Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht
zu suchen. Stimmt das?«
»Ja.«
»Aber es war Sonntagmorgen. Was um alles in der Welt wollten Sie am Sonntagmorgen mit irgendwelchen Lederresten?«
»Wenn man sein eigenes Geschäft hat, Mr Banks, arbeitet man zu den seltsamsten Tageszeiten. Bei Ihnen ist das sicherlich nicht anders.«
»Schon«, sagte Banks und dachte, dass er im Gegensatz zu einem Selbständigen aber keine Wahl hatte, besonders wenn es um Mord ging. »Für wen waren die Stoffmuster?«
»Für mich.«
»Warum?«
»Ein Kunde bat mich, für den Geburtstag seiner Frau eine Handtasche zu nähen, deshalb schaute ich nach, was ich dahatte.«
»Sie haben das Leder nicht im Geschäft?«
»Schon, aber nicht das, was ich suchte.«
»Wieso hatten Sie es so eilig?«
»Der Geburtstag ist am Dienstag. Es war ein Eilauftrag. Ich dachte, wenn ich schnell genug anfange ...« Randall hielt inne und rückte die Brille zurecht. »Hören Sie, Mr Banks, ich verstehe ja, dass Ihnen das sonderbar vorkommen muss, aber so ist es nicht. Ich gehe nicht zur Kirche. Ich bin nicht verheiratet. Ich habe keine Hobbys. Wenn ich nicht arbeite, weiß ich nicht viel mit meiner Zeit anzufangen, außer fernzusehen und Zeitung zu lesen. Ich hatte diesen Auftrag im Kopf, der Laden ist nicht weit entfernt, da dachte ich, ich fange besser an, als mir im Fernsehen die Nachrichten anzusehen.«
Das hätte allerdings nicht lange gedauert, wandte Banks in Gedanken ein, verstand aber Randalls Argument. »Nun gut«, sagte er. »Können Sie mir Name und Adresse der Frau nennen? Die am Dienstag Geburtstag hat?«
Randall runzelte die Stirn, gab aber Banks die Informationen.
»Hat Ihr Geschäft einen Seiten- oder Hinterausgang?«
»Nein, nur den vorne.«
»Gibt es einen Weg vom Geschäft zum Lager?«
»Nein. Man muss durch Taylor's Yard. Ich habe das Lager sehr günstig gemietet, da stört mich das nicht besonders.«
»Gut. Jetzt erzählen Sie mir bitte genau, was passiert ist«, sagte Banks. »Wie näherten Sie sich dem Lagerhaus? Was sahen Sie da?«
Randall überlegte und schaute auf das verregnete Fenster. »Ich habe mich dem Lagerhaus so genähert wie immer«, sagte er. »Ich weiß noch, dass ich mich übers Wetter ärgerte. Es gab plötzlich einen Schauer. Mein Regenschirm war am Anfang der King Street kaputtgegangen, umgeschlagen, ich wurde ganz nass.«
»Ist Ihnen irgendetwas auf dem Marktplatz aufgefallen, benahm sich jemand sonderbar?«
»Nein, alles war ganz normal. Sie glauben doch nicht ...?«
Banks wusste von Dr. Burns ziemlich genau, dass Hayley Daniels spät in der Nacht getötet worden war, aber er wollte nicht ausschließen, dass der Mörder an den Tatort zurückgekehrt war. »Kam jemand aus dem Labyrinth heraus?«
»Nein. Es liefen nur Leute in Richtung Kirche, die zu spät zur Messe kamen. Und ein paar warteten auf den Bus nach Darlington.«
»Das war alles?«
»Ja.«
»Gut. Weiter, bitte!«
»Also, wie gesagt, ich regte mich über das Wetter auf, aber es war ja nicht zu ändern. Als ich am Lager ankam, hatte der Regen aufgehört ...«
»Was fiel Ihnen zuerst auf?«
»Nichts.«
»Sie bemerkten nicht, dass dort eingebrochen worden war?«
»Nein. Die Tür war geschlossen, so wie immer. Sie geht nach innen auf. Es ist nur ein Zylinderschloss dran und ein Griff, um sie zuzuziehen.«
»Und sie war geschlossen?«
»Soweit ich sehen konnte, ja, aber ich habe gar nicht richtig drauf geachtet. Das habe ich ja schon hundert Mal gemacht. Alles lief ganz mechanisch ab. Da muss eigentlich ein kleiner Spalt gewesen sein, wenn das Schloss aufgebrochen worden war, aber mir fiel nichts auf.«
»Verstehe«, sagte Banks. »Weiter, bitte!«
»Als ich die Tür aufschließen wollte, öffnete sie sich von selbst. Anscheinend war sie nicht richtig zugezogen worden, weil das Schloss kaputt war, als ob es jemand von außen aufgebrochen hatte.«
»Musste man dafür Ihrer Meinung nach viel Kraft aufwenden?«
»Nein. Das Holz war alt, die Schrauben locker. Ich habe mir nie groß Sorgen drum gemacht, weil ich ... na ja, ich bewahre da ja nur Reste und Muster auf. Die sind nicht wertvoll. Wer soll so was stehlen wollen? Ich habe Ihnen, glaube ich, schon erklärt, dass es meistens die Reste von Aufträgen sind, aber man kann sie oft gut für Patchwork und als Muster gebrauchen, deshalb bringe ich sie einfach dahin, wenn der Korb voll
Weitere Kostenlose Bücher