Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger
dahinter.«
»Ich persönlich tippe auf letzteres.«
»Warum?«
»Hm ... bin mir nicht sicher.«
Troy wußte natürlich, daß eine solche Antwort in seinem Job nicht akzeptabel war. Jede Aussage mußte fundiert sein. Nach Gefühl und Wellenschlag zu urteilen konnte sich als tödlich herausstellen.
»Das einzige Motiv für kalte Berechnung wäre die Absicht, die Identität des Opfers zu vertuschen«, schob er daher hastig nach. »Aber das hätte in diesem Fall keinen Sinn gemacht.«
»Aber nehmen wir mal an, Jennings ist unser Mann. St. John hat ihn durchs Küchenfenster beobachtet. Und da schien er überhaupt nicht wütend zu sein.«
»Ein Wutausbruch kann Sekundensache sein.« Troys Augen wurden schmal bei der Erinnerung an den Morgen. »Ich zum Beispiel war heute schon halb aus der Tür, als ...«
»Bleiben wir sachlich, Gavin. Ich habe das Gefühl daß Hadleigh nicht physisch sondern psychisch Angst vor diesem Mann hatte. Daß er möglicherweise fürchtete, mit schmerzlichen Erinnerungen konfrontiert zu werden.«
Troy hätte gern gefragt, worauf Barnaby dieses >Gefühl< stützte, sagte jedoch laut:
»Was ist, wenn genau das der Punkt war, Chef? Ich meine, daß Jennings Hadleigh durch die Mangel gedreht ... ihn mit Dingen aus alten Zeiten gequält hat? ... Hadleigh ist daraufhin wütend geworden, hat sich den Kerzenleuchter gegriffen und ist auf Jennings losgegangen. Dieser hat ihm die Waffe aus der Hand gerissen und ihn in Notwehr umgebracht.«
»Also kein Mord sondern Totschlag?«
»Richtig.«
»Hm, und wie paßt Jennings geschickt vorbereiteter Fluchtplan dazu? Und wo sollte die Situation denn eskaliert sein?«
»Könnte überall gewesen sein.«
»Hadleigh ist im oberen Stock getötet worden.«
»Im Streit könnte der eine nach oben gestürmt und der andere ihm gefolgt sein.«
»Hadleigh war aber nur mit einem Bademantel bekleidet«, gab Barnaby weiter zu bedenken.
»Na gut. Vielleicht war in diese schmerzlichen Erinnerungen< engerer Körperkontakt eingeschlossen.« Troy machte eine eindeutige Geste. »Die beiden wollten möglicherweise um der alten Zeiten willen ein letztes Mal...«
»Und worauf, bitteschön, stützen Sie diese Vermutung?« Barnaby sah, wie Troys Backenmuskeln zuckten. Er starrte beleidigt auf seine glänzenden Stiefel. »Ich will Sie nicht vorführen, Sergeant.«
»Nein, Sir.« Nur ein bißchen, dachte Troy
»Es ist wichtig, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Oder leichtfertige Theorien zu konstruieren. Besonders dann nicht, wenn die eine oder andere einem so schön in den Kram passen könnte.«
Troy schwieg. Der Zug um seinen Mund wurde hart.
»Sie müssen lernen, gegen sich selbst zu argumentieren. Wenn Sie recht haben, festigt das Ihre Theorie. Liegen Sie dagegen falsch, kann es verhindern, daß Sie später einen Affen aus sich machen.«
»Ja, natürlich.« Troys Miene hellte sich wieder etwas auf. »Ich weiß das ... wirklich ... aber bei Jennings ... Sie müssen zugeben, es spricht alles gegen ihn.«
»Tja, sieht tatsächlich so aus«, erwiderte der Chefinspektor. »Trotzdem macht es mich immer mißtrauisch, wenn ich was auf dem Tablett serviert bekomme. Also, was machen wir, Sergeant?«
»Wir bleiben nach allen Seiten offen«. Troy versuchte zwar Respekt zu demonstrieren, aber sah doch nur so aus, als verzehre er sich nach einer Zigarette.
»Ist denn die Meute vom Außendienst wieder da?«
»Bis auf den Klugscheißer Harry und seine Partner. Aber die sind auch auf dem Weg.«
»Für Sie ist er noch immer Inspektor Meredith, Sergeant.«
»Will's mir merken, Sir«, erwiderte Troy grinsend.
»Okay, also in einer halben Stunde zum Rapport.«
Rex saß an seinem Schreibtisch und starrte in das leere Fach, das seine eiserne Ration enthalten hatte. Chips, Kekse (süß und salzig), Schokolade, Bonbons, Perlzwiebeln ... er hatte fast alles verschlungen. Mit Montcalms Hilfe, versteht sich.
Drei Röhrchen Smarties waren noch übrig. Rex pulte den kleinen, runden Plastikdeckel mit seinem gelblichen Fingernagel ab. Woraufhin der Hund sein sabberndes Maul öffnete, in das Rex die Smarties hineinschüttete. Der Kiefer klappte wieder zu. Es folgte ein einmaliges Knirschen, dann ein geräuschvolles Schlucken, und das Maul stand erneut offen. Es war eine unglaubliche Prozedur. Wie die Fütterung einer Maschine. Öffnen, kauen, schlucken,
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