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Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre

Titel: Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre
Autoren: Peter Robinson
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komisches Gefühl dabei, ohne Banks in seiner Wohnung herumzuschnüffeln, insbesondere in seinem Schlafzimmer, aber sie redete sich ein, keine andere Wahl zu haben. Irgendwie war er in eine Mordermittlung hineingeraten, aber nirgends aufzutreiben. Es war eh nichts im Schlafzimmer außer einem hastig gemachten Doppelbett, einigen Kleidungsstücken im Schrank und in der Kommode und einer breiten Fensterbank mit Polster, von der aus man auf den Friedhof blickte. Kein schlechter Spruch, dachte Annie, wenn man jemanden nach Hause einladen wollte: »Komm, wir lieben uns neben dem Friedhof!« Hatte was. Dann verdrängte sie Bilder von Menschen im Bett und ging ins Wohnzimmer.
      Auf dem niedrigen Tisch vor dem Sofa lagen ein Mobiltelefon und ein Discman mit Kopfhörer. Wohin auch immer Banks gegangen war, die beiden Geräte hatte er zu Hause gelassen. Annie fragte sich, warum. Banks liebte Musik, und er war gerne immer erreichbar. Wenigstens war das früher so gewesen. Als Annie sich im Zimmer umsah, stellte sie fest, dass dort weder Bücher noch CDs waren, nur die Don Giovanni von den Kollegen, die Annie ihm ins Krankenhaus gebracht hatte. Das Geschenk war nicht einmal ausgepackt. Es gab keine Stereoanlage, nur einen kleinen Fernseher, der wahrscheinlich zur Wohnung gehörte. Annie überkam ein unbeschreiblich deprimierendes Gefühl. Sie sah nach, was auf Banks' Anrufbeantworter war. Nichts.
      Die Küche war eng und schmal, im Kühlschrank waren die üblichen Lebensmittel: Milch, Eier, Bier, Käse, Gemüse, Speck, Tomaten, eine Flasche Sauvignon Blanc und ein paar Scheiben Schinken, alles einigermaßen frisch. Immerhin aß er noch etwas. In zwei Pappkartons unter dem kleinen Esstisch standen leere Weinflaschen, die zum Container gebracht werden mussten.
      Annie warf einen kurzen Blick in Toilette und Badezimmer. Die Schränke enthielten das, was zu erwarten war. Rasierklingen, Rasiercreme, Zahnpasta und -bürste fehlten, die musste er mitgenommen haben. Unter den nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten befand sich eine drei Monate alte Packung mit starken Schmerztabletten. Banks hatte es offenbar nicht für nötig erachtet, sie einzustecken.
      Annie stand mitten im Flur und fragte sich, ob sie etwas übersehen hatte. Dann wurde ihr klar, dass hier nichts zu finden war. Es war die Wohnung eines gesichtslosen Menschen, eines Mannes ohne Interessen, Leidenschaften, Freunde, ohne Leben. Es gab nicht mal Familienfotos. Das war nicht die Wohnung von Banks. Nicht von dem Banks, den Annie kannte.
      Sie erinnerte sich an Newhope Cottage, an das Wohnzimmer mit den blauen Wänden und der Decke von der Farbe schmelzenden Bries, sie dachte an das warme orangefarbene Licht und die Abende, die sie dort mit Banks verbracht hatte. Im Winter hatte meist ein Torffeuer im Ofen geknistert, sein Geruch hatte mit dem Malt Whisky harmoniert, den Annie gelegentlich mit Banks trank. Im Sommer waren sie nach Einbruch der Dämmerung oft nach draußen gegangen und hatten sich auf die Brüstung hoch über Gratly Beck gesetzt, in die Sterne geschaut und dem Wasser gelauscht. Und immer lief Musik: Bill Evans, Lucinda Williams, Van Morrison oder Streichquartette, die Annie nicht kannte.
      Ihr traten Tränen in die Augen, sie wischte sie fort und ging nach unten. Wortlos gab sie die Schlüssel zurück und eilte davon.
     
    Banks saß in einem Pub auf der Old Brompton Road und spielte mit Roys Handy herum, machte sich mit den Funktionen und ihrer Gebrauchsweise vertraut. Er fand eine Anrufliste, die ihm die letzten dreißig eingehenden, ausgehenden und verpassten Anrufe verriet. Viele waren lediglich Vornamen, andere nur Nummern, und eine ganze Reihe eingehender Telefonate kam von »unbekannten Teilnehmern«. Der letzte Anruf war am Freitag um 15:57 Uhr an »James« herausgegangen. Banks drückte auf die »Senden«-Taste und hörte ein Telefon klingeln. Schließlich meldete sich jemand mit einem müden »Ja?«. Im Hintergrund sang David Bowie »Moonage Daydream«.
      »Ich möchte gerne James sprechen«, sagte er.
      »Am Apparat.«
      »Mein Bruder, Roy Banks, hat Sie gestern angerufen. Könnten Sie mir vielleicht sagen, um was es ging?«
      »Ja«, bestätigte James, »er hat einen Termin für nächsten Mittwoch gemacht, glaube ich. Ja, stimmt, Mittwoch um halb drei.«
      »Was für einen Termin?«
      »Zum Haarschneiden. Ich bin Roys Frisör. Wieso? Stimmt was nicht?«
      Ohne zu antworten, legte Banks auf. Zumindest
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