Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht
überhaupt nichts zu tun, soweit ich weiß.«
»Stimmt«, sagte Banks. »Es könnten zwei verschiedene Täter sein. Wir wollen kein vorschnelles Urteil fällen, aber ich denke genau wie du, dass es Kirsten Farrow sein könnte, dass sie aus irgendeinem Grund zurückgekehrt ist, unter anderem Namen. Aber wie oder warum und wer oder wo sie ist, das entzieht sich mir. Ich weiß nicht mal, wo wir anknüpfen sollen. Sie ist vor Jahren verschwunden. Schade, dass der Australier sich nicht besser erinnern konnte.«
»Das Einzige, was ich vorschlagen kann«, sagte Annie, »ist, wieder beim Leck anzusetzen.«
»Beim Leck?«
»Ja. Das war einer unserer ersten Gedanken, als wir entdeckten, dass Karen Drew in Wirklichkeit Lucy Payne war. Wer wusste es? Und woher?«
»Und?«
»Wir haben es noch nicht herausgefunden. Unsere Leute haben die Angestellten in Mapston Hall befragt, die Kollegen aus Nottingham haben uns drüben im Krankenhaus und beim Sozialdienst geholfen. Ich meine, es ist wirklich vertrackt. Jeder könnte lügen, es ist sehr schwer zu beweisen.«
»Was wir brauchen«, meinte Banks, »ist eine Verbindung zwischen einer der Personen, die die Identität von Karen Drew kannten, und jemandem, der Kirsten Farrow oder Maggie Forrest sein könnte oder eine von beiden kennt.«
»Stimmt«, sagte Annie, »aber wie finden wir das heraus? Und woran würden wir die Person erkennen? Wir wissen ja nicht mal, wo wir nach Kirsten suchen sollen. Herrgott noch mal, wir wissen nicht mal sicher, ob sie vor achtzehn Jahren wirklich diese Männer umgebracht hat.«
»Aber dein Gefühl sagt dir doch auch, dass sie es war, oder?«
»Ja.«
»Was ist deiner Meinung nach mit ihr passiert?«
Annie überlegte eine Weile. Ihr Kopf arbeitete nur langsam, doch sie rief sich Les Ferris' Geschichte in Erinnerung und was sie seither von Keith McLaren und Sarah Bingham erfahren hatte. Dann versuchte sie, ihre Gedanken in eine halbwegs logische Folge zu bringen. »Soweit ich das zusammenpuzzeln kann«, sagte sie, »muss Kirsten irgendwie die Identität des Vergewaltigers herausbekommen haben, gab diese Information jedoch nicht an die Polizei weiter, sondern sann selbst auf Rache. Irgendwann spürte sie ihn in Whitby auf - keine Ahnung, wie - und nach einem Fehlversuch - Jack Grimley, das arme Schwein - brachte sie ihn um.«
»Und der Australier?«
»Weiß ich nicht. Wir haben darüber gesprochen. Es könnte sein, dass er kurz davorstand aufzudecken, was mit ihr los war. Wenn er wusste, dass sie zum Zeitpunkt von Grimleys Tod in Whitby war, und wenn er sie mit ihm in Verbindung bringen konnte ...? Keith McLaren erzählte mir, er hätte im Lucky Fisherman gesehen, wie Kirsten einen Mann beobachtete. Das ist ihm erst vor kurzem wieder eingefallen - deshalb empfand Kirsten ihn vielleicht als Bedrohung. Oder ...«
»Ja?«
»Also, es ist bekannt, dass er im Wald bei Staithes gefunden und vorher zusammen mit einer Frau gesehen wurde. Sagen wir, er ging mit ihr in den Wald, aber es wurde Kirsten zu viel - vergiss nicht, durch ihre Vergangenheit war sie stark traumatisiert und auch verstümmelt -, und sie brachte ihn um oder hatte es zumindest vor.«
»Selbstverteidigung ?«
»In ihren Augen ja. In unseren wohl eher eine Überreaktion. Ich glaube nicht, dass Keith McLaren ein Vergewaltiger ist.«
»Gut«, sagte Banks. »Und weiter?«
»Ich kann mir nicht vorstellen, wie es in ihr aussah, als sie ihr Vorhaben endlich in die Tat umgesetzt und Eastcote getötet hatte, aber auf keinen Fall konnte sie mit ihrem bisherigen Leben weitermachen. Eine Zeitlang hielt sie noch Kontakt, traf sich noch mehrmals mit Sarah, ihren Eltern, tat vielleicht ganz normal, aber ein paar Jahre später tauchte sie endgültig unter. Denk dran, sie war damals nicht ernsthaft verdächtig. Sie hatte ein Alibi, und soweit alle wussten, konnte sie nicht ahnen, dass es Greg Eastcote war, der sie vergewaltigt hatte. Das kam erst später heraus, als die Polizei sein Haus durchsuchte. Erst jetzt ist sie in vier Mordfällen verdächtig, von denen zwei vor achtzehn Jahren stattfanden. In der Zwischenzeit kann alles Mögliche passiert sein. Kirsten kann überall sein, alles geworden sein, alles getan haben.«
»Was wissen wir mit Sicherheit über sie?«, fragte Banks. »Dass sie jetzt - wie alt? - so um die vierzig ist.«
»Ungefähr, wenn sie 1988 gerade mit der Uni fertig wurde.«
»Und sie
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