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Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Titel: Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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einem Schönheitswettbewerb«, antwortete Rebus. Dann zwinkerte er. »Badeanzug dabei?«
    »Nein.«
    »Macht nichts, du könntest da sowieso nicht mitmachen: zu alt.«
    »Sehr charmant.«
    »Wirst schon sehen«, sagte er und führte sie zur Tür.
    Cary Oakes hatte einen Zeitungsausschnitt. Er war alt und spröde. In letzter Zeit sah er ihn sich nicht mehr allzu oft an, aus Angst, er könnte ihm zwischen den Fingern zerbröseln. Aber heute war irgendwie ein besonderer Anlass, also holte er ihn im Cafe aus der Tasche und las ihn durch. Verblasste Wörter auf grauem Papier. Ein Bericht über seinen Prozess und sein Strafmaß, ausgeschnitten aus einem britischen Boulevardblatt. Und dazu hasserfüllte Worte: »Er hätte den elektrischen Stuhl verdient.« Ein schlichtes Glaubensbekenntnis.
    Aber er war um den »Funkensessel« rumgekommen, und da war er jetzt, wieder in derselben Stadt wie der Kerl, der sich gewünscht hatte, sie würden ihn grillen. Die Wut stieg wieder in ihm hoch, und seine Hände zitterten ein bisschen, als er den Ausschnitt entlang der scharf gezogenen, abgeriebenen Falze zusammenlegte und wieder in die Tasche steckte. Schon bald, sehr bald, würde er jemanden zwingen, seine Worte zurückzunehmen. Er würde dabeisitzen und zugucken, wie er kaute und schluckte, und Angst und Wissen in seinen Augen sehen.
    Und dann würde er dessen Leben wie einen Funken ausknipsen. Er verließ das Cafe und stieg den Hügel hinauf, an Bungalows vorbei, menschenleere Bürgersteige entlang. Bis er sein Ziel erreichte. Das Haus anstarrte.
    Er war da drin. Oakes konnte ihn beinah schmecken und riechen. Vielleicht war er allein in seinem Zimmer und ruhte sich aus oder schlief. Oder las die Zeitung und aktualisierte sein Wissen über die Heldentaten Cary Oakes'.
    »Bald«, sagte Oakes leise zu sich selbst und wandte sich ab, um keine unnötige Aufmerksamkeit zu erregen. »Bald«, wiederholte er und begann wieder den Abstieg in die Stadt.
    Das Hotel war ein Gebäude aus den Dreißiger Jahren an einem Kreisel am westlichen Stadtrand von Edinburgh.
    »Sieht wie das Rex aus, nicht?«, sagte Janice.
    Sie hatte nicht Unrecht. Das Rex war eins der drei Kinos Cardendens gewesen, zentral an der Hauptstraße des Ortes gelegen. Als Kind hatte Rebus dabei immer an eines dieser Regierungsgebäude denken müssen, die man in Filmen über den Ostblock sah: abweisend, ganz gerade Linien und rechte Winkel. Dieses Hotel wirkte wie eine verbreiterte Version des Rex, als habe es jemand an beiden Seiten gepackt und auseinander gezogen. Der Parkplatz war voll besetzt, also tat es Rebus einigen seiner Vorgänger nach und fuhr den Saab auf den begrünten Seitenstreifen, bis er mit der Nase ein Blumenbeet berührte.
    Mitten im Foyer stand eine große Tafel. Sie verriet ihnen, dass »Unsere kleinen Engel« in der Devonshire-Suite zu finden seien. Durch eine Doppeltür, dann einen Korridor entlang, auf dem ihnen leiser Applaus entgegenplätscherte. An der Tür der Suite war eine korpulente Frau in einem zyklamfarbenen Kostüm postiert. Sie saß an einem kleinen Tisch, auf dem ein halbes Dutzend Namensschildchen lagen. Sie fragte sie nach ihren Namen.
    »Wir werden nicht erwartet«, erklärte Rebus und holte seine Dienstmarke heraus. Die Augen der Frau weiteten sich und blieben geweitet, als Rebus Janice die Tür aufhielt.
    Am einen Ende des Raums hatte man eine provisorische Bühne aufgebaut, davor waren Stühle aufgereiht, dahinter hingen kunstvoll geraffte rosafarbene und blaue Tücher. Entlang der Bühnenfront und an beiden Enden jeder Stuhlreihe standen üppige Blumengebinde. Der Raum war ungefähr halb voll. Entlang der Wände lagen Handtaschen und Mäntel. Mütter und Töchter waren eifrig mit Herausputzen und Aufbrezeln beschäftigt: Haare wurden gekämmt und gebauscht, Make-up vollendet, ein Kleid zurechtgezupft oder eine Schleife neu gebunden. Die Töchter sahen sich im Saal um, musterten nervös - oder mitunter leicht geringschätzig - die Konkurrenz. Keine von ihnen konnte älter als acht oder neun sein.
    »Es ist wie auf einer Hundeausstellung«, flüsterte Janice Rebus ins Ohr.
    Ein Mann mit Mikrofon stellte unter Zuhilfenahme eines Spickzettels die nächste Kandidatin vor.
    »Molly kommt aus Burntisland und besucht die dortige Grundschule. Ihre Hobbys sind Ponywandern und Modezeichnen. Das Kleid für den heutigen Wettbewerb hat sie selbst entworfen.« Er richtete den Blick auf sein Publikum. »Na, Leute, wie findet ihr das? Die neue Dior.

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