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Intrige (German Edition)

Intrige (German Edition)

Titel: Intrige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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bis die Glut verglimmt, und lege es sorgfältig in den Aschenbecher. »Also, Dreyfus kommt durch die Tür, was dann?«
    Ihm einen Zahn zu ziehen hätte nicht schwieriger sein können, aber nach und nach bekomme ich die Geschichte aus ihm heraus: wie Dreyfus ins Zimmer kam, sich umschaute und fragte, wo General Boisdeffre sei; wie du Paty sagte, dass er aufgehalten worden sei, Dreyfus einen Stuhl anbot, dann auf seine bandagierte Hand zeigte und ihn fragte, ob es ihm etwas ausmache, einen Brief für ihn zu schreiben, da er sich das Handgelenk verstaucht habe; wie Dreyfus unter den Augen von Cochefort, dessen Assistent und Gribelin, der ihm gegenübersaß, der Bitte nachkam.
    »Er muss doch nervös geworden sein«, sage ich. »Er muss sich doch gefragt haben, was das alles soll.«
    »O ja, ganz sicher. Das kann man an seiner Handschrift sehen. Ich kann sie Ihnen zeigen.« Gribelin geht wieder zu dem Aktenschrank und kommt mit einem mehrere Zentimeter dicken Ordner zurück. Er klappt ihn auf. »Das erste Blatt ist der Originaltext, den Oberst du Paty Dreyfus diktiert hat.« Er schiebt den Ordner zu mir herüber. »Da können Sie sehen, wie sich seine Handschrift ungefähr nach der Hälfte verändert, als er nämlich merkt, dass er in eine Falle getappt ist, und versucht, sie zu verstellen.«
    Der Text beginnt wie ein normaler Brief: Paris, 1 5. Ok tober 1 8 9 4. Schwerwiegende Gründe zwingen mich, die Schriftstücke, die ich Ihnen vor meiner Abreise ins Manöver überlassen habe, Monsieur, vorübergehend wieder an mich zu nehmen …
    »Ich kann nicht erkennen, dass sich seine Schrift nach der Hälfte verändert«, sage ich.
    »Doch, doch, es ist ganz offensichtlich. Hier.« Gribelin beugt sich über den Tisch und klopft auf eine Stelle. Er klingt gereizt. »Genau hier, wo der Oberst diktiert hat, ›die hydraulische Bremse des 1 2 0ers‹ – da kapiert er, was gespielt wird. Die Schrift wird plötzlich größer und ist nicht mehr so gleichmäßig.«
    Ich schaue noch einmal hin. Ich sehe immer noch keinen Unterschied. »Tja, möglich, wenn Sie es sagen …«
    »Glauben Sie mir, Herr Oberstleutnant, uns allen ist aufgefallen, dass er sich plötzlich anders verhalten hat. Sein Fuß begann zu zittern. Oberst du Paty hat ihm vorgeworfen, dass er seinen Schreibstil geändert habe. Dreyfus hat das bestritten. Als das Diktat beendet war, hat der Oberst ihm gesagt, dass er wegen Landesverrats unter Arrest steht.«
    »Und was ist dann passiert?«
    »Kommissar Cochefort und sein Assistent haben ihn verhaftet und durchsucht. Dreyfus leugnete weiter. Oberst du Paty hat ihm den Revolver gezeigt und die ehrenhafte Lösung angeboten.«
    »Wie hat Dreyfus darauf reagiert?«
    »›Wenn Sie wollen, erschießen Sie mich‹, hat er gesagt. ›Aber ich bin unschuldig!‹ Wie ein Schauspieler in einem Theaterstück. Oberst du Paty hat dann Major Henry geru fen, der sich hinter dem Wandschirm versteckt hatte, und der hat ihn ins Gefängnis gebracht.«
    Ich blättere durch die nächsten Seiten des Ordners. Zu meiner Verwunderung ist jedes weitere Blatt eine Abschrift des Bordereaus. Ich öffne den Ordner in der Mitte, dann schlage ich die letzte Seite auf. »Mein Gott«, flüstere ich. »Wie oft haben Sie ihn den Bordereau denn abschreiben lassen?«
    »Bestimmt über hundertmal. Verteilt über die nächsten Wochen. Hier, sehen Sie die Beschriftungen: linke Hand, rechte Hand, im Stehen, im Sitzen, im Liegen …«
    »Und das hat er alles in seiner Zelle geschrieben, nehme ich an.«
    »Ja. Monsieur Bertillon, der Handschriftenexperte von der Polizeipräfektur, wollte so viele Proben wie möglich. Er wollte daran demonstrieren, wie Dreyfus seine Handschrift verstellt hat. Oberst du Paty und ich sind normalerweise gegen Mitternacht ins Cherche-Midi gekommen und haben ihn dann die ganze Nacht über verhört. Das war die Idee des Herrn Oberst. Er hat ihn im Schlaf überrascht und ihm dann mit einer grellen Lampe ins Gesicht geleuchtet.«
    »Und in welcher seelischen Verfassung war er während der ganzen Zeit?«
    Gribelin weicht meinem Blick aus. »Offen gesagt, Herr Oberstleutnant, in einer ziemlich labilen. Er war in Einzelhaft. Er durfte keine Post und keine Besucher empfangen. Wenn er nach seiner Familie oder so fragte, dann kamen ihm ziemlich oft die Tränen. Ich weiß noch, dass mir mal Abschürfungen in seinem Gesicht aufgefallen sind.« Gribelin berührte eine seiner Schläfen. »Etwa hier. Die Wärter haben uns erzählt, dass er oft den Kopf

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