Inspector Alan Banks 16 Im Sommer des Todes
paranoider Verschwörungsmüll«, sagte Superintendent Gervaise. »Also wirklich, ich hätte mehr von Ihnen erwartet.«
»Nun«, fuhr Banks unbeirrt fort, »die persönlichen Habseligkeiten des Opfers fehlen, unter anderem sein Laptop und sein Handy. Barber wurde mit Sicherheit zum Schweigen gebracht.«
»Woher wissen wir denn, dass er einen Laptop und ein Handy hatte?«
»Kelly Soames, dieses Mädchen, sagt aus, dass sie die Dinge bei ihrem Besuch bei Barber sah, Ma'am«, erklärte Annie.
Gervaise runzelte die Stirn, als habe sie einen schlechten Geschmack im Mund, und klopfte mit dem Stift auf den leeren Block vor sich. »Es sind schon Menschen wegen eines Handys oder weniger getötet oder zusammengeschlagen worden. Ich bin noch nicht überzeugt, was dieses Mädchen angeht, DI Cabbot. Sie könnte lügen. Sprechen Sie noch einmal mit ihr, und finden Sie heraus, ob ihre Geschichte schlüssig ist.«
»Sie glauben doch wohl nicht, dass die Kleine ihn getötet hat, oder?«, fragte Annie.
»Ich sage nur, dass es möglich ist.«
»Aber sie arbeitete zu der Zeit im Pub. Es gibt viele Zeugen, die das bestätigen.«
»Außer als sie am Freitagnachmittag angeblich zum Zahnarzt ging, tatsächlich aber mit einem Mann im Bett lag, den sie gerade erst kennengelernt hatte, ein Mann, der nicht viel später tot aufgefunden wurde. Offensichtlich lügt dieses Mädchen wie gedruckt. Ich sage nur, dass es auffällig ist, DI Cabbot. Und die Vorgehensweise passt: Verbrechen aus Leidenschaft. Vielleicht beleidigte er sie, oder er wollte etwas von ihr, das sie abstoßend fand? Oder sie fand heraus, dass er eine Freundin hatte. Vielleicht verließ sie den Pub später für einen kurzen Augenblick, im Dunkeln. Es hätte nicht lange gedauert.«
»Das würde aber einen gewissen Vorsatz beinhalten und spräche gegen ein Verbrechen aus Leidenschaft, Ma’am«, sagte Annie. »Und in dem Fall hätte man bei ihr ziemlich sicher Blut gefunden.«
»Vielleicht staute sich dieses Gefühl, betrogen worden zu sein, in ihr an und brach dann beim Stromausfall aus, und sie ergriff die Gelegenheit, bevor Kerzen angezündet wurden? Ich weiß es nicht. Ich sage nur, dass es möglich ist und dass es mir weitaus eher einleuchtet als eine Verschwörung aus der dunklen Vergangenheit. So oder so, machen Sie diesem Mädchen mehr Druck, DI Cabbot. Habe ich mich klar genug ausgedrückt? Ach ja, DS Nowak?«
»Ja, Ma'am?«
»Sprechen Sie mit dem Pathologen, Dr. Glendenning. Schauen Sie mal, ob Sie ihn beim Todeszeitpunkt nicht ein bisschen festnageln können, ob es eine Möglichkeit gibt, dass das Opfer gegen vier Uhr getötet wurde statt zwischen sechs und acht.«
»Ja, Ma'am.« Stefan warf Annie einen kurzen Blick zu. Beide wussten nur zu gut, dass man Dr. Glendenning auf nichts festnageln konnte.
»Und holen wir den Vater des Mädchens her«, fuhr Superintendent Gervaise fort. »Er war zum Zeitpunkt des Mordes lange genug verschwunden. Falls er herausgefunden hatte, dass dieser Barber mit seiner Tochter ins Bett hüpfte, hat er möglicherweise das Gesetz selbst in die Hand genommen.«
»Ma’am?«, sagte Annie.
»Was ist, DI Cabbot?«
»Ich habe etwas versprochen. Ich meine, ich habe dem Mädchen, also dieser Kelly, zu verstehen gegeben, dass es keinen Grund für uns gibt, ihrem Vater zu erzählen, was passiert ist. Er ist scheinbar sehr streng, es könnte wirklich schlimm für sie ausgehen.«
»Umso mehr Grund, sich ihn näher anzusehen. Es ist schon schlimm für Nicholas Barber ausgegangen. Haben Sie daran schon mal gedacht?«
»Nein, Ma'am, Sie verstehen mich falsch. Ich mache mir Sorgen um die Kleine. Um Kelly. Ihr Vater wird unter die Decke gehen.«
Superintendent Gervaise betrachtete Annie kühl. »Ich verstehe ganz genau, was Sie sagen, DI Cabbot. Geschieht ihr ganz recht, wenn sie mit jedem Mann ins Bett springt, der ihr über den Weg läuft, oder?«
»Bei allem Respekt, aber es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie so etwas regelmäßig tut. Sie mochte Nick Barber einfach.«
Superintendent Gervaise sah Annie finster an. »Ich werde mich nicht über moralische Sitten streiten, schon gar nicht mit Ihnen, DI Cabbot. Hören Sie sich um! Fragen Sie nach! Das Mädchen muss noch andere Partner gehabt haben. Suchen Sie die! Und finden Sie heraus, ob sie schon mal dafür bezahlt wurde.«
»Aber, Ma'am!«, protestierte Annie. »Das ist eine Beleidigung.
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