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Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

Titel: Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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      Rex, dem die sonst so flauschig elektrisierte Haarpracht traurig am Schädel klebte, griff nach dem zweiten Röhrchen, stand auf und starrte selbstvergessen auf die geschlossenen Vorhänge. Tatsache war, daß er nicht wußte, was er mit sich anfangen sollte. Er hatte weder Interesse am Untergang von Byzanz noch fürs Kartenstudium oder raffinierte neue Schlachtordnungen auf dem Reißbrett. Nicht einmal seine Orden und Abzeichen lockten zum Polieren, und sogar sein Lexikon über >Waffensysteme und Militärische Fachsprache< übte zum ersten Mal keinerlei Faszination auf ihn aus. Rex stand ganz unter dem deprimierenden Einfluß seines Schuldbewußtseins.
      Hätte ich mich doch nur sofort gewehrt, als er mich ausgeschlossen hatte, stöhnte er stumm. Warum war er nicht durch die Küchentür wieder ins Haus gegangen? Alles wäre besser gewesen, als wie ein ängstliches Kaninchen davonzulaufen. Selbst zehnjährige Tamburine hatten im Gefecht mehr Mut bewiesen. Rex schämte sich zutiefst seiner Unbeholfenheit, die ihn davon abgehalten hatte, hartnäckig an seiner Aufgabe festzuhalten. Nur wegen dieser Unzulänglichkeit war ein Mann gestorben.
      Hätte er nach seiner Rückkehr nach Hause bloß mit jemandem gesprochen. Mit irgend jemandem. Gerald hätte sicher verstanden, daß er in diesem Fall sein Versprechen hätte brechen müssen. Schließlich wäre es nur um sein Wohl gegangen. Und warum war er nicht mit Montcalm zu Gerald zurückgekehrt. Der Hund hätte gebellt, gekratzt und geknurrt, bis jemand geöffnet hätte. Ganz bestimmt hätte er sich dann nicht voreilig wieder in die Sicherheit seiner Behausung zurückgezogen.
      Die schwerwiegendste Frage, die er sich stellte, war jedoch die, weshalb er sich so schnell vom Anblick eines entspannt wirkenden, lächelnden Max Jennings hatte täuschen lassen.
      Erst rückblickend war Rex der Verdacht gekommen, daß Max den heimlichen Beobachter bemerkt und sich um seinetwillen verstellt haben könnte. Vielleicht war Gerald zu diesem Zeitpunkt auch schon nicht mehr Herr seiner selbst gewesen, sondern hatte verwundet oder gefesselt und geknebelt irgendwo gelegen, wo Rex ihn hatte nicht sehen können.
      Rex zitterte bei dieser Vorstellung. Ihm fröstelte. Es war Schlafenszeit, und er hatte vergessen, seine Wärmflasche zu füllen bzw. den kleinen Elektroofen in seinem Schlafzimmer einzuschalten. Er spürte Montcalms Kopf mit dem noch speichelfeuchten Bart dankbar an seinem Knie.
      Er öffnete die beiden letzten Smarties-Röhrchen und verteilte sie. Dabei wünschte er sich, all die bitteren Grübeleien laut aussprechen, seine Sorgen und Ängste jemandem mitteilen zu können. Aber eine schlichte Hundeseele durfte man nicht mit solchen Problemen belasten. Montcalm hätte das alles nur unnötig deprimiert.
      Es gab freilich noch einen anderen Grund, Montcalm nicht weiter zu belasten. Rex erhob sich steifbeinig. Er wollte vermeiden, daß der Hund erfuhr, was für einen bangbüxigen Herrn er hatte. Einen Herrn, für den er sich schämen mußte.
     
    Amy saß direkt neben einem der Heizgitter, das jedoch nichts zu ihrem Wohlbefinden beitragen konnte. Honoria, die mit durchgedrücktem Rücken stocksteif an ihrem Schreibtisch neben dem Kamin thronte, studierte im Licht einer alten Lampe eines von vier Waffenblättern. Das Buch war in einem Paket von der London Library gekommen. Die Mitgliedschaft bei dieser Institution war zwar teuer, galt jedoch angesichts der Bedeutung für ihre Arbeit nicht als extravagant. Ganz im Gegensatz zu Amys Verbrauch an Papier und Stiften.
      Honoria bediente sich auch der Leihbibliothek in Ux-bridge. Bei diesen Besuchen trug sie stets eigens für diesen Zweck angeschaffte Baumwollhandschuhe. Bücher von dort lieh sie grundsätzlich nicht aus. Man konnte schließlich nie wissen, wer sie schon alles in der Hand gehabt hatte. Bereits Marie Corelli, die Schriftstellerin aus dem vorigen Jahrhundert, hatte die Meinung vertreten, daß man der Arbeiterklasse die Nutzung solcher Institutionen verwehren müsse, um die Verbreitung ihrer schmutzigen Bakterien zu vermeiden. Honoria hätte dieses Ansinnen jederzeit unterstützt, so daß Amy ihre Bücher sicher unter Verschluß in ihrem Zimmer hielt.
      »Sieh dir das mal an!« zischte Honoria und entblößte ihr kamelartiges Gebiß von der Farbe alter Klaviertasten.
      Sie schien Selbstgespräche zu führen. Um auf Nummer Sicher zu

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