Intelligenz unerwünscht
Testverfahren teilweise zu Spitzenkräften herangebildet wurden. Man hatte immerhin rund hundert Jahre lang Zeit gehabt, denn so lange hatte der Weltraumkrieg zwischen Mars und Deneb gedauert.
Es wäre für mich ebenso natürlich gewesen, psychologisch geschickt vorzugehen und diesen jungen Erdenbewohnern ihren ureigenen Götterglauben und ihre Riten zu belassen. Es wäre mir als Marsbefehlshaber nicht im Traume eingefallen, die tiefverankerten Sitten und Gebräuche auch nur anzutasten; im Gegenteil – ich hätte die Atlanter dabei unterstützt und geschickt versucht, meine politischen und industriellen Interessen in diesen Volksglauben einzuordnen.
Und was noch selbstverständlicher und logischer gewesen wäre: Ich als marsianischer Soziologie-Spezialist hätte unter allen Umständen dafür gesorgt, daß meine unendlich überlegenen Raumschiffsbesatzungen, zumindest aber deren Kommandeure, als allmächtige Gottheiten in diesen Volksglauben mit einbezogen wurden.
Ich selbst hätte mich unter Beachtung der Spielregeln beispielsweise als Sohn der Sonne feiern lassen. Um so leichter wäre mir die Bewältigung meiner Aufgabe gefallen – nämlich die Herstellung kriegswichtiger Güter aller Art mit Hilfe lernfreudiger und glaubensbekennender Frühmenschen.
Nunmehr, an Bord der NEPTUN, waren für mich diese Rätsel der Vergangenheit gelöst. So und nicht anders mußte es gewesen sein, denn die Marsianer waren nicht als Feinde, sondern als hilfesuchende Intelligenzwesen gekommen, die infolge des überraschend ausgebrochenen Weltraumkrieges unter allen Umständen einen möglichst naheliegenden Versorgungsstützpunkt mit erträglichen klimatischen und atmosphärischen Bedingungen bauen mußten.
Wo hatte sich nun ein solcher Stützpunkt angeboten? Selbstverständlich in der Form der nahen Erde, des dritten Planeten unseres Sonnensystems.
Die riesigen Kontinentalmassen dieser Welt waren aber eisbedeckt gewesen. Die mittelafrikanischen Zonen, ebenso eisfrei wie Atlantis, hatten sich für marsianische Bedürfnisse nicht geeignet, denn die Lufthülle ihres Heimatplaneten war schon immer dünner und weniger sauerstoffreich gewesen als jene der Erde.
Deshalb schieden die eisfreien afrikanischen Äquatorgebiete aus. Das war völlig logisch und richtig gedacht. Man hatte nach einem Hochland suchen müssen, nach weiten Plateaus mit dünner Bergluft, aber ausreichender Sonnenbestrahlung. Dort fühlten sich die marsianischen Dünnsauerstoff-Atmer am wohlsten. Das entsprach am ehesten ihren heimischen Bedingungen. Sie wollten nicht nur weit entfernt vom Mars in relativer Sicherheit fabrizieren und Nachschubgüter an die Flotte liefern; sie wollten ferner so angenehm wie möglich in einer gewohnten Umgebung leben.
All diese Voraussetzungen hatten sie auf dem Erdteil Atlantis gefunden; und zwar genau dort, wo wir jetzt mit der NEPTUN in durchschnittlich eintausendachthundert Meter Tiefe den Meeresgrund absuchten.
Zwischen den Hochgebirgen der heutigen Azoren hatte es vor 187.000 Jahren endlose Hochebenen mit nur dürftigem Pflanzenwuchs gegeben. Marsianer, die eine derart dünne Luft als wohltätig empfanden, hatten ihre Villen an den riesigen Berghängen in jeder beliebigen Höhenlage erbauen können.
Zwischen diesen Bergketten aber hatte sich ein zirka zweitausend Quadratkilometer großes Gelände von relativ flacher und gleichförmiger Bodenstruktur zur Errichtung gewaltiger Industrieanlagen geradezu
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