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Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Titel: Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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könnte auf den Gedanken kommen, sie damit zu strangulieren. Und noch etwas. Wenn Sie vermuten, die kleine O’Brien wurde zusammengeschlagen, weil sie etwas wußte – es gibt hier eine Göre, die mit ihr befreundet war und die meiner Meinung nach mit etwas hinterm Berg hält …»
     
     
     
    Die betreffende G ö re trat durch den puppenstubenähnlichen Durchgang zur Bar, ohne Jury und Plant auch nur eines Blickes zu würdigen, obwohl sie sich direkt in ihrem Blickfeld befanden. Schnell verschwand sie hinter dem Tresen, worauf einiges in Bewegung geriet – Gläser klirrten, Papier raschelte, bis sie mit einer Schachtel Buntstifte und einem Malbuch in der Hand wieder auftauchte. Diese beiden Gegenstände schienen ihre Aufmerksamkeit völlig gefangen zu nehmen.
    «Was, um diese Zeit treibst du dich noch in öffentlichen Lokalen herum? Es ist beinahe zehn. Solltest du nicht schon längst zu Hause bei deiner Mutter sein?»
    Geistesabwesend blickte Emily Louise zu Melrose auf und sagte: «Ach, Sie sind’s.» Dann konzentrierte sie sich wieder auf ihre Buntstifte.
    «So ’ne Überraschung, was? Ich hab dich gefragt, ob du nicht schon längst zu Hause sein solltest? Deine Mutter macht sich bestimmt Sorgen.»
    Ihre Lippen formten stumm die Namen der Farben: Blau, Gelb, Rot. «Mum is im Kino in Hertfield.»
    «Deswegen brauchst du hier nicht Nachtwächter zu spielen. Aber da du schon mal da bist, setz dich doch zu uns. Superintendent Jury würde sich gern mit dir unterhalten.»
    Sie hob die gerunzelten Brauen von der Schachtel mit den Buntstiften und ließ den Blick auf Jurys Gesicht ruhen. «Wer?» Sie blinzelte, als versuchte sie, etwas am Horizont zu erkennen.
    «Dieser Herr, der mir gegenübersitzt.»
    Ohne von dem tollen Herrn, dessen Bekanntschaft sie machen sollte, Notiz zu nehmen, kletterte Emily Louise unwillig auf den Stuhl neben ihm, schlug ihr Malbuch auf und nahm einen Buntstift aus der Schachtel.
    Melrose konnte es sich nicht verkneifen, ihr über die Schulter zu schauen. Es war wieder eines dieser gräßlichen Bilder, ein Bauernhof diesmal. Mit einem orangefarbenen Buntstift machte sie sich daran, eine Ente auszumalen. Er versuchte, seinen Ärger zu unterdrücken.
    «Nett, dich kennenzulernen», sagte Jury und streckte die Hand aus. Ihre kühle, kleine Hand lag wie ein Blütenblatt in der seinen. «Ich habe gehört, du bist eine Freundin von Katie O’Brien.»
    Sie hatte sich auf die Entenmutter gestürzt und nickte nur.
    «Katie soll eine ziemlich gute Reiterin gewesen sein.»
    «Ja, ganz gut.» Sie hatte die Ente orangefarben ausgemalt und machte sich mit einem blauen Farbstift an die Schwimmhäute. Plant starrte darauf.
    «Schön, wenn man Freunde hat», sagte Jury. «Es ist nur schlimm, wenn ihnen was passiert.»
    Emily nickte und fuhr die Umrisse der Entchen blau nach, passend zu den Schwimmhäuten der Mutter.
    Jury fuhr fort: «Manchmal erzählen sie uns auch ihre Geheimnisse … Ich erinnere mich, als ich ein kleiner Junge war, hatte ich einen ganz tollen Freund, Jimmy Poole hieß er. Wir waren immer zusammen. Jimmy Poole und ich tauschten auch Geheimnisse aus, manchmal stachen wir uns sogar mit einer Nadel in die Finger, um bei unserm Blut zu schwören, daß –»
    «Kein Blut, bitte.»
    «Schon gut.» Jury zündete sich eine Zigarette an und warf das Streichholz in den Aschenbecher. «Jimmy Poole und ich rauchten Zigaretten im Wald und taten auch sonst alles mögliche, was wir nicht hätten tun sollen. Eine Menge verbotener Dinge –»
    «Was zum Beispiel?» fragte sie, ohne von ihrem Buch aufzublicken. Sie hatte jedoch aufgehört zu malen.
    «Oh, was man so tut. Wir sind geschwommen an Stellen, die zu tief waren. Und wir waren unterwegs, wenn es schon dunkel war. Die Kopfkissen stopften wir unter die Decke, damit es so aussah, als würden wir darunter schlafen, dann kletterten wir aus dem Fenster. Jimmy Poole war wirklich auf Zack, wenn es sich darum drehte, Verstecke zu finden, wo niemand uns aufstöbern konnte. Er führte die Leute in die Irre. Es gab da eine Höhle, in der wir alles mögliche versteckten, Dinge, die unsere Mütter nicht finden sollten. Ich weiß noch, einmal hab ich beim Zeitungshändler ein Comicheft geklaut.» Er beobachtete, wie Emily Louise und Melrose ihn überrascht musterten. «Tja, so was hab ich auch gemacht. Ehrlichkeit hab ich erst später gelernt. Jimmy Poole mußte schwören, nichts zu verraten.» Jury warf Emily einen Blick zu. «Er hat nichts gesagt, es ist

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