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Internet – Segen oder Fluch

Internet – Segen oder Fluch

Titel: Internet – Segen oder Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Passig , Sascha Lobo
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privaten (und dezentralen) Zusammenspiel Einzelner? Seit das Internet vom Nerdspielzeug zu einer Art Gesellschaftsbetriebssystem geworden ist, steht es in der Debatte, die auch um andere politische oder ökonomische Großsysteme geführt wird: Etatismus gegen Liberalismus, Sozialismus gegen Kapitalismus, Plan gegen Markt. Und die gesellschaftliche Regulierung allgemein – ob, wie und wann – spielt dabei die Hauptrolle.
    Für die Diskussion um die Regulierung des Internets muss man den Wettstreit zwischen autark und zentral, der mit TCP und X. 25 begann, als immer noch andauernden Prozess betrachten. Es ist keineswegs so, dass die eine Seite schon gewonnen hätte, auch wenn aus den beschriebenen Gründen Offenheit und Freiheit strukturelle Vorteile haben. Noch. Dass dieser Konflikt ständig neu aufgelegt wird, liegt vor allem daran, dass das Netz sich technisch immer weiterentwickelt. Und bei jedem kleinen Fortschrittchen stellt sich die Frage neu, in welche Richtung die Entwicklung getrieben wird: Zentralismus oder Autarkie, Systemstärkung oder Nutzerstärkung, Sicherheit oder Freiheit. Es ist unwahrscheinlich, dass jemals eine Seite aufgibt, nach Hause geht und sich wimmernd ins Bett legt, um nie wieder aufzustehen. Der Widerstreit wird für immer Teil des Netzes sein.
    Die historisch gewachsene Struktur des Internets ist nicht der einzige Grund dafür, dass das Netz zur Offenheit tendiert. Auch die Maschinen, die technische Hardware, geben die Richtung vor. Bis vor einigen Jahren waren das weitgehend traditionelle, frei programmierbare Personal Computer. Diese Maschinen sind sogenannte generative Systeme, das heißt: extrem flexible, extrem formbare Instrumente, die ein paar Grundregeln festlegen und dem Nutzer dann mehr oder weniger Verfügungsgewalt lassen. Generatives System bedeutet hier, dass man seinen Computer programmieren könnte, wenn man programmieren könnte. Wenn man es nicht kann, ist es keine Schande, jedenfalls noch nicht [68] . Man hat nämlich trotzdem die Möglichkeit, auf einem solchen System die Programme anderer Leute zu installieren. Das ist recht praktisch, wenn man nicht die ersten zwanzig Jahre seines digitalen Lebens damit verbringen möchte, erst mal einen vernünftigen Browser zu coden oder endlich Word neu und besser zu programmieren (obwohl geschätzte 1 , 5  Milliarden Leute darüber sehr froh wären).
    Aus der Perspektive eines kontrollfixierten Sicherheitsfans allerdings sind generative Systeme katastrophale Risiken. Denn die Installation von Software ist so leicht, dass das häufig aus Versehen passiert. Generative Systeme bzw. selbstprogrammierbare Maschinen sind also zwar die Manifestation der digitalen Freiheit, aber zugleich der Grund, warum Computer von Viren befallen werden können, Fernseher aber nicht, obwohl die doch auch irgendwie an einem Netz hängen und vollgestopft sind mit Platinen. Fernseher sind nongenerative Systeme, sie bieten genau sechsundsiebzig verschiedene Funktionen an. Und was der Hersteller nicht eingebaut hat, lässt sich auch nicht nachrüsten.
     
    Für die Zukunft der Diskussion um Kontrolle versus Freiheit wird mitentscheidend sein, wie sich die mittlerweile etablierten Mischformen aus generativen und nongenerativen Systemen schlagen werden. Das iPhone und das iPad haben viel dazu beigetragen, das Netz auch denen interessant und benutzbar erscheinen zu lassen, die mit der überkomplexen PC - und Browser-Welt zwischen Firefox-Plug-ins und Adobe™-Flash™-Aktualisierungsgehampel überfordert waren.
    Aber die mobilen i-Geräte der Applewelt sehen nur so aus, als ob sie Computer wären. Tatsächlich sind ihre generativen Eigenschaften beschränkt. Apple kontrolliert jedes Bit Software, das sich (zumindest offiziell) auf iPhone und iPad laden lässt. Nur und ausschließlich der firmeneigene App Store beliefert diese computerähnlichen Geräte mit neuer Software. Zwar kann jeder bei Apple Programme einreichen – die dann aber einer nicht unkomplizierten Prüfung unterzogen werden. Und danach entscheidet Apple in einem intransparenten Prozess, ob die Software überhaupt zugelassen wird. Ein theoretisch passendes Programm für das iPad, das man auf einem USB -Stick direkt daneben liegen hat, lässt sich beim besten Willen nicht darauf installieren, wenn Apple das nicht will – falls man nicht das iPad hacken kann und möchte.
    Durch den großen Erfolg von Apples i-Universum haben sich die Endgeräte, mit denen das Netz genutzt wird, heute in

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