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Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht

Titel: Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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wird schon schnell genug Wind davon bekommen. Detective Superintendent Brough versucht, sie schon am Pass abzufangen. Er hat für heute Nachmittag eine Pressekonferenz einberufen.«
      »Du erwartest hoffentlich nicht von mir, dass sie mir leidtut«, sagte Banks.
      »Ich hatte immer das Gefühl, dass deine Beziehung zu ihr kompliziert war«, sagte Annie. »Auch deshalb bin ich zu dir gekommen.«
      »Kompliziert? Mit der Freundin des Teufels? Die hat mir nur einen wirklich tollen Song von den Grateful Dead für immer vermiest. Wenn ich das Lied heute höre, sehe ich immer ihr Gesicht und die Leichen im Keller vor mir.«
      »Alan, ich bin's, Annie! Ich bin nicht Jim Hatchley. Du brauchst mir nicht den harten Kerl vorzuspielen.«
      Banks trank einen Schluck Bier. Annie beobachtete ihn und versuchte, seine Gedanken zu lesen. Es gelang ihr nie. Er selbst glaubte, leicht durchschaubar zu sein, aber tatsächlich war er so undurchsichtig wie naturtrübes Bier.
      »Sie war eine komplizierte Frau«, bemerkte Banks. »Aber eine Mörderin.«
      »Eine junge, schöne Mörderin«, fügte Annie hinzu.
      »Stimmt«, bestätigte Banks. »Willst du damit sagen, das hätte mein Urteilsvermögen beeinträchtigt?«
      »Ach, komm! Ich weiß nicht, wann die Schönheit einer Frau das Urteilsvermögen von Männern nicht beeinträchtigt hätte! Da brauchst du nicht mal bis zur schönen Helena zurückzugehen.«
      »Ich war nicht ihr Fürsprecher, falls du dich erinnern kannst«, sagte Banks. »Was mich betraf, war sie genauso schuldig wie ihr Mann. Ich wollte, dass sie dafür bestraft wurde.«
      »Ja, das weiß ich, aber du hast Lucy Payne verstanden, oder?«
      »Nicht eine Minute.« Banks überlegte. »Ich will nicht sagen, dass ich es nicht gewollt oder sogar versucht hätte, aber das hatte nichts mit ihrem Aussehen zu tun. Wenn ich sie besuchte, hatte sie sowieso den ganzen Kopf verbunden. Aber wenn man hinter die Fassade schaute, war da nur ein tiefer, schwarzer Abgrund. Gut, ich gebe zu, dass sie als Mörderin eine komplexe, interessante Persönlichkeit hatte. Aber so was haben wir beide schon kennengelernt.«
      »Touché«, sagte Annie und dachte an Phil Keane, der vor etwas mehr als einem Jahr so verheerenden Einfluss auf ihr und Banks' Leben genommen hatte, dass sie noch immer unter den Folgen litten, besonders wenn man Annies jüngstes Verhalten als Anhaltspunkt nahm. Der charmante Psychopath Keane hatte Annie benutzt, um Einblick in die Ermittlungen eines Verbrechens zu erhalten, das er selbst begangen hatte. Als er kurz vor der Enttarnung stand, hatte er Banks beinahe umgebracht.
      »Aber Lucy Payne hatte eine ganz schlimme, sozial völlig gestörte Kindheit«, fuhr Banks fort. »Damit will ich nicht entschuldigen, was sie getan hat, es auch nicht erklären, aber kann man es überhaupt verarbeiten, wenn man in einem Käfig gehalten wird und Tag für Tag, Jahr für Jahr von der eigenen Familie sexuell missbraucht wird?«
      »Das Opfer wird selbst zum Täter?«
      »Ich weiß, das ist ein Klischee, aber ist das nicht oft so? Egal, du bist nicht hier, weil du meine Theorien über Lucy Payne hören willst. Irgendwie war der Tod bestimmt eine Erlösung für sie.« Banks hob das Glas, als wolle er anstoßen, und trank dann.
      »Stimmt«, sagte Annie. »Worauf ich hinauswill, ist, dass ich den ganzen Fall noch mal durcharbeiten muss, wenn ich überhaupt eine Chance haben will, den Mörder zu finden.«
      »Und wieso solltest du das wollen?«
      »Ich kann nicht anders«, sagte Annie. »Ich kann gar nicht glauben, dass du mich das überhaupt fragst.«
      »Du hast sie für ebenso schuldig gehalten wie ich.«
      »Stimmt«, sagte Annie. »Und? Deshalb will ich ihren Mörder nur umso lieber fassen.«
      »Um zu beweisen, dass du deine eigenen Vorurteile überwinden kannst?«
      »Was ist so schlecht daran? Auch wenn ich es nie gesagt habe: Ich hab mich gefreut, als sie den Unfall hatte und gelähmt war. Der Tod wäre zu einfach für sie gewesen. Gelähmt musste sie mehr leiden, und ein Teil von mir fand das gerecht, wenn man bedenkt, was sie diesen armen Mädchen angetan hatte. Karma, wenn du so willst.«
      »Und der andere Teil von dir?«
      »Der sagt mir, was das für eine selbstgerechte Scheiße ist. Egal was sie getan hat, egal was sie war - Lucy Payne war ein Mensch. Unsere Gesellschaft akzeptiert die Lynchjustiz nicht mehr, trotzdem hat jemand das Gesetz in die Hand

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