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Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre

Titel: Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre
Autoren: Peter Robinson
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sie bei Roy übernachtete.
      Banks erinnerte sich an das junge Mädchen, das Roy bei der letzten gemeinsamen Begegnung begleitet hatte. Sie war um die zwanzig gewesen und schüchtern, hatte kurzes, wuscheliges schwarzes Haar mit blonden Strähnen gehabt, ein hübsches, blasses Gesicht und wunderschöne Augen, die glänzten wie Kastanien im Oktober. Und sie hatte einen silbernen Stecker in der Unterlippe getragen. Ihre Jeans und der Wollpullover hatten den Blick auf einige Zentimeter flachen nackten Bauch und einen gepiercten Nabel freigegeben. Sie war mit Roy verlobt gewesen, erinnerte sich Banks. Colleen oder Connie, oder so ähnlich. Vielleicht wusste sie, wo sich Roy aufhielt. Ihre Nummer war mit Sicherheit in Roys Handy gespeichert. Obwohl es natürlich keine Garantie gab, dass sie noch immer mit Roy zusammen war und die Kleidungsstücke und Toilettenartikel ihr gehörten.
      Neben dem Schlafzimmer war ein deutlich größerer Raum, offenbar Roys Arbeitszimmer. Es war eingerichtet mit Aktenschränken, einem Monitor, einem Fax, einem Drucker und einem Kopiergerät. Auch hier war alles blitzsauber, keine unordentlichen Papierstapel oder gelbe Haftnotizen - anders als in Banks' Büro. Auf dem Schreibtisch lag lediglich ein unbenutzter Block, daneben stand ein leeres Glas, in dem Rotwein gewesen war. Der Bodensatz war bereits kristallisiert. In einem Bücherregal über dem Schreibtisch standen die gängigen Nachschlagewerke: ein Atlas, ein Wörterbuch, das Handbuch der Rating-Agentur Dunn and Bradstreet und das Who's Who.
      Roy hielt sein Leben in Ordnung. Schon als Kind hatte er gerne aufgeräumt und geputzt. Am Abend hatte er sein Spielzeug immer sorgfältig in seiner Kiste verstaut und abgeschlossen. Sein Zimmer war ein Musterbeispiel an Ordnung und Sauberkeit, selbst als er ins Teenageralter kam. Roy hätte Soldat sein können. In Banks' Zimmer hatte das Chaos geherrscht, wie auch bei den meisten vermissten Jugendlichen, deren Zimmer er inspiziert hatte. Er hatte immer gewusst, wo was war - seine Bücher beispielsweise waren alphabetisch geordnet -, aber er hatte nie großen Wert darauf gelegt, sein Bett zu machen oder die ausgezogenen Klamotten fortzuräumen, die in einem Haufen auf dem Boden lagen. Noch ein Grund, warum die Mutter immer Roy vorgezogen hatte.
      Banks fragte sich, ob Roys Computer ihm irgendetwas verraten würde. Der Flachbildschirm stand auf dem Schreibtisch, aber den Computer selbst konnte Banks nicht entdecken. Er war weder auf noch unter noch hinter dem Tisch. Auf der Platte lagen eine Tastatur und eine Maus, aber was nützten die ohne Computer? Selbst ein Ahnungsloser wie Banks wusste, dass man so nichts damit anfangen konnte.
      Angesichts von Roys Interesse an elektronischem Spielzeug hätte Banks mit einem Laptop gerechnet, aber er konnte keinen finden. Auch kein Handheld. Er wusste noch, wie Roy letztes Jahr auf der Feier mit seinem schicken neuen Palm angegeben hatte - eines von diesen Geräten, die alles können, nur nicht morgens Spiegeleier braten.
      Natürlich gab es nichts, was auch nur entfernt so nützlich war wie ein Filofax. Mit Sicherheit hatte Roy all seine Daten auf dem Computer und dem Palm. Doch die waren nicht da. Immerhin hatte Banks das Handy, das würde hoffentlich ein ergiebiger Quell an Telefonnummern sein.
      In einem der Fächer hinter dem Computertisch lag eine Digitalkamera vom Typ Nikon Coolpix 4300. Banks kannte sich ein bisschen mit Digitalkameras aus, auch wenn seine billige Canon weit unter Roys Niveau war. Es gelang ihm, Roys Gerät einzuschalten und herauszufinden, wie man sich auf dem LCD-Schirm die Fotos ansah, aber es war keine Karte in der Kamera, also waren keine Bilder zu betrachten. Er suchte in den Fächern nach einer Vorrichtung zum Abspeichern der Bilder, fand aber nichts. Auch das war merkwürdig. Alles, was man in der Nähe eines Computer erwartete - Zip-Laufwerk, Magnetbänder oder CDs -, glänzte durch Abwesenheit. Es war nichts zu finden außer dem Monitor, der Maus, der Tastatur und einer leeren Digitalkamera.
      Und noch ein elektronisches Spielzeug war da: ein iPod mit 40 GB, dessen Erwerb auch Banks in Erwägung gezogen hatte. Er machte ihn an und hörte hinein, hier eine Arie, da eine Ouvertüre. Banks hatte seinen Bruder immer für einen kleinen Ignoranten gehalten und gar nicht gewusst, dass er ein Opernfan war. Sie hatten also tatsächlich etwas gemeinsam. Soweit Banks sich erinnern konnte, hatte Roy in der Zeit,
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