Inspektor Bony 24 - Bony und die Maus
Englisch gesprochen wie die meisten Leute hier.«
»Entschuldigen Sie, wenn ich abschweife«, sagte Bony. »Welche Männer in Daybreak stehen in dem Ruf, ganz allgemein, besonders auf Frauen aus zu sein, auch auf solche von Marys Typ?«
»Meinen Sie wirklich, daß der Mord aus sexuellen Motiven begangen wurde?«
»Das ist jedenfalls ein Gesichtspunkt, der nicht ignoriert werden darf. – Wie viel oder wie wenig Erfahrung haben Sie selbst mit den Eingeborenen hier?«
Miss Jenks kramte in dem Wust von Sachen in ihrem Schreibtisch und zeigte ihm ein Foto von etwa fünfzehn nackten schwarzen Babys, die im Sonnenschein lagen, bewacht von zwei wild aussehenden, aber nicht reinrassigen Dingos.
»Sind die nicht süß?« fragte sie leise und wartete auf seinen Begeisterungsausbruch. »Keins auf dem Bild ist einen Tag älter als sieben Monate, und wenn der Stamm von der Wanderung zurückkommt, werden sicher wieder fünf neue da sein.«
»Sie führen wohl Buch über die Babys?«
»Natürlich. Und Wachtmeister Harmon hilft mir dabei. Er meint, wir hätten dem Kindertöten beim hiesigen Stamm ein Ende gesetzt. Die Jüngeren sind schon viel aufgeschlossener geworden, und ich glaube, dafür haben wir einigen Mädchen wie den Elders und jungen Männern wie Tony Carr zu danken.«
»Wie stehen Sie denn mit Miss Esther Harmon?«
»Sehr gut. Sie ist ein nettes altes Mädchen. Sie läßt immerfort die Verhafteten frei, was ihren Bruder gewaltig ärgert. Die gehen natürlich nie weiter weg als bis zur Theke im Gasthaus, aber er hat dann die Mühe, sie wieder zurückzubringen. Und anschließend gibt’s zwischen den beiden Geschwistern furchtbaren Krach. Von ihrem tragischen Erlebnis haben Sie gewiß schon gehört?«
Als Bony das verneinte, erzählte sie ihm, daß eines Abends, als Esther in ihrem Wagen mit ihrer Schwägerin, also Harmons Frau, nach Hause fuhr – nach Kalgoorlie, wo sie damals wohnten –, zwei Jugendliche in einem gestohlenen Auto in die Seite ihres Wagens gerast waren, wobei Harmons Frau getötet und seine Schwester zum Krüppel wurde.
»Deshalb bleibt sie in Daybreak«, ergänzte sie. »Die Burschen blieben unverletzt und ergriffen die Flucht. Harmon entdeckte sie später zufällig als Arbeiter auf einer Rinderfarm, und da mußten die andern Arbeiter ihn mit aller Gewalt festhalten, sonst hätte er sie niedergeknallt. Es gab eine lange Untersuchung. Harmon wurde hierher versetzt und will jetzt unbedingt bleiben. Seine Behörde hat ihn zu einem Ortswechsel nicht zwingen können. Ich glaube, daraus erklärt sich, wie er Tony Carr behandelt: Es kommt einem vor, als warte er nur darauf, daß der mal gegen irgendein Gesetz verstößt.«
Tags darauf ritt Bony nach Dryblowers Flat. Er fand die Siedlung trostlos häßlich, baufällige Häuser am Ufer eines ausgetrockneten Baches, in dem ein tiefer natürlicher Brunnen wunderbar reines Wasser gab.
Das Haus, das Elder mit seinen Töchtern bewohnte, war zwar auch reichlich windschief, aber wenigstens geräumig, sauber und kühl. Joy kam ihm entgegen, sie klopfte den Hals seines Pferdes und bat Bony, auf eine Tasse Tee hereinzukommen. Ihr verletzter Fuß war noch verbunden; sie trug große graue Filzpantoffeln von ihrem Vater.
»Noch eine Woche, dann bin ich wieder gesund, Nat«, sagte sie verlegen und sah ihn bewundernd mit ihren goldbraunen Augen an.
»Das freut mich«, sagte er. »Dann kann ich ja einem gewissen jungen Mann berichten, daß er sich um Sie keine trüben Gedanken mehr zu machen braucht.«
»Tony Carr?«
Bony lächelte. Als sie ihn bat, vor ihrem Vater diesen Namen nicht zu erwähnen, blinzelte er ihr verschmitzt zu.
Elder dankte Bony für die seiner Tochter geleistete Hilfe. Die Mädchen gingen ins Haus, um Tee vorzubereiten. Er hatte dieselben Augen wie Janet, die den Besucher scharf, aber nicht herausfordernd musterten. Höflich wartete er, nach ein paar nebensächlichen Redensarten, daß Bony ihn über den Zweck seines Besuches aufklärte.
»Ich reite Harmons Pferd zu und bin Hausdiener in Melody Sams Hotel. Außerdem habe ich den geheimen Auftrag vom Ministerium für Eingeborenen-Angelegenheiten, die Ermordung der jungen Mary aufzuklären. Schwester Jenks sagte mir, Sie wären ein Mann, der dichthält, ohne unerwünschte Fragen zu stellen.«
»Was die Kleine sagt, hat Hand und Fuß, Bonnar«, meinte der Mann und lachte. »Fragen Sie, ich werde antworten.«
»Danke. Wir haben Grund, zu glauben, daß die Eingeborenen bei dem Versuch, den
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