Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre
dann über den Fluss und am Ufer entlang zur alten Fabrik von Midgeley's Castings. Falls Lambert wusste, wohin sie fuhren oder den Ort bei ihrer Ankunft erkannte, so ließ er sich nichts anmerken.
Banks hielt auf dem mit Unkraut überwucherten Asphalt vor dem Werktor und stieg aus. Dann öffnete er Lamberts Tür und zerrte ihn praktisch aus dem Wagen. Lambert war schwerer als Banks, aber eher unsportlich, so dass der drahtige Banks ihn zum Fabriktor stoßen konnte.
»Was ist hier eigentlich los?«, protestierte Lambert. »Es gibt keinen Grund, handgreiflich zu werden! Ist mir scheißegal, ob Sie Roys Bruder sind, ich zeig Sie an!«
Banks schob Lambert durch das Tor in die Fabrik. Durch die Löcher im Dach flogen Vögel davon. Die Polizei war fertig mit dem Tatort, Stuhl und Seile waren verschwunden, die Blutflecke auf dem Boden aber noch zu sehen. Roys Blut. Das hatte das Labor bestätigt. Banks blieb stehen und schleuderte Lambert zu Boden. Er fiel auf einen Haufen aus alten Paletten und verbogenem rostigem Schrott und stöhnte laut auf.
»Das kostet Sie Ihren Job!«, rief er mit rotem Gesicht und wollte wieder aufstehen.
Banks setzte einen Fuß auf Lamberts Brust und drückte ihn nach unten. »Liegen bleiben!«, befahl er. »Und jetzt hören Sie mir zu! Hier wurde Roy hingefahren. Das sind seine Blutflecke da auf dem Boden.« Banks wies darauf. »Los, gucken Sie hin, Gareth, das ist das Blut meines Bruders!«
»Damit habe ich nichts zu tun«, entgegnete Lambert, setzte sich auf und rieb sich den Rücken. »Ich bin hier noch nie gewesen. Sie wissen ja nicht, was Sie da reden. Sie phantasieren!«
Er wollte aufstehen, aber Banks drückte ihn wieder nach unten.
»Netter Versuch«, sagte Banks. »Aber damit das klar ist, Gareth: Nachdem Sie sich mit Roy im Albion Club unterhalten hatten, riefen Sie Hadeon Masurik oder Max Broda von der Toilette aus über Handy an und baten sie um Hilfe. Das ist mit Sicherheit über ihre Anruflisten nachzuweisen. Roy musste aus dem Weg. Entweder kam Masurik selbst, oder er schickte einen Kumpel. Roy wurde gezwungen, in ein Auto einzusteigen, und hierher gebracht. Er wurde gefoltert, Gareth, um herauszufinden, wie viel er wusste, wo ich wohnte und was er mir erzählt hatte. Vielleicht haben sie ihm sogar die Adresse unserer Eltern rausgeprügelt, denn die wurden ebenfalls bedroht. Er war hier vorne an einen Stuhl gefesselt, er blutete und wusste, dass er hier sterben würde.« Banks hätte vor Wut fast geheult. Er musste sich ungeheuer zusammenreißen, um nicht auf Lambert einzudreschen. Auf dem Boden fand er eine Eisenstange, hob sie auf und schlug damit prüfend in seine Hand.
Lambert duckte sich. »Ich hab's bereits gesagt«, rief er. »Ich habe nichts damit zu tun. Warum auch ? Das Mädchen und Roy waren eine Gefahr für Masurik, nicht für mich.«
»Aber Sie haben mit Masurik zu tun. Sie führen ihm die Mädchen zu, die Max Broda auf den Märkten im Balkan kauft.«
»Dafür werden Sie niemals einen Beweis finden.«
»Brauch ich auch nicht«, entgegnete Banks, »denn darum geht's ja gar nicht. Zuerst dachte ich, es ginge um die Mädchen, die Max Broda und Sie für Masurik ins Land schleusen. Mädchen, die mit falschen Versprechungen hergelockt oder einfach auf der Straße entführt werden. Sie wollten, dass Roy mitmacht, nicht wahr? So wie früher. Sie hatten ihn schon länger bearbeitet, seit ein paar Monaten. Zuerst kannte Roy nicht die ganze Wahrheit, vielleicht zeigte er sogar ein gewisses Interesse, wenn er glaubte, dass genug Geld für ihn dabei heraussprang. Kirche hin oder her, mein Bruder war weiß Gott kein Heiliger.
Dann ließ Carmen Petri gegenüber Roys Freundin durchblicken, dass diese Mädchen nicht freiwillig als Huren arbeiteten. Jennifer erzählte es Roy, und er änderte seine Meinung. Ich nehme mal an, dass er von da ab nichts mehr mit der Sache zu tun haben wollte. Aber wahrscheinlich gab er Ihnen noch eine Chance, den alten Zeiten zuliebe. Ich denke, dass er an dem Dienstag, nachdem Carmen es Jennifer erzählte, mit Ihnen und Max Broda zum Mittagessen verabredet war. Sie versuchten, ihn zu überzeugen, dass alles einwandfrei sei. Aber er wollte Ihnen nicht glauben. Da machte er heimlich das Foto von Ihnen und Broda. Er ging als Erster, stimmt's?«
Lambert schwieg.
»Vielleicht hätte er Sie nicht der Polizei ausgeliefert«, fuhr Banks fort, »auch wenn er das noch so widerwärtig fand, was
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