Intimer Betrug
dafür war, dass sie ihm ihre Jungfräulichkeit geschenkt hatte.
Der Ausdruck in seinem Gesicht wurde mörderisch, seine Augen schwarz vor Wut. Sein Arm schloss sich fester um sie, hielt sie dicht an seiner Seite. Sie spürte die Wut, die dicht unter der Oberfläche brodelte. Eine Wut, die sich, wie sie fürchtete, mit tödlichen Konsequenzen entladen würde. Plötzlich fürchtete sie sich mehr als an dem Tag, als sie Fentington im Arbeitszimmer ihres Vaters gegenüberstand.
Sie hatte schreckliche Angst davor, was Raeborn tun würde, um ihre Ehre zu verteidigen.
Sie wusste, dass Fentington zu allem fähig wäre, dass er es genießen würde, der feinen Gesellschaft zu enthüllen, dass Grace keine Jungfrau mehr war, und sein Wissen zu benutzen, um Raeborn in Verlegenheit zu bringen. Und dem bliebe keine andere Wahl, als ihre Ehre zu verteidigen.
Fentington trat einen Schritt auf sie zu. »Sagen wir einfach, ich habe vertrauliche Informationen über Lady Grace.«
Raeborn zog gleichgültig die Schultern hoch. »Ich bin mir sicher, dass alles, was Ihnen zu Ohren gekommen ist, nur die größten Komplimente gewesen sein können.«
Grace schwankte. Raeborn blickte sie lächelnd an.
»Und wenn dem nicht so ist?«
Langsam hob Raeborn den Blick zu Fentington. Als er sprach, war seine Stimme leise, die träge, gedehnte Aussprache eine klare Warnung. »Dann wäre ich an Ihrer Stelle sehr vorsichtig, Mylord. Ich habe eine besondere Zuneigung für die Dame entwickelt und würde Sie nur ungern wegen geringschätziger Bemerkungen zur Rechenschaft ziehen müssen.«
»Ich versichere Ihnen, Euer Gnaden, dass alles, was ich sage, nichts als die Wahrheit wäre und nur zu Ihrem Nutzen ausgesprochen würde. Um Ihnen – wie kann ich es taktvoll formulieren? – zukünftige Peinlichkeiten zu ersparen.«
Raeborn schob sie hinter sich. Das war das erste echte Warnsignal für Grace. Das zweite war der leise, todbringende Unterton in Raeborns Stimme, als er sprach.
»Sehen Sie sich vor, Fentington.«
In demonstrativer Frömmigkeit senkte Fentington ehrerbietig den Kopf. »Glauben Sie mir, Raeborn, wenn ich Ihnen sage, dass es mir kein Vergnügen bereitet, Ihnen zu sagen, was ich Ihnen sagen muss. Doch es ist meine christliche Pflicht.«
Graces Knie gaben nach, als Fentington den Kopf hob und seinen hämischen Blick direkt auf sie richtete. Sie fühlte, wie Raeborns Wut größer wurde. Wusste, dass er nicht zögern würde, den Baron herauszufordern.
Das war alles ihre Schuld. Sie war der Grund für alles. Sie hegte keinerlei Zweifel daran, dass Raeborn sich in Gefahr bringen würde, um ihre Ehre zu verteidigen, wenn sie nicht bald etwas unternähme.
»Bitte lassen Sie uns allein, Lord Fentington«, mischte Grace sich ein und trat vor. »Ich nehme großen Anstoß an Ihrer Gegenwart – genau wie an Ihren Anschuldigungen – und wünsche, dass Sie jetzt gehen.«
Fentington lachte. »Das tun Sie ganz bestimmt, doch es wäre nachlässig von mir, wenn ich zuließe, dass die Zuneigung Seiner Gnaden für Sie sich noch weiter entwickelt, ohne ihn an meinem Wissen teilhaben zu lassen.«
»Nein.«
»O doch, Mylady.« Er wandte sich wieder an Raeborn. »Es gibt einige Details über Lady Graces – warten Sie …« Fentington legte nachdenklich seinen langen, dünnen Finger an seine Wange, als suchte er nach dem perfekten Wort, »…
Charakter
, über die Sie vielleicht Nachforschungen anstellen sollten, bevor Sie ernstere Gefühle für sie entwickeln.«
Raeborn zog sie wieder hinter sich. »Ich warne Sie, Fentington.«
Fentington lächelte. »Glauben Sie mir, Euer Gnaden, wenn ich Ihnen sage, dass niemand schockierter war als ich, die Wahrheit über Lady Grace zu erfahren.«
»Genug«, knurrte Raeborn. »Es sei denn, Sie bezwecken damit, dass die heutige Nacht ihre letzte auf Erden ist. Wenn Sie den Morgen noch erleben wollen, schlage ich Ihnen vor, mir aus den Augen zu gehen. Anderenfalls lassen Sie mir keine Wahl, als Sie herauszufordern, sich in der Morgendämmerung mit mir auf Cravenshaws Wiese zu treffen.«
Unter Graces Füßen bebte die Erde. »Nein, Euer Gnaden.« Sie wollte noch mehr sagen, wurde jedoch zum Schweigen gebracht, als der Duke of Raeborn ihr den düstersten Blick sandte, den sie je gesehen hatte.
Fentington wirkte angesichts der Wende, die die Dinge genommen hatten, sogar noch schockierter. »Aber Euer Gnaden würde doch sicher …«
Bevor Fentington reagieren konnte, packte Raeborn den Baron am Kragen und
Weitere Kostenlose Bücher