Inspektor Bony 29 - Gefahr fuer Bony
direkt angreifen würden. Er kletterte über den Zaun zurück, befreite die Kamele von ihren Fesseln und ließ sie aufstehen. Dann setzte er seinen Weg nach Süden fort.
Der nächste Zwischenfall war ernsterer Natur. Bony hatte seine Schlafstelle neben dem Lagerfeuer aufgesucht und rauchte eine letzte Zigarette, als ihm das Glöckchen, das Old George am Hals hängen hatte, verriet, daß das Kamel abrupt aufgestanden war. Die drei Tiere waren höchstens eine Viertelmeile vom Lagerfeuer entfernt und hatten sich bereits vor einer Stunde zur Ruhe gelegt. Jetzt war es zehn Uhr.
Die Glocke am Hals eines Kamels verrät dem Eingeweihten, wie die Stimmung des Tieres ist und was es gerade unternimmt. Das Glöckchen verkündet, wann die Kamele sich ihr Futter suchen und wann sie sich für die Nacht zur Ruhe legen. Bony wußte genau, wann Old George nach den Läusen in seinem Fell biß, wann er lästige Ameisen abschüttelte oder wann er aufstand, um wieder zu fressen. Und alles, was Old George unternahm, taten auch seine beiden Artgenossen. Vor allem aber verriet das Glöckchen, in welcher Richtung sich die Kamele entfernten.
In dieser Nacht verriet das Glöckchen, daß Old George abrupt aufgestanden war. Gleich darauf verstummte es wieder. Offensichtlich stand das Kamel nun da und käute sein Futter wieder. Mehrere Minuten vergingen, ohne daß das Glöckchen wieder anschlug. Daß George reglos dastehen sollte, war allerdings höchst merkwürdig.
Bony lauschte aufmerksam, aber das Glöckchen schwieg weiterhin. Vielleicht war beim Aufstehen der Strick gerissen, mit dem es am Hals des Kamels befestigt worden war, oder der Klöppel hatte sich verklemmt. Ohne Glocke würde es am nächsten Morgen sehr schwer werden, die Tiere zu finden. Ohne sich erst anzuziehen, gleich im Pyjama, machte Bony sich auf den Weg, um nach den Kamelen zu sehen. Vorsichtshalber nahm er eine Ersatzglocke mit.
Die Nacht war dunkel und still. Die spärlichen Büsche wirkten höher als am Tage. Bony lief, vorsichtig Ausschau haltend, zwischen den Bäumen hindurch in die Richtung, aus der er zuletzt das Läuten des Glöckchens vernommen hatte. Nachdem er eine halbe Meile zurückgelegt hatte, kam er zu dem Schluß daß er die Kamele verfehlt hatte. Er ging in einem weiten Kreis weiter und suchte noch eine Stunde lang, dann gab er es auf und kehrte zu seinem Lager zurück. Bei Tageslicht würde er zweifellos die Spuren der Tiere finden.
Als es hell wurde, war Bony bereits angezogen und trank einen Becher Tee. Sobald die Lichtverhältnisse es gestatteten, die schwachen Spuren zu erkennen, die die gepolsterten, großen Füße der Kamele zurückgelassen hatten, machte er sich auf die Suche. Ohne Schwierigkeit fand er die Stelle, wo sich die Tiere Futter gesucht und schließlich zur Ruhe gelegt hatten. Die flachen Kuhlen, die von den schweren Tieren in den Sand gepreßt worden waren, waren deutlich zu sehen. Aber ebenso deutlich waren die Spuren einer Lubra zu sehen, die sich den Kamelen genähert und sie zum Aufstehen veranlaßt hatte. Die im Sand klar erkennbaren Eindrücke ihrer nackten Füße verrieten alles.
Die Eingeborene hatte zweifellos Gras in die Glocke gestopft, damit diese nicht mehr läuten konnte. Sie hatte den Tieren die Fesseln gelöst, hatte eins von ihnen bestiegen und die anderen beiden in nordöstlicher Richtung davongeführt. Es bestand kein Zweifel, die Frau war auf einem der Kamele geritten; denn ihre Fußspuren waren von nun an nicht mehr zu sehen. Nach vier Meilen war die Lubra wieder abgestiegen, hatte den Tieren die Hobbelketten angelegt und das Gras aus den Glöckchen entfernt. Dann war sie in östlicher Richtung verschwunden. Bony lauschte aufmerksam. Weiter im Norden war das Glöckchen ganz schwach zu vernehmen.
Die Kamele suchten sich zwischen zwei mit Bäumen bestandenen Sandhügeln Futter, volle fünf Meilen vom Lager entfernt. Die gleiche Entfernung mußte Bony mit den Tieren zurückmarschieren. Dann erst konnte er frühstücken und mit der Arbeit beginnen.
Auch wenn man den Tag nicht mit einem Marsch über zehn Meilen beginnen mußte, waren die Arbeitsbedingungen am Grenzzaun hart genug. Kein normaler australischer Arbeiter würde sich so etwas bieten lassen. Schließlich gab es genügend andere freie Stellen. Das wußte der Initiator dieses Sabotageakts ganz genau. Noch einige derartige Niederträchtigkeiten, und der unerwünschte Fencer würde den Posten räumen, auf dem man ihn nicht haben wollte.
Wer konnte daran
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