Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger
sollte. Selbst wenn er sich auf die rudimentärsten Informationen beschränkte, stand er wie ein Idiot und Feigling da. Er legte die zuckenden Hände auf die Knie.
»Sie sagten, es sei wegen heute abend«, brachte Rex sich in Erinnerung.
»Ja.« Gerald machte den Eindruck eines Nichtschwimmers am Rand des Sprungbretts. »Tatsache ist, daß ich Max Jennings vor Jahren gekannt habe. Es gab gewisse Unstimmigkeiten, und wir sind im Bösen auseinandergegangen.«
»Das kommt vor.« Rex verbarg taktvoll seine Neugier für eine Geschichte, die pikante Enthüllungen zu versprechen schien. Nur sein aufrichtig mitfühlendes, freundliches Naturell hielt ihn davon ab, zu weit vorzupreschen.
»Mal ganz ehrlich ...«, fuhr Gerald fort. »Ich habe keine Sekunde damit gerechnet, daß er annehmen würde, wenn er meine Unterschrift unter der Einladung sieht.« Und auch die ganze Mühe mit den Formulierungen war für die Katz gewesen. »Ich kenne seine Beweggründe nicht. Er kann sehr ... unberechenbar sein. Der Punkt ist, Rex ...« Seine Stimme klang vor Nervosität ganz fremd. »... ich möchte auf keinen Fall mit ihm allein sein.«
»Mehr brauchen Sie nicht zu sagen. Ist doch Ehrensache!« Rex' Augen glänzten. »Aber was kann ich da tun?«
»Ist eigentlich ganz einfach. Sie gehen nicht, bevor er nicht gegangen ist.«
»Kein Problem.« Rex zögerte. »Schätze, Sie wollen lieber nicht sagen ...«
»Nein, lieber nicht.«
»Geht in Ordnung.«
»Macht es Ihnen auch wirklich nichts aus, Rex?«
»Aber ich bitte Sie!«
»Es könnte immerhin ziemlich peinlich werden. Die Sache einfach auszusitzen, meine ich. Nachdem alle anderen gegangen sind.«
»Glauben Sie denn wirklich, daß es soweit kommt?«
»Ja.«
Natürlich hätte er nie schreiben dürfen. Das war sein größter Fehler gewesen. Er hätte der Gruppe einfach sagen müssen, er habe nachgefragt und eine abschlägige Antwort bekommen. Das hätte niemanden überrascht. Und wenn sie den Brief hätten sehen wollen, was üblich war, hätte er behaupten können, daß Mr. Jennings Sekretärin die Einladung telefonisch abgelehnt habe. Er hatte sich nur durch Brians Angebot, selbst zu schreiben, ins Boxhorn jagen lassen. Gerald merkte, daß Rex etwas sagte.
»Wie bitte?«
»Ich fragte, was ist, wenn er vor allen anderen auftaucht?«
»Unmöglich. Ich habe zwanzig Uhr statt neunzehn Uhr dreißig auf die Einladung geschrieben. Und sollte er trotzdem ...« Nicht einmal vor Rex konnte Gerald zugeben, daß er sich in diesem Fall so lange verstecken wollte, bis das erste Clubmitglied auftauchte.
»Schade, daß Sie mir das nicht früher gesagt haben, Gerald. Wir hätten uns auch woanders treffen können.«
»Das hätte nichts gebracht. Und auf diese Weise kann ich die Dinge wenigstens steuern....«
»Möchten Sie vielleicht bei mir übernachten ... ?«
Gerald schüttelte heftig den Kopf. »Ist am besten, wir machen es so, wie ich gesagt habe. Einverstanden?«
»Einverstanden.«
Gerald stand steifbeinig auf und ging zur Tür. Und obwohl er wußte, daß er sich die Worte getrost hätte sparen können, fügte er hinzu: »Ich brauche wohl kaum zu betonen ...«
»Natürlich bleibt die Sache strikt unter uns. Soll ich dann um sieben zu Ihnen kommen? Ich meine nur für alle Fälle.«
»Ja. Gute Idee.« Gerald brachte ein humorloses Lächeln zustande. »Und ... Danke.«
Rex geleitete den Besucher den Gartenweg entlang und durch die Pforte. Montcalm, der annahm, daß ein Spaziergang bevorstand, sprang begeistert nebenher. Gerald ging mit schleppenden Schritten, die Schultern gebeugt. Nicht einmal Rex' Bemerkung, er habe gerade glücklicherweise den Besuch von Honoria Lyddiard verpaßt, die in diesem Moment auf ihrem Fahrrad in die entgegengesetzte Richtung davonfuhr, konnte ihn aufheitern. Zurück im Haus kochte Rex Kaffee und setzte sich an seinen Schreibtisch. Natürlich nicht, um zu arbeiten. Die Hyäne hatte für diesen Tag ihre Faszination verloren. Das wirkliche Leben war diesmal aufregender als die Abenteuer seines Helden. Ausgerechnet der gute alte Gerald ... hatte eine Vergangenheit. Wer hätte das gedacht?
Rex war versucht, sich zur nahen Telefonzelle zu schleichen, beherrschte sich jedoch eisern. Er mußte sein Versprechen halten. Zumindest bis der Abend vorbei war. Er sah auf die Uhr. Noch siebeneinhalb Stunden. Wie zum Teufel sollte er die
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