Inspector Alan Banks 14 Kein Rauch ohne Feuer
kurz nach neun, als ein aufgeregter Constable Templeton, mit einem Blatt Papier wedelnd, zu ihr kam. »Ich hab es!«, rief er. »Ich hab's!«
»Halleluja«, sagte Annie. »Was denn?«
»Die Verbindung zwischen McMahon und Gardiner.«
Wie ein Frühlingshauch verbreitete sich im Büro die Aufregung angesichts des großen Durchbruchs. Alle arbeiteten zusammen an diesem Fall, alle machten Überstunden. In so einem Augenblick zahlte es sich endlich aus, egal ob man an demselben Detail gearbeitet hatte oder nicht.
»Schieß los, Kev!«, forderte Annie ihn auf.
»Sie waren zusammen an der Uni«, erklärte Templeton. »Naja, damals war's noch keine Uni, aber heute.«
»Jetzt mal langsam, Kev«, mäßigte ihn Annie. »Immer der Reihe nach.«
Templeton fuhr sich mit der Hand durch die braunen Locken. Er hatte Gel in den Haaren, fiel Annie auf, sie sahen nass aus, als komme er direkt aus der Dusche. Kevin Templeton war immer ein wenig eingebildet, aber er war wirklich ein hübscher Kerl mit einer guten Figur, der bei Frauen bestimmt gut ankam. Außerdem hatte er was von Hugh Grants Lausbubencharme, was besonders mütterliche Frauen ansprach. Nicht Annie. Sie war kein mütterlicher Typ.
»Gut«, sagte er und las vor. »Von 1978 bis 1981 besuchten sowohl Thomas McMahon als auch Roland Gardiner das ehemalige Polytechnikum in Leeds, seit 1992 bekannt als Leeds Metropolitan University. Damals gab es dort eine Kunstakademie, eine Handelsschule, das Technikum und die Kochschule. Thomas McMahon war natürlich auf der Kunstakademie, und Roland Gardiner ging auf die Handelsschule.«
»Und sie kannten sich?«
Templeton kratzte sich an der Stirn. »Das kann ich nicht sagen, Madam. Nur dass sie beide zur gleichen Zeit dort waren.«
Winsome warf Annie einen Blick zu. Annie musste grinsen. Irgendwann würde sie auch Kevin Templeton abgewöhnen, sie »Madam« zu nennen. Bei einem hübschen jungen Kerl wie ihm kam sie sich mit dieser Anrede wirklich wie eine alte Jungfer vor.
»Soweit ich weiß«, warf Annie ein, »ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass Kunst- und Wirtschaftsstudenten dieselben Interessen haben. Ich glaube nicht, dass es da viele Berührungspunkte gibt.«
»Klar, sie besuchen nicht dieselben Vorlesungen«, verteidigte sich Templeton, »aber auf dem College gibt's ja noch 'ne Menge mehr, oder? Kneipen, Studentenvertretung, Musikszene. Das Poly in Leeds hatte immer tolle Bands. Da hätten sie sich doch irgendwo kennen lernen können.«
»>Hätten können< reicht uns aber nicht, Kev. Wenn wir die Verbindung finden wollen, müssen wir Genaueres wissen. Wir müssen herausbekommen, wer sonst noch mit ihnen zusammen war. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass der Mörder sie von damals kennt, vielleicht in derselben Szene verkehrte. Ich halte es jedenfalls nicht für Zufall, dass zwei Männer, die in derselben Gegend auf fast identische Weise ermordet wurden, gleichzeitig auf dasselbe Polytechnikum gingen. Aber falls es eine Verbindung gibt, brauchen wir handfeste Beweise. Außerdem dürfen wir den toten William Masefield nicht vergessen. Was hatte er möglicherweise mit den beiden zu tun?«
»Hm«, machte Templeton. »Ich kann natürlich bei der Uni-Verwaltung in Leeds nachfragen. Ihre Akten sind bestimmt noch nicht vernichtet worden.«
»Und was machen wir dann? Überprüfen wir jeden Studenten, der zwischen 1978 und 1981 auf dem Poly war? Das wäre ja die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.«
»Was gibt's denn sonst noch für Möglichkeiten?«
»Ich hätte eine Idee«, sagte Winsome.
Annie und Templeton schauten sie neugierig an. »Was denn?«, fragte Annie.
»Es gibt doch diese Internetseite, wo man sich registrieren kann, wenn man alte Schulfreunde wiederfinden möchte. Ich hab das schon gemacht. Zugegeben, es ist ein Schuss ins Blaue, aber vielleicht können wir das Spektrum damit etwas einengen. Natürlich sind da nur die Leute, die sich selber haben registrieren lassen, aber es kann ja sein, dass sich jemand an McMahon oder Gardiner erinnert. Wir können allen auf der Liste eine E-Mail schicken, die 1981 vom Poly in Leeds abgegangen sind, und fragen, ob sie Thomas McMahon oder Roland Gardiner kennen. Wir sehen ja dann, was für Antworten wir bekommen. Heutzutage sind viele ständig online. Wenn wir Glück haben, geht's ganz schnell.«
»Den Versuch ist es wert«, meinte Annie und stand auf. »Los, fangen wir
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