Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht

bestimmt nicht. Ich hänge an meinem Leben.«
      »Trotzdem würde ich gerne mit denen sprechen. Namen?«
      »Sie machen wohl Witze. Einer hieß vielleicht Steve und ein anderer Mick.«
      »Na, super. Vielen Dank.«
      »Hab ich doch gesagt. Dürfte aber nicht zu schwer sein, die zu finden, wenn Sie es drauf anlegen. Fragen Sie einfach herum. Lyndgarth ist ein kleiner Ort, die Typen sind da bestimmt bekannt.«
      »Und Sie würden sie wiedererkennen?«
      »Ja, würde ich.«
      »Kannten Sie das Mädchen und deren Freunde?«
      »Ja, die sind schon ein-, zweimal hier gewesen.«
      »Stammgäste?«
      »Das würde ich nicht sagen, hin und wieder waren sie mal samstagabends hier. Machten aber nie Ärger.«
      »Hörten Sie irgendwas aus Taylor's Yard, während Sie die Toiletten saubermachten?«
      »Nein.«
      »Ist vorne irgendjemand vorbeigegangen?«
      »Nein, aber das hätte ich auch nicht sehen können. Ich war ja in der Toilette, auf der Seite zur Castle Road, wie Sie gesehen haben. Außerdem hab ich nicht darauf geachtet. Toiletten saubermachen verlangt wirklich die volle Aufmerksamkeit, wenn Sie mich verstehen.« Murdoch putzte das nächste Glas, kniff die Augen zusammen. »Ich kann es wirklich kaum glauben, echt.«
      »Was denn?«
      Er zeigte zu den Toiletten hinüber. »Was im Labyrinth passiert ist, während ich hier rumgeputzt hab. Das arme Mädchen. Das krieg ich echt nicht aus dem Kopf.«
      »Lassen Sie's sein«, gab Templeton zurück und ging zur Tür. »Das macht einen nur fertig.« Mit den Worten verschwand er, zufrieden mit sich selbst über diesen weisen Ratschlag. In der Tür drehte er sich noch einmal um. »Und bleiben Sie in der Nähe«, fügte er hinzu und zeigte auf Murdoch. »Ich komme vielleicht noch mal wieder.«
     
    Wie es sich für die Seniorpartnerin einer Anwaltskanzlei gehörte, war das Büro von Julia Ford größer und besser ausgestattet als das von Constance Wells. Sie hatte ebenfalls einen schönen Blick auf den Platz, aber von weiter oben, und der Raum war mit einem schweren Teakschreibtisch und einem dicken Teppich eingerichtet. An der Wand hing ein Landschaftsbild, das An-nie für ein Original von David Hockney hielt.
      Julia Ford selbst war die Eleganz in Person. Annie hatte keine Ahnung, wo sie ihr elegantes dunkelblaues Business-Kostüm und die schlichte weiße Bluse gekauft hatte, aber mit Sicherheit nicht bei Next oder Primark. Sie wettete, dass irgendwo ein Designername versteckt war und Julia Ford es bei Harvey Nichols erstanden hatte. Das glatte kastanienbraune Haar fiel ihr auf die Schultern und besaß einen Glanz, den Annie nur aus der Fernsehwerbung kannte. Julia Ford erhob sich, beugte sich über den Tisch und gab Annie und Ginger die Hand. Dann bat sie die beiden, Platz zu nehmen. Die Stühle waren gepolstert und weitaus bequemer als die von Constance Wells. Julia Ford musterte die beiden Beamtinnen mit wachsamen braunen Augen und schaute dann zu Constance hinüber, die noch in der Tür wartete. »Das ist in Ordnung, Constance, vielen Dank«, sagte sie. »Du kannst jetzt gehen.« Constance schloss die Tür hinter sich.
      Julia Ford musterte Annie und Ginger mit ihren ernsten grünbraunen Augen und legte die Hände aufeinander auf den Tisch. Keine Ringe, stellte Annie fest. »Ich habe gehört, dass Karen Drew ermordet wurde?«, sagte die Anwältin schließlich.
      »Das ist richtig«, bestätigte Annie. »Wir versuchen -«
      Julia Ford winkte ab. »Das kann ich mir vorstellen«, sagte sie, und ein Lächeln umspielte ihre schmalen Lippen. »Und ich kann mir auch vorstellen, dass Sie nicht sehr weit kommen.«
      »Es ist so wie die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen«, erklärte Annie. »Wir dachten, Miss Wells könnte uns vielleicht weiterhelfen, aber sie dachte wohl, wir sollten besser mit Ihnen sprechen.«
      »Ich dachte, Sie sollten besser mit mir sprechen. Constance hat sehr klare Anweisungen in Bezug auf Karen.«
      »Und Sie können uns helfen?«
      »Oh, ich denke, Sie werden der Meinung sein, dass ich Ihnen ganz beträchtlich weiterhelfe«, sagte Julia Ford.
      »Aber tun Sie's auch?«
      »Ob ich das tue?« Sie spreizte die Hände. »Aber natürlich. Ich habe noch nie eine polizeiliche Ermittlung behindert.«
      Annie schluckte. Julia Ford hatte den Ruf einer harten Anwältin, die alles in ihrer Macht Stehende tat, um die Polizei in Verruf zu bringen und ihre Klienten