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Intimer Betrug

Intimer Betrug

Titel: Intimer Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Landon
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mulmig, als ihr Blick auf den grimmigsten Gesichtsausdruck fiel, den man sich nur vorstellen konnte.
    Sie konnte das nicht. Konnte nicht gegen ihn kämpfen, ohne zu verlieren.
    Sie wandte sich ab, jede Faser ihres Körpers drängte sie zur Flucht. Die Treppe hinaufzurennen und nie wieder stehen zu bleiben.
    »Denken Sie nicht einmal daran«, warnte er sie, seine Stimme ein tiefes, gefährliches Knurren.
    Sie schluckte heftig und gab nach. Mit zitternden Beinen drehte sie sich wieder zu ihm zurück.
    In ihrem ganzen Leben hatte sie noch nie etwas so Schwieriges getan. Nicht einmal in jener Nacht bei Hannah, als sie auf ihn wartete. Oder als sie den Zorn ihres Vaters über sich ergehen ließ. Oder sie gezwungen war, ihr Zuhause zu verlassen, wohl wissend, dass sie nie wieder sicher darauf vertrauen konnte, ein Dach über dem Kopf zu haben. Nichts von alledem hatte so viel Mut erfordert, wie sie nun brauchte, um jenen ersten Schritt auf den Mann zuzugehen, der am Fuße der Treppe auf sie wartete. Auf den Mann, auf dessen Gesicht mehr Wut zu erkennen war, als sie je zuvor gesehen hatte.
    Sie straffte die Schultern und trat zögernd einen Schritt auf ihn zu. Sein Blick ruhte auf ihr, hielt sie in einem so festen Griff, dass sie zu ersticken drohte. Es würde nicht einfach sein. Aber nicht viel in ihrem Leben war einfach gewesen, seit ihre Mutter gestorben war und es allein an ihr gewesen war, ihreSchwestern großzuziehen und sie vor der Geldgier und der Verachtung ihres Vaters zu schützen.
    Immer einen Schritt nach dem anderen stieg sie nach unten. Sie würde sich dem Problem auf dieselbe Art stellen wie allen anderen zuvor: unerschrocken und allein.
    Am Fuß der Treppe ging sie an ihm vorbei und verlangsamte ihren Schritt, da sie unsicher war, was er von ihr erwartete. Er berührte sie leicht am Rücken und führte sie nach links zu dem Raum, den ihr Schwager als Arbeitszimmer nutzte. Sie hob das Kinn und lief erhobenen Hauptes den Korridor entlang.
    »Ich glaube nicht, dass Wedgewood etwas dagegen hat, wenn wir sein Arbeitszimmer benutzen, um unter vier Augen zu sprechen«, sagte er und stieß die Tür auf. »Ich bin mir sicher, es wäre ihm lieber, wenn wir das, was zwischen uns vorgefallen ist, nicht in aller Öffentlichkeit diskutierten, wo die Hälfte der Londoner Gesellschaft unser Gespräch mithören kann.«
    Ihr Gesicht brannte vor Scham, doch sie weigerte sich, sich von seinem Sarkasmus einschüchtern zu lassen. »Ja, das wäre es wohl.«
    Hoch erhobenen Hauptes rauschte sie an ihm vorbei und durch die Tür. In dem holzgetäfelten Zimmer spendete nur der Kamin etwas Licht. Grace entzündete an den Flammen eine Wachskerze und ging damit zur Lampe auf dem Schreibtisch ihres Schwagers, um auch sie anzuzünden. Sie betete, dass dem Mann, der sie nicht aus den Augen ließ, nicht auffallen würde, wie ihre Hände zitterten. Dass er nicht bemerkte, wie verängstigt sie war, wie sie zusammenzuckte, als er die Tür hinter ihr zuknallte.
    Obwohl ihre Hand fast unkontrolliert zitterte, versuchte sie, noch eine zweite Lampe anzuzünden, die auf einem Beistelltisch stand. Sie wollte sie alle anzünden. Die Helligkeit würde ihm signalisieren, dass sie nicht beabsichtigte, sich im Dunkeln zu verstecken.
    Sie hätte beinahe aufgeschrieben, als seine Hand ihre berührte und er ihr die Wachskerze abnahm.
    »Lassen Sie mich das machen.«
    Grace trat einen Schritt zurück, um ihm nicht so nahe zu sein. Sie wollte nicht an seine Größe erinnert werden, an die Breite seiner Schultern oder daran, wie perfekt er zu ihr passte.
    »Möchten Sie alle an haben?«, fragte er, entzündete eine dritte Lampe und stellte sie auf die Ecke des Schreibtischs.
    »Ja.«
    Er wandte den Kopf und sah sie über die Schulter an. Ein ironischer Blick traf den ihren. »Ich meine mich zu erinnern, dass Sie bei unserer letzten Zusammenkunft die Dunkelheit bevorzugten.«
    Sie schnappte nach Luft. »Sie machen es mir nicht gerade leicht.«
    Seine Miene verfinsterte sich, wurde noch einschüchternder. »Sie haben es nicht verdient, dass ich es Ihnen leicht mache.«
    Grace stand am Kamin und ließ die Wärme der Flammen in ihren Körper strömen. Sie wusste, dass es im Zimmer nicht kalt war, doch sie kam nicht gegen das Zittern an. Gegen das hartnäckige Zittern, das von ihrer Seele Besitz ergriffen hatte.
    Nach und nach entzündete er alle Lampen und bewegte sich dabei mit der Vorsicht und Aufmerksamkeit eines Jägers, der sich an seine Beute anpirscht.

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