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Irgendwann Holt Es Dich Ein

Irgendwann Holt Es Dich Ein

Titel: Irgendwann Holt Es Dich Ein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Hill
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viele ehemalige Schülerinnen der Lady Jane an meiner Wand hängen? Ich habe irgendwann aufgehört, sie zu zählen. Annähernd einhundert, würde ich schätzen.«
    Neil fröstelte. »Wie lange geht das schon?«
    »Ach, seit Jahren. Aber in jüngster Zeit, mit dem Internet, wird es erheblich einfacher. Ich habe einen News-Alert, der mich jedes Mal informiert, wenn die Lady Jane Grey irgendwo erwähnt wird. Eine wunderbare Sache, das Internet. Aber ich vermute, das wissen Sie als Journalist.«
    »Wie machen Sie es?« Erst als er die Frage aussprach, wurde Neil klar, was er tat. Er stellte Atkins eine sachliche Frage, als interviewe er ihn zu seinem Hobby. Und genauso empfand Neil es auch. Er wusste gar nicht mehr, wie oft er traurige, unscheinbare kleine Männer zu ihren Obsessionen befragt hatte: Modelleisenbahn-Begeisterte, Leute, die Züge zählten oder Streichholzmodelle von großen Bauwerken fertigten. Sie alle wollten über ihre Leidenschaft reden. Manchmal hatten sie ihn über Stunden zugeschwallt, während er an Langeweile einging. Auch Atkins vibrierte förmlich vor Enthusiasmus. Neil entschied sich, seinem Instinkt zu vertrauen. Am besten ging er die ganze Situation wie ein Interview an, denn genau das war es, was Atkins wollte: Er wollte über alles reden. Neil hatte seinen Mini-Digitalrekorder in der Manteltasche. Er tastete nach dem Aufnahmeknopf, bereit, das Risiko einzugehen. Immerhin war er jetzt hier, in der Wohnung eines Wahnsinnigen. In noch größere Gefahr konnte er wohl kaum geraten. Also zog er den Digitalrekorder aus der Tasche und stellte ihn auf den Couchtisch. Dann setzte er sich auf das Sofa und klopfte auf das Polster neben sich. »Das ist faszinierend«, sagte er. »Kommen Sie, erzählen Sie mir mehr darüber, wie Sie es anstellen.«
    Seine Strategie ging auf, denn Atkins setzte sich neben ihn und begann zu erzählen. »Sie wären überrascht, wie leicht das zu bewerkstelligen ist. Ich weiß nicht, wie wir es am besten nennen. Wären wir noch in der Schule, würde man wohl von Klassenterror sprechen.« Er lächelte, als wäre er mächtig stolz auf sich. »Ich habe von den Besten gelernt, müssen Sie wissen. Mich lehrten die Mädchen der Lady Jane höchstpersönlich. Der Trick, müssen Sie wissen, besteht darin, die Schwächen zu erkennen.«
    »Und wie machen Sie das?« Neil war erstaunt, wie ruhig er blieb.
    »Nun ja, manchmal ist es einfach, manchmal dauert es etwas länger. Harriet Fox zum Beispiel war fast zu einfach, muss ich leider sagen. Serena Harcourt hingegen war recht interessant. Bei ihr war es ein wenig schwieriger. Mir fiel auf, dass sie ein winziges bisschen übergewichtig war. Und ich dachte mir, dass sie in diesem Punkt vielleicht etwas empfindlich ist, zumal ich mich entsann, dass sie früher etwas schlanker war. Also vermutete ich, dass sie wegen ihres Gewichts verunsichert ist, wie es so viele Frauen heutzutage sind. Und wie es schien, hatte ich richtig geraten. Das alles erfordert eine Menge Recherche, aber ich war stets gut im Forschen. Ich bin Historiker, müssen Sie wissen. Ihre Frau übrigens erwies sich als ziemlich schwierig. Bei ihr musste ich veritable Grundlagenforschung betreiben. Ich musste undercover gehen, wenn Sie so wollen.« Er lächelte, sodass sich seine Zahnlücke zeigte.
    Neil beobachtete das Gesicht des Mannes. Es war so vollkommen harmlos, so britisch freundlich. Und sein Tonfall war sanft, aber professionell. Man hätte glauben können, dass er über ein kleines Problem mit der Gleisbeschaffung für seine Modelleisenbahn sprach. Neil dachte an Serena und an das, was Kate erleben musste, als sie deren Leiche fand. Das machte ihn wütend. Am liebsten hätte er dem Mann in sein englisches Spießergesicht geschlagen. Die Nähe dieses vollkommen durchschnittlichen Mannes, dessen besessener Verstand sich ins Böse verkehrt hatte, verursachte ihm eine Gänsehaut.
    »Und wie viele haben Sie umgebracht?« Die Frage platzte aus ihm heraus. Neil hatte sie gar nicht stellen wollen, und er hätte schwören können, dass Atkins beleidigt aussah.
    »Ach, nicht viele«, sagte er. »Nur vier oder fünf, glaube ich. Aber das waren die Schwachen. Harriet Fox natürlich. Und Serena Lacey. Ein paar andere, deren Namen ich vergessen habe.«
    Es trat eine längere Pause ein. Neil sah Atkins an. Auf einmal hatte sich die Atmosphäre im Zimmer verändert. Neil musterte den älteren Mann. Dieser Mann hatte Hattie von einem Bahnsteig gestoßen. Er hatte Serena kaltblütig

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