Invasion - Die Verräter - Ringo, J: Invasion - Die Verräter
leidenden Menschen.
Ein Matrose beugte sich vor, um die Abfalltüte aufzuheben. Davis fauchte ihn an: »Lass das liegen. Ich erledige das selbst.«
Wenn schon Davis litt und man ihm das auch ansehen konnte, war seine Verzweiflung nichts im Vergleich zu der, die Sintarleen empfand. Von den achtundzwanzig männlichen Indowy, mit denen Daisy in Philadelphia abgelegt hatte, war er der einzige Überlebende. Es gab weibliche und Transferneutrale, die off-planet in Sklaverei waren, aber sie konnten sich nicht alleine vermehren. Mit Sintarleens Tod würde sein Clan sterben.
Der Indowy stand da, das Kinn auf die Brust gedrückt, und schluchzte leise, als die Tragbahren mit den zerfetzten Überresten seiner Clangenossen von unten heraufgetragen wurden.
»Der... letzte... Treffer... hat sie umgebracht«, sagte Sindbad, würgte schluchzend Wort für Wort heraus. »Die wenigen, die noch übrig geblieben waren … schleppten von Hand Munition … als Turm 53 getroffen wurde. Von denen … können wir … nicht einmal … die Überreste finden.«
»Und du bist der Letzte?«, fragte McNair.
»Ich bin der Letzte«, sagte der Indowy. »Mit mir endet die Geschichte von hunderttausend Jahren und mehr.«
McNair schüttelte voll Mitgefühl für das, was der Alien empfinden musste, den Kopf.
»Ich werde dafür sorgen, dass du entlassen wirst, Sindbad, als letzter überlebender Sohn … oder Vater … oder was auch immer.«
»Nein, McNair Captain … mein Clan wäre lieber … in Ehren gestorben … als mit Schande … zu überleben. Ich kann meinen Clan nicht entehren, indem ich … jetzt meinen Vertrag verletze.«
»Nun …«, antwortete McNair, »überleg es dir. Niemand in dieser Mannschaft wird schlecht von dir denken, wenn du gehst, um dich um deine …«, er suchte nach dem richtigen Wort und fand es, »… Familie zu kümmern.«
Der kleine Alien mit dem Gesicht einer Fledermaus gab sich sichtlich alle Mühe, sich zusammenzureißen, ehe er antwortete: »Danke, McNair Captain, ich werde, wie du sagst, ›es mir überlegen‹. Aber am Ende wird meine Antwort dieselbe sein. Ich könnte keine andere geben. Ich werde bei dem Schiff bleiben, obwohl es mich meinen Clan und meinen Verstand kostet.«
Später saß McNair in der Einsatzkabine (die Hafenkabine war zerstört und er fand es einfach nicht richtig, die Admiralskabine zu übernehmen, die sich neben der seinen befand) auf seiner schmalen Pritsche und ging die Liste der Schäden durch, die sein Schiff davongetragen hatte. Teilweise waren es kleine Schäden oder zumindest solche, die sich reparieren ließen. Die zerschossene ablative Panzerung ließ sich ohne Mühe ersetzen; bereits ehe die Kreuzer zum Auslaufen bereit gewesen waren, war ein zur Hälfte mit Ersatzplatten gefülltes Schiff nach Panama entsandt worden. Jetzt lagen diese Platten unter Bewachung im Rodman Munitionslager hinter Stacheldraht.
McNair ging in Gedanken die Liste durch und hakte die einzelnen Schäden ab: Radar und Lidar … kein Problem. Internes Kom … ein wenig schwieriger, aber wenn die Navy nicht helfen kann, findet Daisy wahrscheinlich auf dem Schwarzmarkt etwas. Sindbads »Verdrahtung« wird das vermutlich auch schaffen. Munition? In den Bunkern in Rodman und auf dem Versorgungsschiff noch reichlich vorhanden.
Am Ende blieben McNair drei Probleme, die ihm ernsthaft erschienen, ernsthaft in dem Sinne, dass er sich nicht sicher war, ob sie sich erledigen ließen: die verlorenen Geschütztürme, die Verluste in der Mannschaft und das allem Anschein nach verlorene Schwesterschiff, die USS Salem .
»Daisy?«, fragte McNair leise.
Das Schiff war natürlich nie weit von ihm entfernt. Daisy umgab den Captain sozusagen immer komplett , wenn er an Bord war. Dennoch zeigte sie – höflicherweise – ihren Avatar nur dann, wenn es geboten war. Jetzt erschien sie sofort.
»Ja, Captain?«
McNair musterte den Avatar einen Augenblick lang stumm. Auf einer Ebene, der Captainsebene, wusste er, dass der Avatar das Schiff war, die zerschrammten, in Rauch gehüllten neunzehntausend Tonnen Stahl der USS Des Moines . Auf der anderen Ebene, der Mann-Ebene, war Daisy Mae nichts dergleichen. Stattdessen war sie die weiche und süße Stimme, die üppigen Kurven – so immateriell sie auch waren – und die tapfere, standhafte und intelligente Frau .
McNair seufzte, er war verwirrt. Er wusste, dass sie beide real waren: das Schiff und die Frau, ebenso wie er zugleich der Captain und ein Mann war.
Aber
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