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Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Titel: Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Derek mußte irgendwie eingeschleust werden. Ach ja, das Stichwort war Eitelkeit. «Weil er so eingebildet ist und weil sein Vater und seine Mutter ihn immer alles machen lassen … Hab ich schon seine Familie erwähnt? Vater, Mutter, Schwester – sie sind alle gräßlich. Sie behandeln die andern Dorfbewohner – ich meine, ihre Untertanen – wie den letzten Dreck. Eines Tages schleicht sich dieser schreckliche Zwerg in die Ställe des Palastes, wo die Prinzessin in ihrem perlenbesetzten Kleid auf und ab geht und ein Buch liest. » Er schaute sie an. Sie starrte zurück. «Er nähert sich der Prinzessin von hinten, packt sie und will sie küssen.» Offensichtlich mißbilligte sie das Vorgehen des Zwerges. Ihre Miene verfinsterte sich. Melrose spann seine Geschichte weiter. «Er will herausfinden, was in dem Buch steht, der Tölpel. Es ist aber ein Staatsgeheimnis, und die Prinzessin will nicht, daß er es erfährt. Sie hält ihn nämlich für einen Spion. Und weißt du, was sie macht?»
    Mit ausdrucksloser Miene starrte sie ihn an.
    «Sie geht zur königlichen Garde!» Melrose war zufrieden mit sich. Auf diese Weise hatte er auch die Polizei ins Spiel gebracht.
    «Taucht Jimmy Poole noch in dieser Geschichte auf?»
    «Jimmy Poole? Natürlich nicht. Was zum Teufel hat denn Jimmy Poole damit zu tun?»
    Das schmale Gesicht verschwand, und er hörte wieder das Scharren der Gabel.
    Was war los mit ihr? Seine Geschichte war doch phantastisch. «Der Zwerg, weißt du –»
    «Ich trage keine Gewänder, und ich küsse keine Zwerge.»
    «Laß mich doch weitererzählen. Das Ende gefällt dir bestimmt.»
    Nur, wie sah es aus – das Ende?
    «Ich will es nicht hören. Sie ist blöd, Ihre Geschichte.»
    Zum Teufel mit ihr. Das beste war wohl, sie einfach zu fragen. «Was steht denn in dem Buch, das Derek dir wegnehmen wollte? Warum hat er gesagt, es sei Schweinkram?»
    Eine kurze Pause. «Weil es über Männer und Frauen ist.»
    «Davon handeln 99 Prozent aller Bücher. Aber warum interessiert dich das? Wo du doch keine Zwerge küßt.»
    «Ich lese es auch gar nicht. Ich will’s dem von Scotland Yard geben.»
    Als ob Jurys Name sich ihr nicht für immer und ewig eingeprägt hätte.
    «Superintendent Jury hat gesagt, er wolle nach Stonington. Wenn du mit den Pferden fertig bist, können wir ja zusammen zum Blue Boy zurückgehen. Du mit deinem Buch. Es ist zwar erst neun, aber eine Limonade kriegt man bestimmt schon.» Er wußte nun, wie das Spiel ging, obwohl er erkannte, daß er einen Fehler gemacht hatte. Er mußte das Buch in seinen Besitz bringen, bevor sie ihn mit Chips und Limonade erpressen konnte. «Das heißt, am besten, du gibst es mir jetzt sofort, und anschließend gehen wir dann zum Blue Boy.»
    Sie streichelte die Mähne des Falben. Offensichtlich wollte sie Zeit gewinnen. Ein völlig unpassendes blaues Schleifchen, das in der Mähne befestigt war, erregte ihren Zorn; sie riß es ab und warf es auf den Boden. «Wenn er das tragen soll, mach ich nicht mit.» Sie blickte in Melroses Richtung, und als sie sein entschlossenes Gesicht sah, sagte sie: «Na gut.» Sie stapfte zu ihm hinüber und warf ihm das Buch in den Schoß.
    Es war offensichtlich eine Bürde, die sie nur zu gern loswurde. «Es gehört Katie», sagte sie.
    «Ein Buch, das Katie O’Brien gehört? Warum die ganze Geheimnistuerei?»
    «Ich weiß nicht. Sie hat gesagt, ich soll es aus ihrem Zimmer holen, falls was passiert.»
    «Hat sie denn damit gerechnet?»
    Emily zuckte die Achseln und blickte über seine Schulter auf das Buch.
    Es war in weißes Millimeterpapier eingebunden; quer über den Einband stand GEOMETRIE. Er entfernte das Papier und sah, daß es einer der üblichen Liebesromane war, mit dem Titel Irrgärten der Liebe. «Wollte sie es vor ihrer Mutter verstecken?»
    Emily hielt Melrose offensichtlich für ziemlich begriffsstutzig, denn sie sagte: «Es geht nicht um das Buch , sondern um den Einband.» Sie nahm es ihm aus der Hand, glättete das Papier und hielt es hoch. «Hier, sehen Sie?»
    Es war ein seltsamer, sehr sorgfältig mit Bleistift und Tinte gezeichneter Plan, unter dem in Druckbuchstaben DER WALD VON HORNDEAN stand. Ein dichter Wald umgab ein Bild in der Mitte, auf dem verschiedene Orte und die zu ihnen führenden Wege und Schleichpfade eingezeichnet waren. Es gab einen Bärenpfad, einen Fußpfad, eine Grotte, die Schleimspur einer riesigen Schnecke. Zum Teil waren sie von einem Festungsgraben und einer «Gelben Steinstraße»

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