graham durfte mit der Familie Banks fahren.
      Kommen Sie nach Blackpool! Besuchen Sie den berühmten Tower! Erleben Sie Reginald Dixon an der gewaltigen Orgel! Staunen Sie auf der berühmten Golden Mile! Lassen Sie sich auf einem der drei Piers von den Stars der Varietés verzaubern! Großer Familienspaß am Pleasure Beach!
      Wie in jedem Jahr, stopften sie die Koffer zu einer lächerlich frühen Morgenstunde in den Morris Traveller von Arthur Banks, damals ein beliebter Kombi mit holzumrandeter Hecktür, und machten sich auf die lange Reise gen Norden. Dort trafen sie müde und gerädert, aber pünktlich zum Abendessen in der Pension von Mrs. Barraclough ein. Abendessen um Punkt sechs Uhr, und wehe, man kam zu spät. Mrs. Barraclough war eine massige, furchteinflößende Matrone. Banks sah sie in ihrem Kittel auf ihren dicken Beinen vor sich stehen, die Arme unter dem großen Busen verschränkt.
      Jeden Tag hatte Banks seinen Eintrag mit einer Wetterbeschreibung begonnen. Es war gar nicht schlecht gewesen: an neun von vierzehn Tagen hatte wenigstens zwischendurch mal die Sonne geschienen. Nur zweieinhalb Tage waren Reinfälle. Bei Regen hatten sich Banks und Graham in den Spielhallen auf der Golden Mile oder auf einem der Piers getummelt und ihr Glück an einarmigen Banditen und Flippern versucht. An einem verregneten Sonntagnachmittag hatten sie alte Kriegsfilme geguckt, die scheinbar immer an verregneten Sonntagnachmittagen gezeigt wurden, patriotische Streifen mit Titeln wie The Day will Dawn, In Which We Serve und Went the Day Well?.
      Wenn es bedeckt war, schlenderten sie die Promenade entlang, aßen Fish and Chips aus Zeitungspapier oder gekochte Krabben aus Papiertüten und durchstöberten die wenigen Antiquariate der Stadt, Banks auf der Suche nach Sexton-Blake-Romanheftchen oder Thrillern von Ian Fleming, während Graham eine Zeitschrift namens Famous Monsters und Geschichten von Isaac Asimov sammelte.
      An einem Abend waren alle zusammen im Tower Circus gewesen; Banks hatte festgehalten, die Nummer von Charlie Cairoli sei »sehr lustig« gewesen. Außerdem besuchten sie ein Variété auf dem North Pier, wo Morecambe and Wise Witze rissen und die Hollies Musik machten.
      Doch meistens sahen sie abends nach dem Essen im Aufenthaltsraum fern. Der Fernseher war damals schon alt gewesen, hatte nur einen kleinen Bildschirm. Um ihn einzuschalten, musste man eine kleine Klappe an der Oberseite öffnen, unter der auch die Knöpfe für Lautstärke und Kontrast verborgen waren. Das hatte Banks nicht im Tagebuch notiert, aber bestimmt war irgendein Erwachsener da, der nicht Perry Mason, sondern die große Fernsehshow Sunday Night at the London Palladium sehen wollte. Von Erwachsenen war ja nichts

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