Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

gefunden wurde!«, gab Archibald scharf zurück.
    Oakes formte die Lippen zu einem Schmollmund. Rebus lechzte danach, dort Blut zu sehen, ausgeschlagene Zähne und eine gebrochene Nase. Ersatzweise bohrte er die Fingernägel noch tiefer in seine Handflächen.
    »Haben Sie sie getötet?«, fragte er.
    »Sie wann getötet?«
    Rebus spürte, wie seine Stimme lauter wurde. »Haben Sie sie getötet?«
    Oakes wedelte mit einem Finger. »Vielleicht bin ich noch nicht lang genug draußen, aber ich glaube schon zu wissen, wie die Sache läuft. Sie sind zu zweit. Gebe ich etwas zu, haben Sie einen Zeugen und was in der Hand.«
    »Das bleibt unter uns«, sagte Alan Archibald. »Das ist längst nichts mehr, womit ich zur Polizei gehen würde.«
    Oakes lächelte. »Wie lange jagen Sie schon Gespenstern nach? Wenn ich sage, ich hab sie getötet, werden Sie dann künftig ruhig schlafen können?« Archibald gab keine Antwort. »Und wie steht's mit Ihnen, Inspector? Haben Sie irgendwelche Gespenster, die Sie nachts am Einschlafen hindern?«
    Als hätte er es gewusst... Rebus versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, aber Oakes nickte, lächelte in sich hinein. »Leichen pflastern Ihren beruflichen Weg, Mann«, fuhr Oakes fort, »aber mich buchten die ein.« Er schwieg kurz. »Verraten Sie mir eins«, fuhr er fort und verschränkte die Arme, die Augen jetzt auf Archibald gerichtet, »wie hat der Mörder sie eigentlich hier raufbekommen? Nicht leicht, ein Opfer ein so weites Stück mitzuschleppen.«
    »Sie war vor Angst gelähmt.«
    »Und was, wenn nicht? Was, wenn sie bereitwillig mitging? Sie hatte getrunken, richtig? War ein bisschen scharf...«
    »Halten Sie den Mund, Oakes.«
    »Ich dachte, Sie wollten , dass ich rede?« Er breitete die Arme aus.
    »Das mag jetzt reine Spekulation sein, aber angenommen, er hat sie irgendwo aufgelesen und ist mit ihr hier rausgefahren. Angenommen, es war genau das, was sie wollte. Ich meine, sie sitzt bei einem wildfremden Mann im Auto, aber heute Nacht ist sie eben in der Stimmung . Sie ist auf Gefahr aus . Sie ist leichtsinnig . Wer weiß, vielleicht will sie sogar, dass es passiert.«
    Archibald wandte sich zu ihm, reckte drohend die Faust. »Reden Sie nicht so über sie!«
    »Ich mein ja bloß -«'
    »Sie haben sie entführt, bewusstlos geschlagen und hier hinaufgeschleift.«
    »Irgendwelche Anzeichen eines Kampfes, AI? Hm? Hat die Obduktion ergeben, dass sie irgendwohin geschleift wurde?« Archibald sah ihn an. »Sie wissen genau, dass es nicht so war.«
    Wieder Lachen. »Nein, AI, einen Scheißdreck weiß ich. Ich stelle nur Vermutungen an. Genau wie Sie.«
    Oakes setzte sich erneut in Bewegung. Allmählich kam Wind auf, trieb ihnen Nieselregen ins Gesicht, der sie schon bald völlig durchweichen würde. Rebus blickte zurück. Vom Auto war schon nichts mehr zu sehen.
    »Keine Sorge«, beruhigte ihn Archibald. »Ich markiere unsere Route.« Er hatte das Messtischblatt zurechtgefaltet, tippte mit dem Stift auf eine Höhenlinie.
    Rebus nahm ihm die Karte ab, um sich zu vergewissern. Er hatte beim Militär Kartenlesen gelernt. Offenbar wusste Archibald, was er tat. Rebus nickte und gab ihm die Karte zurück. Aber der Ausdruck in Archibalds Augen, diese Mischung aus Angst und Erwartung... Rebus klopfte ihm auf die Schulter.
    »Kommt schon, ihr lahmen Enten!«, rief Oakes und wartete, bis sie aufgeholt hatten.
    »Sie haben es zu weit getrieben«, sagte Rebus zu ihm.
    »Hm?«
    »Ihr kleiner Spaß mit dem Müllcontainer, der hat mir nicht so viel ausgemacht. Aber der Friedhof, die Terrasse... dafür werden Sie büßen.«
    »Sie vergessen Ihre alte Flamme.« Oakes wandte sich zu ihm. Sie standen höchstens einen halben Meter auseinander. »Ich hab mit ihr geredet, schon vergessen? Wie kommt's, dass sie nicht auf Ihrer kleinen Beschwerdeliste steht? Sie hat mir erzählt, dass vielleicht wieder was aus Ihnen beiden werden könnte.« Er schnalzte missbilligend mit der Zunge.
    »Erzählen Sie mir bloß nicht, dass Sie sie hängen lassen wollen! Weiß sie Bescheid?«
    Rebus schlug zu. Seine Faust streifte die Wange lediglich, da Oakes sich auf den Fußballen abrollte und mit dem Oberkörper auspendelte.
    Schnell, er war verdammt schnell. Wich keinen Finger breit von der Stelle, so sicher war er sich seiner Reaktionen, seines Gegners. Archibald schlang seine Arme um Rebus, aber Rebus schüttelte ihn ab.
    »Ist alles in Ordnung«, sagte er mit emotionsloser Stimme.
    »Noch'n Versuch?« Oakes breitete die