Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Titel: Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
dein Tag?«, fragte sie. Automatische Frage, automatische Antwort.
    »Nicht schlecht. Und deiner?«
    Ein schläfriger Grunzlaut. Sie hatte die Augen geschlossen. Es gab verschiedene Dinge, die Rebus sagen, Fragen, die er stellen wollte. Was tun wir hier eigentlich? Möchtest du, dass ich ausziehe? Er konnte sich denken, dass Patience unter Umständen die gleichen oder ähnliche Fragen bewegten. Irgendwie wurden sie nie ausgesprochen; vielleicht aus Angst vor den möglichen Antworten und dem, was diese bedeutet hätten. Wer hatte schon Spaß am Scheitern?
    »Ich war auf einer Beerdigung«, sagte er. »Jemand, den ich kannte.«
    »Tut mir Leid.«
    »So gut kannte ich ihn auch wieder nicht.«
    »Woran ist er gestorben?« Kopf noch immer auf dem Kissen, Augen geschlossen.
    »Ist gestürzt.«
    »Unfall?«
    Sie entfernte sich allmählich von ihm. Er sprach trotzdem weiter.
    »Seine Witwe hatte ihre Tochter so angezogen, dass sie wie ein Engel aussah. Auch eine Möglichkeit, mit der Sache fertig zu werden, nehm ich an.« Er verstummte, hörte zu, wie Patience' Atmung ruhig und gleichmäßig wurde. »Heute Abend bin ich nach Fife, in die ›alte Heimat‹. Freunde, die ich seit Jahren nicht mehr gesehen hatte.« Er sah sie an. »Eine alte Flamme, die ohne weiteres meine Frau hätte werden können.« Berührte ihr Haar. »Kein Edinburgh, keine Dr. Patience Aiken.« Seine Augen wandten sich zum Fenster. Keine Sammy... vielleicht auch kein Job bei der Polizei.
    Keine Gespenster.
    Als sie eingeschlafen war, ging er wieder ins Wohnzimmer und stöpselte Kopfhörer in die Hi-Fi-Anlage. In einer Plastiktüte unter dem Bücherregal befanden sich seine jüngsten Errungenschaften aus dem Backbeat Records: Light of Darkness und Writing on the Wall, zwei schottische Bands, an die er sich aus früheren Zeiten vage erinnerte. Als er sich setzte und die Musik begann, fragte er sich, woran es wohl lag, dass er immer nur im Rückblick glücklich war. Woran lag das? Er lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück. Incredible String Band: »The Half-Remarkable Question«. Überleitung zu Brian Eno: »Every-thing Merges with the Night«. Er sah Janice Playfair, wie sie an dem Abend gewesen war, als sie ihn k.o. geschlagen hatte, an dem Abend, der alles geändert hatte. Und er sah Alec Chisholm, der eines Tages von der Schule weggegangen und nie wieder gesehen worden war. Alecs Gesicht war ihm nicht präsent, nur eine ungefähre Silhouette und eine Haltung, eine Art zu stehen. Alec, der was auf dem Kasten hatte, der es zu was bringen würde.
    Bloß dass keiner erwartet hatte, dass er den Weg einschlagen würde. Ohne die Augen zu öffnen, wusste Rebus, dass Jack Morton im Sessel ihm gegenüber saß. Konnte Jack die Musik hören? Er sprach nie, deswegen war es schwer zu sagen, ob Akustisches ihm etwas bedeutete. Er wartete auf den Song »Bogeyman« - das Schreckgespenst; hörte zu und wartete.
    Es wurde schon fast wieder hell, als Patience ihm auf dem Weg zurück von der Toilette die Kopfhörer abnahm und eine Decke über seine schlafende Gestalt ausbreitete.
6
    Es waren drei Männer im Zimmer, alle in Uniform, alle scharf darauf, Gary Oakes zusammenzuschlagen. Er sah es in ihren Augen, in ihrer halb angespannten Haltung, ihren Kaugummi malmenden Kiefern. Er machte eine plötzliche Bewegung, streckte aber dabei lediglich die Beine aus, rutschte auf dem Stuhl ein Stückchen tiefer und legte den Kopf in den Nacken, so dass die Sonne, die durch das hohe Fenster schien, ihm voll ins Gesicht leuchtete. In Wärme und Licht getaucht, spürte er, wie das Lächeln ihm das Gesicht in die Breite zog. Seine Mutter hatte ihm immer gesagt: »Wenn du lächelst, strahlt dein Gesicht, Cary.« Verrücktes altes Weib, selbst damals schon. Sie hatte in der Küche so eine Doppelspüle gehabt und eine Mangel, die man dazwischen befestigen konnte. Die Wäsche in dem einen Becken waschen, dann durch die Mangel ins andere kurbeln. Einmal hatte er die Fingerspitzen gegen die Walzen gedrückt und dann an der Kurbel gedreht, bis es angefangen hatte, weh zu tun. Drei Gefängniswärter: So viel war ihnen Cary Oakes wert. Drei Wärter und Ketten an Beinen und Armen.
    »Hey, Jungs«, sagte er und deutete mit dem Kinn auf die drei.
    »Zeigt, was ihr draufhabt.«
    »Schnauze, Oakes.«
    Cary Oakes grinste wieder. Er hatte eine Reaktion erzwungen; derlei kleine Siege brachten ihn tagtäglich über die Runden. Der Wärter, der gesprochen hatte, derjenige, auf dessen Namensschildchen

Weitere Kostenlose Bücher