Inspector Alan Banks 16 Im Sommer des Todes
zugemüllt. Am nächsten Vormittag wollte er mit Annie im Zug nach London fahren, wo sie möglicherweise mehr über Nick Barber erfahren würden. Mit Hilfe von Google hatte Annie lediglich herausgefunden, dass er für die Zeitschrift MOlO geschrieben und zwei Rockstar-Biographien verfasst hatte. Das war interessant. Banks meinte nun, den Namen im Zusammenhang mit Musik schon mal gehört zu haben, aber das brachte ihn auch nicht weiter.
Banks war gerade zu dem Entschluss gekommen, dass es Zeit zum Aufräumen sei, da klopfte es an der Haustür. Annie konnte es nicht sein, die war zu Nick Barbers Eltern nach Sheffield gefahren. Verwundert schlenderte er nach vorn und öffnete. Er staunte nicht schlecht, als er seinen Sohn Brian vor der Tür stehen sah.
»Hey, super, Dad, dass du da bist!«
»Sieht so aus«, sagte Banks. »Du hast dich nicht angemeldet.«
»Der Akku war leer, und mein Aufladegerät im Auto ist im Eimer. Tut mir leid. Aber ist doch kein Problem, oder?«
»Natürlich nicht«, sagte Banks grinsend, legte Brian die Hand auf die Schulter und ging einen Schritt zurück. »Komm rein! Ich freue mich immer, dich zu sehen.«
Hinter Brian bemerkte Banks eine Bewegung, dann trat eine junge Frau vor. »Das ist Emilia«, stellte Brian vor. »Emilia: mein Vater.«
»Hallo, Mr. Banks«, sagte Emilia und hielt ihm eine zarte Hand mit langen, schmalen Fingern und Armreifen entgegen. »Freut mich sehr, Sie kennenzulernen.«
»Können wir unsere Sachen aus dem Auto holen?«, fragte Brian. Noch immer verwirrt, erklärte Banks sich einverstanden und sah zu, wie Brian und Emilia zwei Reisetaschen aus dem Kofferraum eines roten Hondas hievten, der seine beste Zeit schon hinter sich hatte.
»Wir würden ein paar Tage bleiben, wenn das für dich in Ordnung ist«, sagte Brian, als Banks die beiden ins Haus bat. »Ich habe etwas Zeit, bevor die Proben für die neue Tour beginnen, und Emilia war noch nie in den Dales. Ich dachte, ich zeige ihr mal die Gegend. Ein bisschen wandern gehen und so - was man hier halt so macht.«
Brian und Emilia stellten ihre Taschen ab, dann holte Brian sein Handy aus der Jacke und suchte in der Seitentasche nach dem Kabel. »Kann ich das bei dir laden?«, fragte er.
»Klar«, sagte Banks und zeigte ihm die nächste Steckdose. »Kann ich euch was bringen?« Er schaute auf die Uhr. »Ich muss gleich los, aber wir können noch einen Kaffee zusammen trinken.«
»Super. Ist gut«, sagte Brian.
Emilia nickte zustimmend. Banks hatte das Gefühl, sie von irgendwoher zu kennen.
»Dann gehen wir vielleicht in den Wintergarten«, schlug er vor.
»Hoho: ein Wintergarten!«, sagte Brian.
»Halt du dich mal bedeckt«, scherzte Banks. »Ein Wintergarten ist sehr entspannend. Da kann man sich ein bisschen von der Welt zurückziehen.«
Doch Brian hatte bereits die Nase ins Medienzimmer gesteckt. »Wahnsinn!«, rief er. »Guck dir das an! Sind das die Sachen von Onkel Roy, von denen du erzählt hast?«
»Ja«, bestätigte Banks. »Deine Großeltern wollten sie nicht, von daher ...«
»Supergeil!«, sagte Brian. »Ich meine, das mit Onkel Roy ist echt traurig und so, aber schau dir mal den Plasmabildschirm an! Und die ganzen Filme! Der Porsche da draußen gehört auch dir, oder?«
»Ja, der gehörte auch Roy«, sagte Banks mit leichtem Schuldgefühl. Er ließ Brian und Emilia in seiner CD-Sammlung herumsuchen und ging in die Küche, um den Kaffeekocher einzuschalten. Dann sammelte er die Zeitungen im Wintergarten zusammen und legte sie auf einen freien Stuhl. Brian und Emilia kamen aus dem Medienraum zurück. »Für einen Streets-Fan hätte ich dich echt nicht gehalten, Dad«, meinte sein Sohn.
»Da sieht man mal, wie wenig du über mich weißt«, gab Banks zurück.
»Ja, aber Hip-Hop?«
»Recherche«, sagte Banks. »Ich muss doch wissen, wie die Gangster so ticken, oder? Außerdem ist das kein richtiger Hip-Hop. Und ich finde die Geschichte gut, die er erzählt. Setzt euch doch! Ich hole den Kaffee. Milch, Zucker?«
Beide bejahten. Banks brachte den Kaffee und nahm in dem weißen Korbstuhl gegenüber von Brian und Emilia Platz. Es konnte zwar nicht sein - Brian war schließlich schon Mitte zwanzig -, doch schien sein Sohn seit ihrer letzten Begegnung noch einmal einige Zentimeter gewachsen zu sein. Er war rund eins fünfundachtzig groß und schmal, trug ein grünes T-Shirt mit dem Logo seiner Band, den
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