Into the Deep - Herzgeflüster (Deutsche Ausgabe): Roman (German Edition)
an, was passiert war – mit dir, mit … allem. Deshalb weiß ich« – sie nickte so freundlich und verständnisvoll, dass es nicht leicht war, sie zu hassen – , »was du ihm bedeutet hast. Du bist für ihn etwas ganz Besonderes, aber er hat dir weh getan, und die Sache zwischen euch wurde nie richtig geklärt.« Melissa trank zittrig einen Schluck Bier, bevor sie sich mir wieder zuwandte. »Aber ich bin nicht einfach nur ein Mädchen, mit dem er sich trifft, Charley, ich bin ihm eine gute Freundin. Ich habe ihn nie verurteilt und freue mich, dass ich ihm helfen konnte, endlich zu erkennen, dass er keine Schuld hat an dem, was passiert ist – dass er kein schlechter Mensch ist. Mit jedem Tag, seit wir uns kennengelernt haben, lächelt Jake ein kleines bisschen öfter. Er lacht sogar über meine blöden Witze, weil er so lange nicht gelacht hat. Ich weiß, dass er morgens seinen schwarzen Kaffee braucht und dass er seinem Bruder jeden Tag eine SMS wegen irgendwelcher Kleinigkeiten schickt, nur damit er eine Ausrede dafür hat, mit ihm in Kontakt zu bleiben. Sich Pearl Jam anzuhören ist für ihn wie eine religiöse Erfahrung, und er schnarcht, wenn er auf dem Rücken liegt. Ich kenne ihn. Wir teilen dieselben Ansichten zu praktisch allem, wir streiten nie, na ja, bisher jedenfalls, und ich weiß, dass ihm das viel bedeutet. Ich liebe ihn, und er liebt mich, und ich gebe ihm Frieden.
Die Sache ist nur, dass du ihm auch viel bedeutest und er deine Freundschaft möchte. Das ist für mich nicht leicht, und ich stelle mir vor, dass meine Existenz für dich auch nicht leicht ist. Aber uns beiden ist Jake wichtig, deshalb möchte ich der Freundschaft eine Chance geben. Ich glaube, wenn wir versuchen, miteinander befreundet zu sein, könnte das helfen.« Sie lächelte. »Ich kann ziemlich cool sein, wenn du mich erst kennst.«
Ich schluckte mühsam. Es war, als würde alles, was sie gesagt hatte, in meiner Kehle wie ein glühender Holzscheit brennen. »Ich verstehe«, sagte ich stockend. »Und danke. Für deine Ehrlichkeit.«
»Jake sagt, du schätzt Menschen, die geradeheraus sind.«
Ich war nicht sicher, wie ich reagieren sollte. Deshalb dankte ich Gott, dass die anderen plötzlich ordentlich Krach machten, weil sie jemanden begrüßten. Jake. Er grinste uns an, seine warmen Augen verharrten auf Melissa und mir. Als er unsere Mienen sah, wurde sein Gesichtsausdruck nachdenklich.
»Komm, Mann, ich lasse dich reinrutschen.« Beck schob sich aus der Sitzecke.
»Lass mich erst raus!«, rief ich und versuchte, mir die Panik nicht anhören zu lassen. »Ich brauch was zu trinken. Noch jemand?«
Außer Claudia waren alle versorgt. Sie ließen mich aufstehen, und Jake rutschte rein. In sein Gesicht zu sehen erwies sich als großer Fehler. Dadurch schmerzten Melissas Worte noch mehr.
Jake sah mir in die Augen und zuckte zusammen. Irgendetwas an mir ließ ihn besorgt die Brauen hochziehen. Er öffnete den Mund, und ich wusste, dass er jeden Moment fragen würde, ob es mir gutgehe. Deshalb eilte ich zur Bar und hoffte, dass er sich inzwischen neben sein Mädchen gesetzt hatte und nicht mehr an mich dachte.
Ich lehnte mich gegen die Bar, rang nach Luft und kämpfte gegen das Zittern meiner Hände an.
Jedes Mal, wenn ich dachte, es könnte nicht noch schlimmer werden, bekam ich einen Schlag ins Gesicht. Jedes Wort von Melissa hatte mir einen Stich versetzt und mich in meine Schranken verwiesen. Bei ihr fand er Frieden. Sie stritten sich nicht wegen alberner Kleinigkeiten. Sie passten zusammen. Sie waren ein perfektes Paar. Bei ihr fand er Frieden.
Sie war für ihn »die Eine«.
Und ich konnte nur bei Gott hoffen, dass Jake für mich nicht »der Eine« war.
Ein warmer Körper schob sich an meine Seite. Ich tauchte auf aus dem dunklen Loch, in dem ich mich gerade befunden hatte, und sah in Lowes attraktives Gesicht. Er zuckte zusammen, genauso wie Jake eine Minute zuvor, als er in meine Augen sah. Lowe legte den Arm um meine Taille und zog mich an sich. »Er ist mein Freund und ein toller Kerl, aber im Augenblick könnte ich ihn umbringen.«
Ich richtete mich auf und sah ihn fragend an. »Wieso?«
»Charley, dein Pokerface entgleitet dir allmählich, und das sieht er. Er hat den Schmerz in deinen Augen erkannt, nachdem Melissa dir irgendeinen Scheiß erzählt hat. Wenn das nicht dafür genügt, dass er aufhört, ein selbstsüchtiger Bastard zu sein, und sich zurückhält, damit du loslassen kannst, werde ich ihm wohl
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