Invasion 01 - Der Aufmarsch
Pistole in der Hand. Die Waffe spie einen Feuerstrahl in das Dunkel im Untergeschoss des nächsten Gebäudes. Ein Schrei verhallte, und als der Major wieder hinsah, steckte die Pistole bereits wieder im Holster. Das hatte weniger Zeit in Anspruch genommen, als Steuben dazu gebraucht hätte, den Abzug zu betätigen.
»Nun«, erklärte Steuben benommen, »Sie haben die kärglichen Überreste der Zehnten Panzergrenadiere vor sich. Wir haben nicht einmal mehr genug Leute, um unsere eigenen Toten zu begraben, falls wir sie überhaupt finden können.«
»Ja, Sir«, sagte die gesichtslose Rüstung mit stoischer Ruhe. »Irgendwann holt uns alle der Sensenmann, aber heute hat er sich wirklich zu viele geschnappt.«
»Ja. Wie lauten Ihre Anweisungen?«, fragte der Major. Plötzlich spürte er, dass seine Augen zuzufallen drohten, denn er war todmüde. Der Adrenalinschwall der letzten paar Minuten ließ abrupt nach. Dann verspürte er plötzlich den Drang, sich zu übergeben, und hatte alle Mühe, an sich zu halten.
»Ich habe Anweisung von General Houseman, die Einheiten in diesem Gebäude abzulösen und dabei mitzuhelfen, sie zu evakuieren, Sir.«
»Nun, da gibt es nicht mehr viel abzulösen, und ich glaube, die Briten, Franzosen und Amerikaner hier sind alle recht froh, dass Sie gekommen sind«, sagte der Major und ließ sich plötzlich auf einen Haufen Bauschutt sinken. »Aber wir haben den Kontakt zu ihnen völlig verloren. Wir können denen nicht einmal sagen, dass der Weg aus dem Kessel jetzt frei ist.«
»Nun, formal gesehen ist er das nicht, Sir. Wir werden uns zur Front durchkämpfen müssen.«
»Ja, aber jetzt, wo die Hauptmacht der Posleen uns nicht mehr daran hindert, können wir das immerhin. Jedenfalls wenn wir hier verschwinden, ehe die einen Gegenangriff starten, und dazu kann es durchaus kommen. Die Avenue zum Westen ist frei, und bis wir draußen sind, gibt es noch drei weitere Gebäude und zwei Avenuen, die wir hinter uns bringen müssen.«
»Augenblick mal, ich muss da etwas erledigen.«
Der Kampfanzug stand unbeweglich vor ihm, aber irgendwie spürte der Major, dass dieser junge Lieutenant – er vermutete, dass er jung war – ebenso müde wie er war.
»Wir haben die Kreuzung gesichert, Major«, fuhr Mike nach einer kurzen Pause fort, »und stehen mit Ihren Einheiten dort in Verbindung. Ich schlage vor, dass wir dorthin vorrücken sollten, zumindest ich sollte das. Wir müssen diesen Planwagenzug wieder in Bewegung setzen, Sir.«
»Ja, verstehe.« Steuben sah sich um und entdeckte den Leopard, der ihm den Rückzug versperrt hatte. Der Kommandant und der Fahrer waren jetzt aus ihren Luken gestiegen und betrachteten die Berge toter Posleen. Der Panzerkommandant war ein Leutnant von der Dritten Brigade, den er kaum kannte, doch das war jetzt gleichgültig. Er stand auf, ging zu dem Leopard hinüber und fasste nach einem Handgriff. Einen Augenblick schwankte er, als ihm das Blut in den Kopf stieg, dann schaffte er es, den Fuß auf eine Sprosse zu setzen und schließlich beim zweiten Versuch, sich in die Höhe zu ziehen. Er atmete tief durch.
»Leutnant«, bellte er, »wir gehen jetzt in eine mobile Phase über. Ich brauche ein Transportmittel, und dieser Sektor muss gesichert werden, wir müssen uns um die Verwundeten kümmern und den Rückzug vorbereiten. Ich übernehme Ihren Panzer, und Sie übernehmen das Kommando über diesen Sektor.«
Der Leutnant wollte schon widersprechen, schluckte seinen Protest dann aber mannhaft hinunter, » jawohl, Herr Major. « Damit sprang er von dem Panzer, schnallte seinen Helm ab, reichte ihn dem Major und machte sich daran, die Überlebenden zu organisieren.
Major Steuben ließ sich dankbar auf den bequemen Sitz sinken, als die Panzerung des Leopard ihn schützend wie ein warmer Mutterleib umschloss. Er hatte bei der Panzertruppe gedient und erinnerte sich noch gern an seine Zeit als zuständiger Kommandant. Im Augenblick wünschte er sich sehnlich, wieder einer zu sein und damit nur für seinen Panzer und dafür verantwortlich zu sein, dass er überlebte. Aber nein, immer größere Verantwortung war in Wirklichkeit für ihn wie eine Droge, etwas, wonach man strebte, nicht etwas, vor dem man sich drückte. Er musste seiner Verantwortung in diesem Augenblick gerecht werden, wie so viele andere vor ihm in der Geschichte, als Deutscher und als ein Steuben. Kopf hoch, Schultern zurück und nachdenken.
»Fahrer, Kurs auf die Kreuzung. Beeilung. «
Als Mike an
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