Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger
und griff erneut nach der Flasche. »Worüber denn?«
Ihre Worte klangen fast wie Schluckauf: >Wo-ü-be<. Sie erklomm mit Mühe einen Barhocker und betrachtete gelangweilt die beiden Besucher.
»Ist er denn zu Hause?« wollte der Chefinspektor wissen und versuchte insgeheim, das Alter der Frau zu schätzen. Ihre Gesichtshaut wirkte im Vergleich zu den Muskeln an ihren Waden und der Innenseite ihrer Schenkel unnatürlich straff. Die Handrücken waren von dicken Adern durchzogen, und ihre Augen, obwohl in faltenfreier Umgebung angesiedelt, hatten den müden, illusionslosen Blick eines Menschen, für den das Leben nichts mehr bereithielt.
»Nein.« Ohne das weiter auszuführen, trank sie ungerührt weiter.
»Und wann erwarten Sie ihn zurück, Mrs. Jennings?« Troys Erregung flaute allmählich ab, als er die kleine Fettrolle um die Taille seiner Göttin entdeckte. Der müde, abgebrühte Ausdruck ihrer Augen gab ihm den Rest.
»Nicht die leiseste Ahnung«, erwiderte sie mit leichtem Zungenschlag.
»Können Sie uns dann vielleicht sagen, wann er gestern nacht nach Hause gekommen ist?«
»Habe mir gestern drei Traumpillen reingeworfen. Ich hätte nicht mal den Weltuntergang gemerkt vorige Nacht.«
»Diese Versammlung, bei der er gewesen ist ... in Midsomer Worthy?« Sie antwortete nicht, sondern musterte Barnaby nur aus schmalen Augen, so als nähme sie ihn erst jetzt richtig wahr. »Hat er mit Ihnen überhaupt darüber gesprochen?«
»Nein.« Sie schaufelte mehr Eis nach, ersäufte es in Gin und krönte das Gebräu mit einem Hauch aus der Plastikzitrone. Gluck-gluck-gluck, machte es.
»War aber nicht so, oder?«
»Wie bitte?«
»Gestern nacht.«
»Was denn, Mrs. Jennings?«
»Der Weltuntergang.«
»Nein.«
»Mein beschissenes Glück. Wie immer!«
»Haben Sie einen Tip für uns, wo wir Ihren Mann erreichen könnten?« fragte Troy Sie schien die Frage überhaupt nicht zu verstehen. Die entzauberte Göttin konnte bei ihm keinen Blumentopf mehr gewinnen. Übertrieben laut fuhr er fort: »Wo ist er denn hin?«
»Finnland.«
»Finnland!«
»Bücher signieren.«
»Wie lange?«
»Fragen Sie seine sogenannte Sekretärin. Die dralle Barbara. Sind wie Pech und Schwefel die beiden.«
»Wissen Sie, wann er abgereist ist?«
»Fragen Sie lieber Stavros. Ohne ihn geht hier gar nichts. Warmes Frühstück, hübsche saubere Klamotten, perfekte Pool-Pflege. Ein Jammer, daß er so eine verdammte Niete im Bett ist.«
Sie wandte ihnen den Rücken zu. Barnaby bedankte sich, machte auf dem Absatz kehrt, köpfte dabei eine feuerrote Blüte und ging.
»Kein Wunder, daß er sich abgesetzt hat«, bemerkte Troy, als sie sich auf die Suche nach dem Butler machten. Der Sergeant hatte für neurotische Frauen nichts übrig. Genausowenig wie für neurotische Männer, wie man fairerweise hinzufügen muß. Troy mochte schlichte, unkomplizierte Zeitgenossen.
»Dieses Heckmeck« - er meinte damit das Signieren von Büchern - »komische Art, 'ne Fliege zu machen? Bißchen überspannt, oder?«
»Wenigstens hat er sich in ein Land abgesetzt, mit dem wir ein Auslieferungsabkommen haben.« Barnaby lief der Schweiß in Strömen übers Gesicht. Seine Kleidung klebte am Körper. »Dem Himmel sei Dank, daß wir aus diesem Sumpf endlich raus sind!«
Sie entdeckten den Butler schließlich in einer Küche, die an Perfektion nicht zu überbieten war. Es war kaum vorstellbar, daß dieser High-Tech-Raum allein zur Vorbereitung von Mahlzeiten dienen sollte.
Stavros saß an einem Tisch aus rostfreiem Stahl und las die Taxytbromos.
»Mr. Stavros?« begann Troy.
»Stavro.«
»Wie bitte?«
»Ich heiße Stavros Stavro.«
»Oh, ja richtig. Also, Mr. Stavro, wir möchten gern mit Ihnen reden.«
»Bin ganz legal hier.« Der Grieche stand hastig auf und klappte seine Illustrierte zu. »Visum, Papiere, alles, für sechs Monate. Ich zeige Ihnen ...« Er wollte die Küche aufgeregt verlassen.
»Darum geht es gar nicht«, hielt ihn Barnaby zurück. Wir haben nur ein paar Fragen über Mr. Jennings. Zum Beispiel ... waren Sie hier, als er letzte Nacht nach Hause gekommen ist?«
»Ich warten immer, bis er zu Hause ist. Das Tor wird von innen geöffnet.« Stavros rollte das R.
»Und wann würden Sie sagen, ist das gewesen?«
»Gegen ein Uhr.«
»Und in welcher Verfassung war er?« Stavros
Weitere Kostenlose Bücher