Intimer Betrug
selbst.« Sie legte seine Hand auf ihren dicken Bauch. »Siehst du, wie gesund er ist?«
Vincent ließ seine Hand dort liegen, unter ihrer, ihre Finger miteinander verflochten, und er konnte das Leben ihres Kindes unter seiner Handfläche spüren. Wenn er sie so in den Armen hielt, konnte er seine Ängste fast vergessen. Mit ihr an seiner Seite, rosig und gesund, konnte er beinahe ignorieren, welches Risiko er einging. Konnte sich einreden, dass ihm nicht noch einmal abverlangt würde, ein solches Opfer zu bringen. Und dass er nicht Grace verlieren würde, die er tief und innig liebte.
Er atmete tief durch und bemühte sich zu vergessen, wie es die Male zuvor gewesen war. Das letzte Mal und das …
»Du machst dir Sorgen, Vincent«, riss ihn ihre Stimme aus seinen Gedanken.
Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre kleinen Hände. »Weißt du noch, was ich dir gesagt habe?« Sie strich mit den Fingern über sein Kinn. »Ich habe dir doch gesagt, dass du dir keine Sorgen zu machen brauchst. Dass ich genügend Mut für uns beide habe. Sieh mich nur an.« Sie warf einen Blick auf ihren Bauch. »Es besteht kein Grund zur Sorge. Dein Kind wird gesund zur Welt kommen und ich werde überleben. Vertrau mir. Ich werde es dir sagen, wenn Anlass zur Sorge besteht.«
»Ach, Grace.«
Vincent beugte sich vor und küsste sie, vertiefte den Kuss. Als es an der Tür klopfte, zog er sich zurück.
»Kommen Sie herein, Carver«, rief er, weil er wusste, dass nur der Butler sie stören würde.
»Verzeihung, Euer Gnaden. Aber ein Bote von Lord Wedgewood ist soeben eingetroffen. Er wollte Euer Gnaden informieren, dass bei Lady Wedgewood die Geburt begonnen hat und sie nach Ihrer Gesellschaft verlangt.«
Grace sprang so schnell auf, wie es das Kind in ihrem Bauch erlaubte. Aufgeregt wandte sie sich an Carver. »Holen Sie meinen Umhang, Carver. Und lassen Sie die Kutsche vorfahren.«
»Sehr wohl, Euer Gnaden.«
»Nein, Grace!«
Er hörte, wie sie überrascht einatmete, sah, wie sich auf ihrem Gesicht erst Unglaube, dann Entschlossenheit breit machte. Carver zögerte an der Tür.
»Du brauchst nicht mitzukommen, Vincent«, sagte sie. Ihr Tonfall war angespannt, ihre Aussprache überdeutlich. Als müsste sie sich zwingen, ruhig zu bleiben. »Aber ich will bei Caroline sein, wenn sie ihr Kind bekommt. Davon wirst du mich nicht abhalten.«
Einige lange, spannungsgeladene Momente verstrichen, in denen keiner von ihnen etwas sagte. Ihr herausfordernder Blick verriet ihm, dass sie in dieser Sache nicht nachgeben würde. Nicht ohne einen Streit, der ernste Konsequenzen nach sich ziehen würde. Schließlich blickte er zu Carver, der immer noch mit der Hand auf der Türklinke dastand.
»Schicken Sie nach der Kutsche, Carver. Und holen Sie Ihrer Gnaden ihren Umhang – und mir meinen Mantel.«
»Ja, Euer Gnaden.«
Carver verschwand und Grace lief in Vincents Arme und hauchte ihm einen Kuss auf den Mund. »Danke, Vincent«, sagte sie und eilte aus dem Raum.
Er folgte ihr.
»Du brauchst nicht mitzukommen«, sagte sie noch einmal, als Carver ihr das Cape um die Schultern legte. »Ich kann allein fahren. Oder Alice mitnehmen.«
Er warf ihr einen finsteren Blick zu und sagte sich, dass er die Nacht schon überleben würde. Schließlich war die Frau, die inden Wehen lag, nicht seine. Nur die Schwester seiner Ehefrau und eine sehr liebe Freundin.
Sie reichten ihre Mäntel Wedgewoods gestrengem Butler und Vincent begab sich in Wedgewoods Arbeitszimmer, während Grace die Treppe hinaufeilte. Viscount Carmody war bereits da, genauso wie der Earl of Baldwin und Wexley.
»Josalyn, Francine und Anne sind oben bei Caroline«, erklärte Wedgewood und reichte Vincent ein Glas mit einer bern-steinfarbenen Flüssigkeit. »Ich rechne damit, dass auch Hansley und Adledge bald eintreffen werden.«
Vincent sah sich im Zimmer um und registrierte die ernsten Mienen der anderen.
»Ich hätte heute Morgen schon wissen müssen, wie es steht, als sie das Personal anwies, das Silber zu polieren«, sagte Wedgewood und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Selbst Mrs. Marble, die Haushälterin, wusste es. Sie hat das Küchenpersonal angewiesen, mehr zu backen als sonst, weil wir noch vor Sonnenuntergang alle hier versammelt sein würden.«
Vincent runzelte die Stirn, weil er nicht den geringsten Schimmer hatte, inwiefern das Polieren des Silbers von Bedeutung sein sollte.
»Francie verbringt diesen Tag immer in der Küche. Die Köchin sagt, es liege am warmen
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