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Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Titel: Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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ihren Neffen erzählen. Mit zittriger Stimme meinte sie, sie würde ihn fast nie sehen und wüsste nicht, wo »der Junge« momentan sei. Das letzte Mal habe sie ihn vor sechs Jahren gesehen. Diese Auskunft genügte Lyn. Vor sechs Jahren war der Mann aus Grimbles Keller bereits zwei Jahre tot gewesen. Der andere Mann, Frank Maniora, hatte die Adresse einer engeren Verwandten angegeben, seiner Schwester. Diesmal war Lyn überrascht. Fernanda Maniora sprach mit einem karibischen Akzent. Ohne viel nachzudenken, war Lyn aus irgendeinem unbestimmten Grund davon ausgegangen, dass jeder auf der Liste ein Weißer war.
    Miss Maniora nannte sie in jedem Satz »Liebes« und plauderte ausführlich über ihren Bruder, worauf Lyn gut hätte verzichten können. Wenn der Mann aus dem Keller ein Schwarzer gewesen wäre, wäre er allen Leuten in Flagford aufgefallen, und jeder hätte sich an ihn erinnert. Um wenigstens etwas zu sagen, erkundigte sie sich, ob Fernanda Maniora ihren Bruder in letzter Zeit gesehen habe. Liebes, erst letzte Woche sei er vorbeigekommen, hieß es, und sie hätte sich ja so darüber gefreut.
    Wüsste ihr Bruder vielleicht etwas über die anderen Männer, mit denen er bei Morella’s zusammengearbeitet hatte? Dort sei er nachweislich vor acht Jahren gewesen. »Wo ist er jetzt, Miss Maniora?«
    »Er hat gemeint, er hätte viel Geld verdient, Liebes. Gott segne ihn. Er wollte in Spanien Urlaub machen. Wissen Sie, dort müsste er jetzt sein.«
    »Haben Sie eine Adresse?«
    Doch die hatte Frank Manioras Schwester nicht.
    Trotzdem hatten die Gespräche mit diesen Frauen Lyn auf eine Idee gebracht. Sie sollte sich mit den Arbeiterinnen bei Morella’s in Verbindung setzen. Erstens hatten Frauen Augen für Männer, und zweitens waren sie schlicht und einfach die besseren Beobachter. Außerdem ließen sich ihre Telefonnummern leichter auftreiben. Lyns Gedanke erwies sich als richtig: Einige hatten sogar Handynummern angegeben, allerdings – vor acht Jahren. Ob die noch gültig waren? Sie konnte es nur versuchen.
    Wexfords Erwartungen hatten sich hundertprozentig erfüllt. Schon vor der Lektüre dieses Buchs hatte er mit einer lästigen und mühsamen Strafarbeit gerechnet. Es war so dick, über fünfhundert Seiten! Und es wurde tatsächlich eine Schinderei. Lange vor Seite fünfhundertsechzehn legte er es weg und sollte es nie wieder in die Hand nehmen.
    Nötigenfalls hätte er die Geschichte zusammenfassen können. Die Lektüre der letzten fünf Kapitel war überflüssig. Der erste Himmel spielte auf der Erde vor dem Erscheinen der Menschen. Es gab keine Menschen, keine Tiere und keine Vögel, nur Meeresgeschöpfe und Insekten, beherrscht von Göttern und Göttinnen, deren Namen teils bekannt waren und teilweise reine Erfindung. Und das Ganze im Stil des Alten Testaments. Diese Gottheiten benahmen sich wie menschliche Wesen, sie liebten und hassten, begingen Verbrechen und Heldentaten, waren aber offenbar unsterblich. Deshalb konnten sie den Verlauf der Evolution beobachten, die langsame Verwandlung von winzigen schwimmenden Lebewesen in Kreaturen an Land und in der Luft. Während die Jahrtausende verstrichen, erkannten die Götter ohnmächtig, dass im Zuge der Evolution der Mensch die Erde betreten würde, ohne dass sie es verhindern konnten. Gleichzeitig wussten sie, dass damit ihre Unsterblichkeit ein Ende hätte. Eine Götterdämmerung zog herauf.
    Inzwischen hatte Wexford längst vergessen, dass er Owen Tredowns Buch nur Sheila zuliebe angefangen hatte. Sie dagegen ließ das nicht zu und meldete sich am nächsten Tag schon ganz früh am Telefon.
    »Toll, Paps, nicht wahr?«
    »Finde ich nicht. Ich habe gesagt, es würde mir nicht gefallen, und so war’s auch. Ich weiß nicht, wie oft ich dir schon erklärt habe, dass mir Fantasy nicht liegt.«
    »Du hast dich darauf eingeschossen, dass es dir nicht gefallen würde, und deshalb war es auch so.«
    »Du weißt doch, wie es so schön heißt: Gute Bücher ergeben schlechte Filme, und schlechte Bücher gute. Ich schätze, dass der Film weltweit Millionen in die Kinos treiben wird.«
    Sheila begann, sämtliche Bekannten aufzuzählen, die Der erste Himmel »hinreißend« gefunden hatten: natürlich Paul, ihre Schwester Sylvia, der Produzent des Films, der Regisseur. Wexford legte sich die Hand auf den Mund, um nicht laut zu gähnen.
    Als sie eine Atempause machte, meinte er: »Dieser Produzent, nutzt er Berater und Rechercheure?«
    »Also, Paps, selbstverständlich

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