Intimer Betrug
empfinden. Doch mit derselben Sicherheit wusste sie auch, dass es bereits zu spät war. Sie hatte den Punkt überschritten, an dem sie ihr Herz noch schützen konnte. Es war während ihres Betrugsgeschehen, in der Nacht, in der sie sich ihm hingegeben hatte. In der schönsten Nacht ihres Lebens.
Grace nahm seine Hand in ihre, verschränkte seine Finger mit ihren, legte ihre Handfläche gegen seine. Ein heißes Feuer, so ungemein lebendig, dass es ihr den Atem raubte, schoss ihren Arm hinauf, durch ihre Brust und sank wieder hinab, um in ihrem Unterleib zu lodern.
Sie schloss die Augen und betete darum, ohne den Teil ihres Herzens weiterleben zu können, der bereits ihm gehörte, obwohl er ihn überhaupt nicht wollte.
Kapitel 11
V incent öffnete die Augen zunächst nur einen Schlitz und versuchte sich zu erinnern, wo er sich eigentlich befand. Als er sich bewegte, fragte er sich, warum er so schreckliche Schmerzen hatte.
Er kannte dieses Zimmer nicht. Die Tapete mit den burgunderroten Rosen sah ganz anders aus als die in seinem Schlafzimmer und auch die waldgrünen Vorhänge waren ihm völlig fremd. Er schloss die Augen wieder und atmete tief durch die Nase ein. Seine Seite brannte höllisch und sein Kopf hämmerte wie nach einer durchzechten Nacht. Mit großer Anstrengung hob er die Augenlider wieder und drehte den Kopf, um sich im Zimmer umzusehen. Und erblickte sie.
Eine dunkle Steppdecke bis ans Kinn gezogen, saß sie mit untergeschlagenen Beinen in einem gepolsterten Ohrensessel. Ihre Augen waren geschlossen und ihre Schultern hoben und senkten sich langsam.
Ihr weizenblondes Haar war mit einem rosafarbenen Band im Nacken zusammengebunden. Irgendwann in der Nacht musste sie das besudelte Kleid ausgezogen haben, das sie getragen hatte, als sie versuchte, die Blutung zu stillen.
Als sie sich im Schlaf regte, rutschte ihr die Steppdecke über die Schulter. Sie trug einen hochgeschlossenen Morgenrock und darunter ein Nachthemd. Sie zeigte viel weniger Haut als in einem der Ballkleider, die gerade in Mode waren, doch der Gedanke, dass sie darunter nackt war, hatte eine heftigere Wirkung auf ihn, als ihm lieb war. Die Erinnerungen an ihre erste gemeinsame Nacht ließen ihn einfach nicht los.
Als spürte sie, dass er wach war, schlug sie ihre dunklen Augen auf. »Guten Morgen, Euer Gnaden.«
Ihre Stimme war fast ein Flüstern und er fragte sich, ob ihr bewusst war, wie sinnlich das klang. »Guten Morgen.«
Sie zog sich die Steppdecke wieder bis ans Kinn, beugte sich zu ihm und legte ihm die Hand zuerst auf die Stirn, dann gegen seine Wange. Er konnte den Blick nicht von ihrem Gesicht wenden und wurde mit einem warmherzigen Lächeln belohnt.
»Sie haben kein Fieber. Das ist gut. Möchten Sie einen Schluck Wasser?«
»Ja.«
Um ihm ein Glas Wasser einzuschenken, musste sie die Decke loslassen. Er sah, wie sie errötete, bevor sie ihm den Rücken zuwandte und die Decke über den Stuhl legte. Sie hielt inne.
»Vermutlich finden Sie es albern, das ich mich vor Ihnen so ziere, nachdem wir …« Sie wandte sich zu dem kleinen Nachttisch und schenkte ihm mit zitternden Händen ein Glas ein. »Aber ich hatte nicht vor, einzuschlafen, und wollte längst wieder angezogen sein, wenn Sie wach werden.«
»Machen Sie sich keine Gedanken, Grace.«
Sie hielt ihm das Glas an die Lippen. Er trank ein paar Schlucke und ließ den Kopf wieder zurücksinken.
»Wie fühlen Sie sich?«, fragte sie.
»Fürchterlich.«
»Das wundert mich nicht.« Sie nahm wieder im Sessel Platz. »Haben Sie gesehen, wer auf Sie geschossen hat?«
Er zog es vor, die Frage zu ignorieren, und wechselte das Thema. »Warum sind Sie weggelaufen?«
Ein Stirnrunzeln, dann ein Ausdruck des Verstehens. »Sie haben ihn gesehen. Wer war es?«
»Sie müssen doch gewusst haben, dass ich Ihnen folgen würde.«
»Sie wollen mir keine Antwort geben, nicht wahr?«
»Nein. Warum sind Sie davongelaufen?«
Sie erhob sich und trat an den Kamin, um noch ein Holzscheit auf das niedergebrannte Feuer zu legen. Sie nahm sichübertrieben viel Zeit dafür. Eine Verzögerungstaktik, die ihn nur noch mehr reizte.
»Ignorieren Sie mich nicht, Grace. Ich bin nicht in der Stimmung für irgendwelche Spielchen.«
Ihr tiefer Seufzer war durchs ganze Zimmer zu hören. Sie wandte sich ihm zu und sah ihn an.
»Ich musste einfach weg, Euer Gnaden. Ich brauchte Zeit zum Nachdenken.«
»Worüber?«
»Das sollten Sie doch wissen.«
»Ich weiß nicht, was es da noch
Weitere Kostenlose Bücher