Inspector Alan Banks 16 Im Sommer des Todes
Blue Lamps, und eine beige Cargohose. Das Haar hatte er sich kurz schneiden lassen und mit Gel bearbeitet. Banks fand, dass ihn das älter machte, wodurch er sich als Vater wiederum älter fühlte.
Emilia sah aus wie ein Model. Sie war nur wenige Zentimeter kleiner als Brian, gertenschlank und trug eine enge blaue Hüftjeans und ein knappes Oberteil. Dazwischen war viel Haut zu sehen. Ein grüner Edelstein schmückte ihren Bauchnabel. Sie bewegte sich mit träger Anmut. Ihr dunkelblondes Haar reichte über die Schultern bis auf den Rücken und fiel in ihr ovales Gesicht mit seinem feinen Teint, den vollen Lippen, der schmalen Nase und den hohen Wangenknochen. Ihre veilchenblauen Augen strahlten unnatürlich hell, was Banks auf Kontaktlinsen zurückführte. Irgendwo hatte er das Mädchen schon einmal gesehen, das wusste er. »Ich freue mich wirklich, dich zu sehen«, sagte er zu Brian, »und dich kennen zu lernen, Emilia. Tut mir leid, dass ihr mich auf dem falschen Fuß erwischt.«
»Das soll doch wohl nicht heißen, dass nichts zu essen im Haus ist, oder?«, fragte Brian. »Oder noch schlimmer: nichts zu trinken?«
»Ich habe Wein und ein paar Dosen Bier da. Aber das war's auch schon. Ach, und ein bisschen Gemüselasagne ist noch übrig.«
»Bist du unter die Vegetarier gegangen?«
»Nein. Annie war gestern Abend hier.«
»Aha«, sagte Brian. »Seid ihr wieder zusammen?«
Banks merkte, dass er rot anlief. »Sei nicht so neugierig! Nein, sind wir nicht. Können zwei Kollegen nicht einfach nur zusammen zu Abend essen?«
Grinsend hob Brian die Hände. »Schon gut. Schon gut.«
»Wir könnten doch später was essen gehen! Mittagessen im Pub, falls ich es schaffe. Wenn nicht, Abendessen. Ich lade euch ein.«
»Gut«, sagte Brian. »Ist das in Ordnung, Emmy?«
»Klar«, sagte Emilia. »Ich freue mich schon die ganze Zeit auf diesen berühmten Yorkshire-Pudding.«
»Sie haben noch nie Yorkshire-Pudding gegessen?«, staunte Banks.
Emilia errötete. »Ich habe ein sehr behütetes Leben geführt.«
»Na, da können wir Abhilfe schaffen«, sagte Banks. Er warf einen Blick auf die Uhr. »Gut, ich muss los. Ich melde mich.«
»Alles klar«, entgegnete Brian. »Sagst du uns noch, welches Zimmer wir nehmen sollen? Dann können wir unsere Sachen hochbringen.«
* Samstag, 13. September 1969
Die Sandford-Siedlung war älter als die Raynville-Siedlung und mit der Zeit auch nicht schöner geworden. Mittendrin wohnte Mrs. Lofthouse in einer Doppelhaushälfte mit Minigarten und Ligusterhecke. Auf der anderen Straßenseite stand im überwucherten Vorgarten des Nachbarn ein verrosteter Hillman Minx ohne Reifen. Im Haus nebenan waren drei Fenster mit Brettern vernagelt. Es war eine ziemlich heruntergekommene Siedlung.
Mrs. Lofthouse hatte sich jedoch bemüht, ihrem Haus mit einer Vase Chrysanthemen auf der Fensterbank und dem bunten Gemälde eines Fischerdorfs in Cornwall über dem Kamin Farbe zu verleihen. Sie war eine kleine, schmächtige Frau von Anfang vierzig. Ihr braun gefärbtes Haar hatte vor kurzem eine Dauerwelle bekommen. Chadwick sah die Trauer um ihren Mann in den Falten um Augen und Mund. Sie hatte ihn vor kurzem verloren; jetzt musste Chadwick ihr auch noch den Tod ihrer Tochter verkünden.
»Sie haben aber ein schönes Haus«, sagte er, als er sich auf den geblümten Sessel mit den Lehnenschonern aus Spitze setzte.
»Danke«, antwortete Mrs. Lofthouse. »Die Siedlung ist schlimm, aber ich tue mein Bestes. Hier wohnen auch ein paar nette Leute. Jetzt, wo Jim nicht mehr da ist, brauche ich nicht mehr so viel Platz. Ich habe mich um einen Bungalow Richtung Sherbourne-in-Elmet beworben.«
»Da ist es bestimmt ein bisschen ruhiger.«
»Es geht um Linda, nicht?«
»Wissen Sie Bescheid?«
Mrs. Lofthouse biss sich auf die Lippe. »Ich habe das Suchbild in der Zeitung gesehen. Seitdem ... seitdem will ich einfach nicht dran denken, rede mir ein, dass sie es nicht war, dass es ein Versehen ist, aber sie ist es, nicht?« Ihrem Akzent nach kam Mrs. Lofthouse aus Yorkshire, aber er war nicht so stark wie bei Carol Wilkinson.
»Wir denken schon.« Chadwick holte das Foto aus seiner Brieftasche. »Das ist leider nicht sehr angenehm«, erklärte er, »aber es ist wichtig.« Er zeigte ihr das Bild. »Ist das Linda?«
Mrs. Lofthouse hielt hörbar die Luft an und sagte dann: »Ja.«
»Sie müssten Ihre
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