Invaders: Roman (German Edition)
sich seufzend in den Schlamm zurücksinken. Die Möwe trippelte näher an sein Gesicht heran und betrachtete ihn. Sie trug etwas im Schnabel, das wie ein Stück Papier und ein Kugelschreiber aussah. Großartig. Der Tag war ja keinesfalls bizarr genug gewesen. Jetzt musste er auch noch von einer verdammten Möwe träumen, die ihm was zu schreiben brachte. Vermutlich war das die Möwe, die nach links statt nach rechts oder nach oben statt nach unten oder so blickte.
»Verschwinde«, murmelte Geoff.
Die Möwe zwinkerte ihm zu.
»Hau ab!«, sagte er und versuchte mit letzter Kraft, den Vogel fortzuscheuchen.
Die Möwe öffnete den Schnabel und ließ die Schreibutensilien auf Geoffs Brust fallen.
»Hör auf damit!«, sagte sie und zog den Kopf ein, um Geoffs Hand auszuweichen. »Wir haben nicht viel Zeit!«
Geoff hob den Kopf und starrte die Möwe an. Sprach da in der realen Welt jemand mit ihm? Gab sich in seinem Traum eine Stimme als die Stimme einer Möwe aus – wie heute Morgen, als Tim versucht hatte, ihn zu wecken? Doch seine Schmerzen waren viel zu groß, als dass er über diese Wendung ins Zoomorphe hätte nachdenken können. Deshalb beschloss er, die sprechende Möwe einfach hinzunehmen und das Gespräch fortzusetzen.
»Was soll das heißen?«, fragte er.
»Wirf mal einen Blick zum See«, erwiderte die Möwe und nickte in Richtung Wasser. »Man ist schon auf dem Weg zu dir.«
Geoff gehorchte. Und in der Tat tauchte der Kapuzenmann gerade aus dem Wasser auf und strebte auf das Ufer zu.
»Wer ist das?«, fragte Geoff.
»Die Person, die dich niedergeschlagen hat«, erklärte die Möwe.
Geoff versuchte aufzustehen, jedoch ohne Erfolg. Er hatte überhaupt kein Gefühl in den Beinen.
»Was soll ich denn bloß machen?«, sagte Geoff, während er beobachtete, wie der Kapuzenmann immer näher kam. »Ich kann mich nicht bewegen!«
»Überrascht mich nicht«, entgegnete die Möwe. »In der realen Welt bist du nämlich in ziemlich schlechter Verfassung. Du hast eine klaffende Wunde am Kopf und blutest stark.«
Geoff betastete seinen Kopf. Der fühlte sich zwar feucht an, aber er war sicher, dass das nur Schlamm war.
»Stimmt ja gar nicht«, sagte Geoff. »Das ist Schlamm. Sieh mal.« Er streckte der Möwe seine Hand entgegen, die in der Tat mit braunem Schlamm beschmiert war.
»Das kommt daher, dass du deine Verletzung in deinem Traum in etwas anderes verwandelt hast«, erklärte die Möwe. »Schlamm ist Blut. Blut ist Schlamm. Kapiert?«
»Also jetzt steig ich da nicht mehr ganz durch«, erwiderte Geoff und spuckte einen weiteren Schlammklumpen aus. »Schlamm ist Blut?«
»Für so was haben wir jetzt keine Zeit«, sagte die Möwe, die ungeduldig auf Geoffs Oberkörper hin und her hopste. »Schnapp dir Papier und Kugelschreiber und schreib alles auf, was Eric dir mitgeteilt hat.«
»Warum?«
»Weil du jetzt, da Eric tot ist, der Einzige bist, der weiß, wie man den Computer wieder in Ordnung bringen kann«, antwortete die Möwe, »und weil die Person, die da gerade aus dem See kommt, versuchen wird, dafür zu sorgen, dass du vergisst, was du weißt.«
»Wie soll das denn vor sich gehen?«
»Das spielt keine Rolle. Schreib einfach schnell alles auf! Du bist der Einzige, der sie aufhalten kann!«
Geoff hatte zu große Schmerzen, um schreiben zu können. Er legte den Kopf in den Schlamm und schloss die Augen.
»Beeil dich!«, forderte die Möwe und hackte mit dem Schnabel auf Geoffs Brust ein. »Er ist gleich da! Du musst alles aufschreiben, was du weißt! Wenn du es aufschreibst, ist es egal, ob du es vergisst, weil deine Erinnerung dann auf dem Papier erhalten bleibt.«
Irgendwie ergab das keinen Sinn. Wenn dies ein Traum war, schrieb er doch nicht wirklich etwas auf, weil das Papier nur in seiner Einbildung existierte. Inzwischen hatte der Kapuzenmann jedoch das Ufer erreicht. Mit letzter Kraft setzte sich Geoff auf, nahm den Kugelschreiber und kritzelte, so schnell er konnte, aufs Papier, was Eric ihm über die Lücke im Algorithmus erzählt hatte.
»So«, sagte er dann und ließ sich erleichtert in den Schlamm zurücksinken. »Das ist alles.«
»Na Gott sei Dank«, meinte die Möwe und sprang von Geoffs Brust herunter. »Das bewahre ich auf, bis deine Erinnerung zurückkehrt.« Sie nahm das Blatt Papier mit dem Fuß auf und flog los. Der Kapuzenmann, der jetzt direkt vor Geoff stand, versuchte sie zu packen, doch es gelang ihr gerade noch zu entkommen.
»Verdammt«, sagte der Kapuzenmann und
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