Inspiration – Du sollst mein sein!
verlockender gewesen.
* * *
Roger Chantelle blickte sich ein letztes Mal in seinem kleinen Apartment um, das ihm in seiner Rolle als Beau Lamar ein Zuhause geboten hatte. Es war wirklich erstaunlich, sogar erschreckend, wie wenig er eigentlich besaß. All seine »Reichtümer« fanden Platz in zwei großen Reisetaschen.
Seufzend gestand er sich ein, dass er ein verliebter Dummkopf gewesen war. Eine Frau wie Bellinda Carlyle und ein Mann wie er, das passte einfach nicht zusammen.
Auch wenn Bellinda nicht im Luxus schwelgte, ja, selbst wenn sie auf eine Menge Annehmlichkeiten freiwillig verzichten könnte, sie würde sich niemals auf einen Mann einlassen, der seine gesamte Habe innerhalb einer Viertelstunde vollständig gepackt in den Kofferraum seines Wagens verfrachten konnte.
Einen Mann, der die meiste Zeit seines Lebens auf der Flucht gewesen war, vor seinen Feinden und vor sich selbst. Der es nicht einmal schaffte, seine eigenen Angelegenheiten in Ordnung zu bringen. Der nicht einmal für sich selbst einstehen konnte.
Nein, eine Frau wie Bellinda Carlyle hatte etwas weit Besseres verdient als einen Versager wie ihn. Keinen Verlierer, an dem nichts wirklich echt war, nicht einmal sein Name. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte er es sich gestattet zu träumen, einen wunderbaren, absolut unerfüllbaren Traum. Und war schließlich wieder erwacht.
Hier gab es nichts mehr, was ihn hielt, im Gegenteil. Es war höchste Zeit, von hier zu verschwinden, so schön und angenehm das Leben in Los Angeles auch gewesen war.
Die Polizei würde nicht mehr lange brauchen, um seinen wahren Namen herauszufinden. Danach würden die Jungs dann vor seiner Tür stehen und unliebsame Fragen stellen. Wenn ihn nicht alles täuschte, dann lag er als Verdächtiger ohnehin ganz weit vorn im Rennen, obwohl er in dieser Sache wirklich unschuldig war – was ihm nach all den Lügen natürlich niemand glauben würde.
Aber auch das war schon fast egal. Der Aufenthalt in dieser schönen Stadt ging eindeutig seinem Ende entgegen. Wenn seine falsche Identität ans Licht kam, dann fing alles wieder von vorn an. Seinen Job würde er unter Garantie verlieren. Ganz zu schweigen davon, dass er in Bellindas Augen noch viel tiefer sinken würde, als er ohnehin schon rangierte. Und die Wahrheit würde ihm kein Mensch abnehmen. Wieder einmal war sein Leben im Chaos versunken. Wieder einmal war es Zeit für einen Neuanfang!
Ein lautes Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen wehmütigen Gedanken. Dem Klopfen folgte eine leise, aber energische Ansage.
»Mr. Chantelle … bitte öffnen Sie die Tür.«
Roger kannte diese Stimme genau, obwohl er sie so lange Zeit nicht mehr gehört hatte. Er atmete tief durch. Es war tatsächlich wieder so weit. Seine Identität war kein Geheimnis mehr, seine Sicherheit hier in L.A. gefährdet. »Kommen Sie rein, Marshal Teeks, es ist nicht abgeschlossen … wir können gleich los, meine Taschen sind gepackt. Darf ich fragen, wohin Sie mich diesmal bringen werden? Wie wär’s mit dem mittleren Westen? New York?«
»Sie wissen doch, dass ich Ihnen das erst unterwegs verraten werde. So ist nun mal die Regel. Aber keine Sorge, bis wir dort ankommen, ist schon alles vorbereitet. Übrigens ist Ihre wahre Identität nur der Polizei in L.A. bekannt, Ihre Verlegung ist rein vorsorglich. Sie können also überlegen, ob Sie diesen Namen behalten wollen. Aber wenn ich Sie wäre …« Teeks ließ offen, was genau er an Rogers Stelle tun würde, aber Roger war sich darüber im Klaren, dass das Risiko einfach zu groß war. Es war wieder an der Zeit, ein falsches Zuhause und einen falschen Namen hinter sich zu lassen.
Zu viele Sektenmitglieder der Hommes Noirs waren immer noch im Verborgenen aktiv und suchten nach ihm. Ihm, Roger Chantelle, einst ein Mitglied in ihrer verfluchten Sekte. Nachdem er ihren damaligen Anführer, den père innovateur Stephane Roumiere, und seine ranghöchsten Komplizen verraten hatte, war er seines Lebens nicht mehr sicher.
Seine Gedanken wanderten weit zurück in die Vergangenheit. Er sah sich selbst in der alten Fischerhütte im Kreis dieser skrupellosen Gruppe von Männern in ihrem religiösen Wahn. Roch noch einmal den Gestank nach vermoderndem Fisch und dem Brackwasser des Flusses. Hörte die wimmernden Laute draußen vor der Hütte, wo Roumiere seine Opfer tötete.
Anfangs hatte Roger nicht gewusst, dass es sich bei diesen Opfern um Kinder, um unschuldige Babys handelte. Er dachte an Katzen oder
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