Inspiration – Du sollst mein sein!
Kalkulation und perfektes Timing schließen. Auch die Auswahl der Örtlichkeiten bewies seine Kaltblütigkeit und Nervenstärke.
Die Leiche von Christine Lennox war in der Scheune einer verlassenen Farm knapp vor den Toren der Stadt gefunden worden. Auf einem Grundstück, das nur wenige hundert Meter neben einer stark befahrenen Straße lag. Kaltblütig und nervenstark, anders konnte Rick das Wesen des Mörders nicht beschreiben.
All das war schon Grund genug, besorgt zu sein. Doch das Entsetzen hatte ihn seit Miguels zweitem Anruf gepackt. Entgegen aller Annahmen war Bellindas Bewunderer doch in ihrer Wohnung gewesen. Und möglicherweise auch in ihrem Büro, was aber erst noch überprüft werden musste.
Jede Bewegung der jungen Frau, die sich in ihren eigenen vier Wänden natürlich unbeobachtet fühlte, hatte der Kerl verfolgt und wahrscheinlich aufgezeichnet. Was würde Bellinda Carlyle empfinden, wenn sie es herausfand? Rick konnte es sich nicht vorstellen, er hoffte nur, dass sie noch nichts von ihrer Rund-um-die-Uhr-Überwachung wusste. Sie musste ohnehin mit den Nerven am Ende sein, wenn man Miguels Worten Glauben schenkte, und das tat Rick unbesehen. Es ging der jungen Frau wirklich schlecht, wenn Miguel um Hilfe bat.
Ricks düstere Gedanken wurden unterbrochen, als Corinne Wheeler ganz salopp in Jeans und T-Shirt oben an der Treppe erschien. Neugierig blickte sie ihm entgegen und sah wieder ganz wie sie selbst aus. Das warme herzliche Leuchten, das sie zu umgeben schien, war zurückgekehrt. Wenigstens eine Sorge, die Rick abhaken konnte.
»Haben Sie den Kerl erwischt?« Corinnes Blick verriet gespannte Aufmerksamkeit, doch als sie Ricks bedrückte Miene sah, korrigierte sie ihre Annahme selbst. »Nein, ich seh schon, Sie haben ihn noch nicht. Schade, ganz kurz dachte ich, dass ich wieder mein normales Leben führen könnte. Obwohl es mir hier bei Ihren Verwandten ausnehmend gut gefällt. Beide sind sehr nett und herzlich. Aber die eigenen vier Wände sind halt durch nichts zu ersetzen, nicht wahr?«
Rick nickte nur bestätigend und holte dann tief Luft. »Corinne, ich weiß, dass Sie schon eine Menge mitgemacht haben in letzter Zeit. Aber ich brauche Ihre Hilfe. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich Ihnen schon die Zusammenhänge zwischen dem Tod Ihrer Schwester, Ihrem Überfall und einer jungen Frau namens Bellinda Carlyle erläutert habe. Also mach ich es einfach noch mal.«
Rick räusperte sich kurz. »Miss Carlyle ist Drehbuchautorin. Vor Jahren hat sie Trailer für eine Horror-Nachtserie geschrieben. Und exakt diese Trailer benutzt unser Mörder als Vorlage für seine Verbrechen. Außerdem scheint er eine beinahe bizarre Vorliebe für Miss Carlyle zu haben. Er schreibt ihr glühende Briefe und füttert sie mit Informationen über seine Taten. Neuerdings schickt er auch Fotos mit. Zu allem Überfluss war das letzte uns bekannte Opfer eine Freundin von ihr, die er bestialisch hingemetzelt hat. Die junge Frau ist am Ende ihrer Kraft und benötigt dringend Unterstützung. Deshalb hab ich an Sie gedacht. Würden Sie mich zu Miss Carlyle begleiten? Es wäre wirklich eine große Hilfe, wenn ich Sie dabei hätte, vor allen Dingen auch in Ihrer Eigenschaft als Ärztin. Mein Bruder ist im Moment bei ihr, er war am Telefon sehr besorgt über ihren Zustand. Und glauben Sie mir, Miguel übertreibt nur sehr selten.«
Stumm und aufmerksam hatte Corinne seinem kurzen Bericht gelauscht. Einiges war ihr schon bekannt. Rick hatte bei ihren weniger dienstlichen Zusammentreffen davon gesprochen. Auch dass sein Bruder der Bodyguard gewesen war, der ihre Schwester hätte beschützen sollen. Wenn sie auch anfangs auf Miguel Velasquez wütend gewesen war, so hatte sich das nach dem von Stephanie Delainy bestätigten Bericht über Geraldines verrückten Ausbruchsversuch bald gelegt. Der Mann trug genauso wenig Schuld am Tod ihrer Schwester wie sie selbst. Doch von der Verbindung zwischen den Drehbüchern und den Morden hatte sie bisher nichts gewusst.
Unwillkürlich stellte sie sich vor, wie sie selbst reagieren würde, wenn irgendjemand auf diese entsetzliche Art ihre Arbeit kopieren und missbrauchen würde. Ihr drehte sich fast der Magen um.
»Selbstverständlich komme ich mit, Rick. Weitere Erklärungen sind überflüssig. Ich werde schnell meinen Notfallkoffer holen und mir Miss Carlyle ansehen. Warten Sie noch einen Augenblick, ich bin gleich wieder da, und dann können wir los.«
Corinne eilte zurück die Treppe
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