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Inspector Alan Banks 16 Im Sommer des Todes

Titel: Inspector Alan Banks 16 Im Sommer des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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des Doppelbetts jemand gelegen, aber vielleicht schlief Nick auch nur sehr unruhig. Peter Darby hatte das Zimmer bereits fotografiert, und die Spurensicherung würde die Laken mitnehmen und untersuchen. Weder in den Schubladen des Nachttischchens noch sonst irgendwo waren Kondome zu finden. Nichts gab den kleinsten Hinweis darauf, wer oder was der mysteriöse Nick gewesen war. Allein die Taschenbuchausgabe von Ian McEwans Abbitte lag auf dem Nachttisch.
      Dem Lesezeichen nach zu urteilen, war Nick bis auf Seite 68 gekommen. Banks nahm das Buch in die Hand und blätterte darin herum. Auf dem hinteren Vorsatzblatt waren mit einem schwachen Bleistift sechs unregelmäßige Zahlenreihen notiert, manche der Zahlen waren eingekreist. Banks schlug das Buch vorn auf und entdeckte rechts oben auf der ersten Innenseite den Preis, drei Pfund fünfzig, ebenfalls mit Bleistift, aber in einer anderen Handschrift.
      Also ein Buch aus zweiter Hand. Demnach konnten es unzählige Menschen besessen und die Zahlen hinten hineingeschrieben haben. Trotzdem konnten sie etwas bedeuten. Banks rief einen Mitarbeiter der Spurensicherung zu sich, der das Buch eintüten und eine Kopie von der betreffenden Seite machen sollte.
      Frustriert, so wenig über das Opfer zu wissen, ging Banks die Treppe wieder hinunter. Meistens lieferte die Buch- oder CD-Sammlung des Opfers Anhaltspunkte, oder aber die Meinung von Bekannten, doch in diesem Fall wusste er lediglich, dass Nick das Kreuzworträtsel im Independent ausfüllte, Abbitte las, höflich, aber nicht gerade gesprächig war, legere Kleidung bevorzugte, vielleicht an Magenverstimmungen litt, Dunhills rauchte und eine Brille trug. Nichts davon half ihm bei der Frage weiter, wer Nicks Tod warum gewollt haben mochte. Geduld, befahl sich Banks, es ist noch früh, aber er spürte deutlich seine innere Unruhe.
      Um halb eins hatte er genug. Zeit, nach Hause zu gehen. Gerade als er Constable Travers bitten wollte, ihm eine Mitfahrgelegenheit zu verschaffen, tauchte Annie auf und sagte: »Es führt zu nichts, wenn wir hier noch länger herumhängen, oder?«
      »Nein«, entgegnete Banks. »Die Techniker sind bei der Arbeit, und Stefan sagt uns Bescheid, falls sich etwas Wichtiges ergibt, aber ich bezweifle, dass wir heute Nacht noch groß weiterkommen. Wieso?«
      Annie lächelte ihn an. »Ich weiß ja nicht, wie es bei dir aussieht, aber ich sterbe vor Hunger, und wenn ich mich recht erinnere, schmeckt die vegetarische Lasagne von Marks & Spencer aufgewärmt besonders gut. Du weißt ja, es heißt, eine Armee mit leerem Magen marschiert nicht gut ... oder so ähnlich.«
     
     
    * Montag, 8. September 1969
     
    Yvonne Chadwick nahm den Joint von Steve entgegen und inhalierte tief. Sie mochte das Gefühl, high zu sein. Nicht mit hartem Stoff, mit Pillen oder Spritzen, sondern mit Hasch. Mit Sex ging das auch ganz gut, und es gefiel ihr mit Steve, aber vor allem wollte sie high sein, und beides machte ihr richtig Spaß. Musik half auch. Sie hörten Hendrix' Electric Ladyland, und es klang wie aus einer anderen Welt.
      Jetzt zum Beispiel: Eigentlich hätte Yvonne in der Schule sein müssen, aber sie hatte sich den Nachmittag freigenommen. Momentan gab es sowieso bloß Spiele und Freistunden, das neue Halbjahr hatte noch nicht richtig begonnen. Nur die Straße von ihrer Schule hoch, am Springfield Mount, gab es ein Haus, in dem eine Gruppe von Hippies lebte: Steve, Todd, Jacqui, American Charlie und noch ein paar mehr, die kamen und gingen. Yvonne hatte sich mit ihnen angefreundet, nachdem sie Steve eines Abends im April im Obergeschoss des Peel in der Boar Lane kennengelernt hatte, wo sie mit ihrer Schulfreundin Lorraine gewesen war. Yvonne war im letzten Monat sechzehn geworden, ging aber mit Make-up und hohen Absätzen ohne weiteres als achtzehn durch. Steve war ein gut aussehender, sensibler Junge, der ihr sofort gefallen hatte. Er hatte ihr seine Gedichte vorgelesen, und obwohl Yvonne sie nicht richtig verstanden hatte, klangen sie in ihren Ohren sehr bedeutungsvoll.
      Es gab noch andere Häuser, die Yvonne manchmal besuchte und wo die Leute so ähnlich drauf waren - eins am Carberry Place und ein anderes in Bayswater Terrace. Sie hatte das Gefühl, dort jederzeit ein und aus gehen zu dürfen und wirklich dazuzugehören. Alle akzeptierten sie einfach so, wie sie war. Irgendjemand war immer da, der Yvonne empfing, mal mit einem Joint, mal mit einer Tasse Jasmintee. Alle mochten

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