Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht
denen?«, fragte Templeton. »Die tun ja so, als hätten sie noch nie eine schwarze Frau gesehen.«
»Haben sie vor mir wahrscheinlich auch nicht«, gab Winsome zurück.
Die Journalisten waren fort, das Haus wirkte verlassen. Die Nachricht von Hayleys Tod war gerade zwei Tage alt, und schon sah das Gebäude irgendwie hoffnungsloser aus. Als Winsome klopfte, öffnete Geoff Daniels die Tür. Sofort wandte er den Blick ab und schien sich zu schämen, wozu er jeden Grund hatte, dann trat er zur Seite und ließ die beiden Beamten herein. Donna McCarthy saß im Wohnzimmer in einem Sessel. Sie sah aus, als hätte sie seit Sonntag nicht mehr geschlafen. Die Atmosphäre war angespannt, spürte Winsome, wusste aber nicht, ob Templeton das ebenfalls bemerkte. Selbst wenn, würde er es, so wie sie ihn kannte, einfach ignorieren und trotzdem sein Ding durchziehen.
»Gibt es was Neues?«, fragte Donna. Ihr Mann ließ sich in einen zweiten Sessel am Fenster fallen. Winsome und Templeton setzten sich aufs Sofa, automatisch zog Winsome ihren Rock über die Knie. Wenn sie gewusst hätte, dass sie heute Vormittag mit Templeton unterwegs sein würde, hätte sie eine Hose angezogen. Stattdessen trug sie einen schicken Rock mit Nadelstreifen und einen dazu passenden Blazer. Sie merkte bereits, wie Templeton Donna McCarthy mit den Augen verschlang und seine Chancen abschätzte.
»Vielleicht«, sagte Templeton. »Aber wir müssen Ihnen noch ein paar Fragen stellen.«
»Aha«, entgegnete Donna.
»Sie haben DC Jackman erzählt, Sie hätten von keinem besonderen Freund von Hayley gewusst, meinten aber, sie sei sexuell aktiv gewesen. Stimmt das?«
Donna drehte an ihrem Ehering. »Also ... ich ...«
»Stimmt das, Donna?«, mischte sich Daniels ein, rot vor Wut. »Hast du der Polizei etwa gesagt, meine Tochter wäre so was wie eine Nutte?«
»So was habe ich nicht gesagt«, erwiderte Donna.
»Sie haben gut reden«, sagte Templeton zu Daniels, »wo Sie ans Bett gefesselt waren und so eine junge Schlampe auf Ihren Kronjuwelen rumhüpfte.«
»Wie bitte?«, fragte Donna und schaute ihren Mann an. »Was redet er da?«
»Soll das heißen, Sie wissen es nicht?«, sagte Templeton mit ungläubigem Staunen. »Hat er es Ihnen nicht erzählt?«
»Ich fand, es wäre nicht -«, begann Winsome.
»Also ehrlich«, unterbrach Templeton und winkte ab. »Ich finde, das sollten Sie wissen.«
»Was denn?«, fragte Donna. »Wovon reden Sie da?«
»Als wir Ihren Mann fanden, war er auf keiner Konferenz, höchstens auf einem Perversentreffen. Er war an ein Hotelbett gefesselt, während sich eine nackte junge Dame mit ihm vergnügte. Unsere Winsome hatte einen Platz in der ersten Reihe, nicht wahr, Schätzchen?«
»Sie Schwein!«, rief Daniels. »Dafür kriege ich Sie dran.«
»Stimmt das, Geoff? Wer war diese Frau? Diese kleine Schlampe aus dem Büro, die für alle die Beine breitmacht?«
Winsome verdrehte die Augen. »Bitte beruhigen Sie sich«, sagte sie. »Es tut mir leid, das müssen Sie später unter vier Augen ausmachen. Wir haben hier Wichtigeres zu besprechen. Und niemand hat behauptet, Ihre Tochter hätte wahllosen Geschlechtsverkehr gehabt, Mr Daniels.«
»Sie war unschuldig«, sagte Daniels. »Unschuldig. Ein Opfer. Haben Sie das verstanden?«
Winsome nickte, merkte aber, dass Templeton den nächsten Angriff vorbereitete. Kein gutes Zeichen. »Sicher«, begann er. »Und ich wollte auch nicht andeuten, dass Ihre verstorbene Tochter die Matratze der ganzen Stadt war. Das war nicht meine Absicht. Es geht darum, dass uns zu Ohren gekommen ist, sie könnte heimlich einen Freund gehabt haben. Wir fragen uns, ob Sie uns Näheres dazu sagen können.«
»Was für einen Freund? Wer hat das gesagt?«, rief Daniels.
»Es ist unwichtig, wer das gesagt hat«, erwiderte Templeton. »Stimmt es?«
»Woher sollen wir das wissen?«, erwiderte Donna und schaute ihren Mann böse an. »Wenn sie es doch geheim gehalten hat.«
»Was meinen Sie denn?«, fragte Templeton. »Gab es vielleicht Hinweise, blieb sie längere Zeit ohne Erklärung fort, wollte nicht sagen, wo sie hinging, kam sie manchmal nachts nicht nach Hause?«
»Wenn sie abends in Eastvale ausging, übernachtete sie öfter bei Freunden vom College.«
»Ich weiß«, sagte Templeton. »Sie wollte nicht mehr fahren, weil sie vorhatte, sich besinnungslos zu betrinken. Wissen Sie, dass man
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