Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck
die Augen des Chefs neugierig aufblitzten.
»Hat sie gesagt, was er wollte?«
»Irgendwas von wegen das Haustelefon ginge nicht. Völliger Unsinn.«
Barnaby wartete einen Augenblick, doch als offenbar nichts mehr zu dem Thema kam, lenkte er das Gespräch wieder auf Carlotta.
»Wissen Sie irgendwas über den Hintergrund dieses Mädchens? Vielleicht wo sie ursprünglich herkam?«
»Sie kam daher, wo sie alle herkommen. Von diesem Wohltätigkeitsverein, mit dem der Pfarrer zu tun hat.« Hetty trank einen Schluck von ihrem Tee und schob die Haselnusskekse in Sergeant Troys Richtung. »Wenn Sie meine Meinung hören wollen, ist das rausgeschmissenes Geld. Warum kann es nicht anständigen jungen Leuten zugute kommen, die versuchen, was aus sich zu machen?«
»Da haben Sie Recht, Mrs. Leathers.« Sergeant Troy nahm sich drei Kekse auf einmal.
»Ich hab gehört, dass Carlotta nach einem Streit weggelaufen ist«, sagte Barnaby. »Wissen Sie zufällig, worum es da ging?«
»Nein, und wenn ich es wüsste, würd ich es Ihnen nicht sagen. Ich rede nicht hinter ihrem Rücken über Mrs. Lawrence.«
»Ich würde nicht erwarten ...«
»Diese Frau ist ein Engel. Was die schon alles mitmachen musste.«
Die legte sich aber mächtig ins Zeug. Kurze Zeit herrschte Schweigen. Barnaby nahm die letzte Bemerkung nickend zur Kenntnis und machte ein äußerst mitfühlendes Gesicht. Troy zwinkerte lächelnd dem Hund zu, der gerade aufgewacht war. Candy gähnte. Der Chief Inspector stellte vorsichtig eine weitere Frage.
»Hat Carlotta schon mal Besuch gehabt? Freunde oder Verwandte?«
»Nicht, dass ich wüsste. Sie hat ab und zu einen Brief bekommen - Luftpost, aus dem Ausland. Ich sag Ihnen aber nicht, was sie damit gemacht hat.«
Das war eindeutig eine leere Drohung. Beide Polizisten warteten geduldig.
»Gleich ins Feuer geschmissen«, sagte Hetty
»Du lieber Himmel«, sagte Barnaby
»Noch nicht mal aufgemacht. Ich hab einmal zu ihr gesagt, das könnte doch was Wichtiges sein. Wenn nun jemand gestorben wäre?«
»Wie hat sie darauf reagiert?«, hakte Troy nach.
»Hat mir gesagt, ich solle mich um meinen eigenen Kram kümmern.« Hetty stand hastig auf und räumte die Teetassen zusammen. »Ich muss weitermachen.«
Unter Troys wehmütigem Blick beförderte sie die restlichen Kekse zurück in die Dose, dann trug sie die Teekanne zum Spülbecken. Barnaby vermutete, dass sie, obwohl sie eigentlich sehr wenig gesagt hatte, sich bereits Sorgen machte, sie hätte zuviel gesagt. Hätte sich vielleicht illoyal verhalten. Er beschloss, es zunächst dabei bewenden zu lassen. Sollte er noch einmal mit ihr reden müssen, würde er es bei ihr zu Hause tun, da fühlte sie sich vielleicht weniger unter Druck. Troy steckte sein Notizbuch wieder ein und fing an, seine Jacke zuzuknöpfen.
»Haben Sie eine Ahnung, wann Mrs. Lawrence zurück sein könnte?«
»Müsste eigentlich bald kommen«, sagte Hetty. Sie hatte die Wasserhähne voll aufgedreht, so dass Barnaby die nächsten Worte nicht hörte. »Sie musste zur Bank.«
Er wartete, bis sie sie wieder zugedreht hatte, dann fragte er, ob er sich kurz in Carlottas Zimmer umsehen dürfe.
Es folgte ein zutiefst verlegenes Schweigen. Schließlich sagte Hetty, ohne ihn anzusehen: »Ich möchte ja nicht unhöflich sein, Inspector, aber sollten Sie da nicht so ein ... äh ....«
»Ich werde im Laufe des Tages einen Durchsuchungsbefehl bekommen, Mrs. Leathers, aber es würde uns wirklich Zeit sparen, wenn wir jetzt schon mal...«
»Ich glaube nicht, dass das dem Reverend gefallen würde.«
Er wird sich damit abfinden müssen, dachte Sergeant Troy und stellte sich genüsslich vor, wie Lionel seinen Ärger herunterschluckte. Fast wünschte er sich, dass Mrs. L hart bleiben würde. Doch er wurde enttäuscht.
»Er wird gar keine andere Wahl haben«, gab Barnaby zu bedenken, »wenn wir am Nachmittag zurückkommen.«
»Nun ... dann sollte ich wohl dabeisein«, sagte Hetty und fügte hastig hinzu: »Nichts für ungut.«
»Wir würden sogar erwarten, dass Sie mitkommen«, versicherte ihr Sergeant Troy.
Und Barnaby sagte: »Könnten Sie uns bitte den Weg zeigen?«
Es war ein langer Aufstieg bis zum Dachboden. Die ersten beiden gewundenen Treppen hatten breite, flache Stufen, die mit dunkelblau und rot gemustertem Perserteppich ausgelegt waren, der an manchen Stellen so
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