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Inspektor Jury lichtet den Nebel

Inspektor Jury lichtet den Nebel

Titel: Inspektor Jury lichtet den Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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habe ihrem dämlichen Freund sogar ein Trinkgeld gegeben, damit er sie dir bringt.»
    «Sharon hat behauptet, es sind ihre Pralinen! Sie hat sich damit geradezu vollgestopft.»
    «Die kann was erleben. Jedenfalls habe ich eine neue Gouvernante für dich. Ich glaube, das ist endlich die Richtige.»
    Schmollend sagte Jessie: «Aber sonst hast du immer mich wählen lassen!»
    «Tut mir leid, Jess. Aber keine von denen hat etwas getaugt – und deswegen habe ich dieses Mal in Londoner Zeitungen inseriert. Darum bin ich auch nach London gefahren. Sara wird dir gefallen. Ganz sicher. Und wenn nicht –» Ashcroft hob die Schultern –, «dann wird sie eben wieder entlassen. Einverstanden? Ich finde, du solltest sie kennenlernen. Sie ist im Salon.»
    Jessie antwortete nicht. Sie blickte zu Boden.
    «Falls Sie keine weiteren Fragen haben, Superintendent –?»
    Jury beobachtete fasziniert Jessicas Reaktion. Es war, als würde sie zum Galgen geführt. «Fragen? Nein, Mr. Ashcroft. Keine Fragen. Allerdings … ob ich wohl noch einen Blick auf Ihre Autosammlung werfen dürfte –»
    «Aber gewiß doch. Nur zu.»
    Jessie hielt ihn zurück, sie sagte: «Da ist noch was. Wieso bist du nicht mit einem deiner Autos gefahren?»
    Ashcroft strich ihr das dunkle Haar aus dem Gesicht. «Weil in der Zeitung ein Rolls angeboten wurde. Und ich dachte, ich kaufe ihn und fahre damit zurück. Aber er hat mir nicht gefallen. Und dann stellte sich heraus, daß Miss Millar – also Sara – ein Auto hat. Damit sind wir dann zurückgefahren.»
    So, wie Jessie aussah, hätte die Nachricht gar nicht schlimmer ausfallen können, dachte Jury. Er konnte nur für sie hoffen, daß Miss Millars Auto ein schäbiger Volkswagen war.
    Jessie und ihr Onkel gingen Hand in Hand davon. Jessie wird sich die neue Gouvernante sicher sofort vorknöpfen, dachte Jury.
     
    Er überquerte den Hof und sah sich die teuren Autos der Reihe nach an: den Ferrari, den Porsche, den Aston Martin, den unglaublichen Zimmer Golden Spirit (der ihm einen leisen Pfiff entlockte), den Mercedes-Benz (der offensichtlich nicht oft benutzt wurde), den Jaguar – hier stand ein Vermögen herum.
    Jury spürte ein Kribbeln auf der Haut, er holte sein Notizbuch heraus und notierte sich den Namen des Anwalts, Mr. Mack. Robert Ashcrofts Erklärung hatte recht überzeugend geklungen: die Nachricht, die er unter der Tür durchgeschoben hatte (wahrscheinlich war sie beim Putzen versehentlich weggeworfen worden), die Pralinen, die als Überraschung abgeliefert werden sollten – und die Miss Plunkett dann verputzt hatte …
    Und doch konnte er sich nicht sofort entschließen zu gehen, ähnlich wie während Jessicas Erzählungen. Wenn er doch nur einen triftigen Grund hätte, um wiederzukommen.
    Ob er Robert Ashcroft Polizeischutz für seine Nichte anbieten sollte? Schließlich trieb sich ein Mörder in der Gegend herum. Aber Robert Ashcroft würde wohl eher private Leibwächter einstellen und sich ein Schäferhundpärchen zulegen, wenn er einen Mordanschlag auf seine Nichte befürchtete. Jury stand vor Jessies Auto, dem Mini-Cooper. Seinetwegen hätte es auch ein Cortina sein können, eine Marke, die von der Polizei gefahren wurde. Er interessierte sich überhaupt nicht für Autos. Aber dann lächelte er, trat seine Zigarette aus und ging.

F ÜNTER T EIL
    D IE H AMMERSCHMIEDE
     

15
    D IE A TMOSPHÄRE IN DER «H AMMERSCHMIEDE » hatte etwas Einschläferndes, was nicht unbedingt an der Fliege lag, die im schwarzen Deckengebälk umhersummte, auch nicht an Mrs. Withersby, die am Kamin vor sich hin döste. Melrose Plant las in der Times einen Artikel über ein Übernahmeangebot für eine weitere Werft. Das einzige, was sich hier regte – und das bewirkte möglicherweise die generelle Schwermut –, war Lady Ardrys Mundwerk.
    «Die Gicht, Melrose! Daß ich nicht lache», sagte sie zu ihrem Neffen, dessen Gesicht sich hinter der Zeitung verbarg. «Die Gicht ist es ganz sicher nicht!» Sie sprach über ihren schmerzenden Fuß, den sie mit einer elastischen Binde umwickelt und auf dem Holzschemel hochgelegt hatte, den normalerweise Mrs. Withersby für sich beanspruchte. Sie nippte an einem doppelten Gin, spendiert von Melrose Plant, eben jenem Neffen, dem Lady Ardry die Gardinenpredigt hielt. «Falls es die Gicht ist, dann müßtest du sie haben, nicht ich!»
    Er ließ die Zeitung sinken. «Ich und deine Gicht, Agatha? Das wäre das erste Mal in den Annalen der Medizingeschichte.»
    «Wehe, du nimmst

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