Intimitaet und Verlangen
Akzeptiertwerden â mit anderen Worten: fremdbestätigte Intimität. Als Sharon über Mangel an Intimität in ihrer Beziehung mit Thomas klagte, ging es ihr um fremdbestätigte Intimität. Sie wollte über ihre Gefühle reden, und Thomas sollte diesem Bedürfnis entsprechen, indem er ihr seine Wertschätzung versicherte und sich ihr gegenüber offenbarte.
Sharon erklärte offen, sie wünsche sich »emotionale Unterstützung«. Doch tatsächlich ging es ihr um eine emotionale Verschmelzung mit Hilfe von Funktionsübertragung. Fremdbestätigte Intimität richtet sich an Ihr gespiegeltes Selbstempfinden. Doch wie Sie sehen werden, setzt selbstbestätigte Intimität voraus, dass Menschen ein stabiles und gleichzeitig flexibles Selbst haben.
Die Unterscheidung zwischen fremdbestätigter und selbstbestätigter Intimität entspricht der Organisation des Gehirns. Unterschiedliche Zellen ermöglichen grundlegende Unterscheidungen zwischen »Selbst« und »anderem«, die in den ältesten Gehirnbereichen getroffen werden. 2 Untersuchungen deuten darauf hin, dass an Bemühungen, sich in den Geist anderer Menschen einzufühlen, andere Bereiche in verschiedenen Gehirnregionen beteiligt sind als bei der Spiegelung der eigenen Gehirnaktivitäten (wobei es allerdings einige Ãberschneidungen gibt). Diese Unterschiede hinsichtlich der sensorischen Verarbeitung und komplexer kognitiver Prozesse deuten auÃerdem darauf hin, dass beim Spiegeln einer anderen Person mittels Entwicklung eines Modells ihres Geistes andere kognitive Prozesse im Spiel sind, als wenn man versucht, sich in die Situation des anderen zu versetzen (d.h. bei der »Simulation«). 3
Die »selbstorientierten« und »fremdorientierten« Teile des Gehirns, die an der mentalen Einfühlung in andere Menschen und in uns selbst beteiligt sind, spielen auch für die Intimität eine wichtige Rolle. Sie nehmen auf, wie sehr Ihr Partner sich wirklich konfrontiert und offenbart, und in welchem MaÃe sie selbst dies tun. Beides wirkt sich dramatisch auf die empfundene Intensität der Intimität aus. Fremdbestätigte Intimität ist nicht möglich, wenn wir uns nicht in den Geist unseres Partners einfühlen und nicht einschätzen, wie viel Empathie und Wertschätzung er für uns erübrigt und in welchem MaÃe er uns akzeptiert. Ebenso wenig ist selbstbestätigte Intimität möglich, wenn wir nicht in der Lage sind, uns in unsere eigenen mentalen Zustände einzufühlen.
Eine umfassendere Sicht der Intimität
Das Folgende wird Ihnen wahrscheinlich als »schwer verdaulich« erscheinen: Intimität mit Ihrem Partner beinhaltet nicht zwangsläufig, dass Sie von ihm bekommen, was Sie sich wünschen. Natürlich möchten wir alle akzeptiert werden, und wir wollen uns nicht zurückgewiesen, sondern sicher und geborgen fühlen. Doch Beziehungen, die auf fremdbestätigter Intimität basieren, geraten in Not, wenn einer der Partner einen schlechten Tag hat. Die Ehe ist eine interdependente Beziehung; ihre Resilienz gelangt in der Fähigkeit beider Partner zum Ausdruck, unabhängig voneinander zu agieren. Hätte sich die Ehe über die Jahrtausende auf fremdbestätigte Intimität verlassen, wäre Tapferkeit keine dominierende menschliche Eigenschaft.
Intimität ist ein interpersonaler Prozess, der Selbstkonfrontation und Selbstoffenbarung im Beisein des Partners beinhaltet. Intimität bedeutet, dass wir unseren eigenen Geist in Gegenwart unseres Partners spiegeln und gleichzeitig zulassen, dass auch unser Partner unseren Geist spiegelt. Manchmal akzeptiert und bestätigt Ihr Partner Sie und manchmal nicht.
Leider manifestiert sich Intimität nicht immer so sanft und gut wie die Milch der eigenen Mutter. Sie kann vielmehr auch schwer verdaulich sein und Sie würgen und nach Luft schnappen lassen. Wenn Sie selbst offen sind, kann Ihr Partner Ihnen Empathie, Bestätigung und Unterstützung bieten und Sie akzeptieren â oder er schaut Sie gelangweilt an, macht feindselige Bemerkungen oder sagt gar nichts.
Wenn Ihr Partner Sie nicht akzeptiert oder bestätigt, Sie jedoch in der Lage sind, sich selbst zu bestätigen und zu beruhigen , erleben Sie selbst bestätigte Intimität. Diese manifestiert sich im Allgemeinen zu einem späteren Zeitpunkt im Leben, oft aufgrund einer Notwendigkeit. Sie ist die
Weitere Kostenlose Bücher